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# taz.de -- Ein Jahr vor der Wahl in Bayern: Die zwei Schwerter der Ampel
> Bayerns Opposition will der Söder-Regierung mit zwei
> Untersuchungsausschüssen das Leben schwer machen. Im Fokus der Vorwürfe:
> der Ministerpräsident.
Bild: Teuer und zu spät fertig: Die S-Bahn-Stammstrecke München beschäftigt …
München taz | Eigentlich läuft es ja gerade ganz gut für den bayerischen
Ministerpräsidenten. Bestens gelaunt zieht Markus Söder dieser Tage durch
den Freistaat. Hier ein Selfie mit Fußballstar Thomas Müller, dem er den
Bayerischen Sportpreis verleiht, dort ein medienwirksamer Auftritt mit den
Astronauten Alexander Gerst und Matthias Maurer beim „Raumfahrtgipfel“ in
Oberpfaffenhofen.
Die Landfrauen werden von Söder höchstpersönlich ausgezeichnet, und dann
gibt es in der Residenz noch einen Festakt zu 75 Jahren Staatsregierung
(die zwar schon 77 Jahre alt ist, aber auf die etwas komplizierte Södersche
Zeitrechnung soll an dieser Stelle nicht eingegangen werden). Kurzum:
lauter schöne bunte Bilder.
Und es gibt keinerlei Hinweise darauf, dass es etwas anderes als ein
Heimspiel für den CSU-Chef werden könnte, wenn seine Partei am Freitag und
Samstag in Augsburg zum Parteitag zusammenkommt. Noch ist der Mann in der
CSU unangefochten. Auch die Umfragewerte sind zuletzt wieder passabel
gewesen. Beim jüngsten Bayern-Trend des Bayerischen Rundfunks kam die CSU
auf 37 Prozent, also etwa das – damals niedrige – Niveau der Landtagswahl
2018. Die Koalition mit den Freien Wählern könnte die CSU demnach
fortsetzen. Und Söders persönliche Werte [1][sind zwar zurückgegangen],
aber noch immer ist er gemeinsam mit Landtagspräsidentin Ilse Aigner bei
Weitem der beliebteste Politiker in Bayern.
Die Opposition freilich ist wenig angetan von ihrem Landesvater. Ein Jahr
ist es noch bis zur Landtagswahl – und in diesem, da lassen die
Oppositionsparteien Grüne, SPD und FDP keinen Zweifel, wollen sie Söder vor
sich hertreiben. Hierfür greifen sie nun zu dem Instrument, das so gern als
„schärfstes Schwert der Opposition“ tituliert wird, dem
Untersuchungsausschuss. Genau genommen sind es zwei Schwerter, die sich die
oppositionelle Ampel für das Duell ausgesucht hat: einen
Untersuchungsausschuss zur Münchner Stammstrecke und einen zum Nürnberger
Zukunftsmuseum.
## S-Bahn-Röhre soll nun das Doppelte kosten
Ein Fünftel der Landtagsstimmen sind für die Einsetzung eines
Untersuchungsausschusses notwendig, die Regierung kann sich dem Wunsch der
drei Parteien daher nicht entziehen. Noch vor Weihnachten sollen die beiden
Gremien ihre Arbeit aufnehmen. Es sind bereits die Untersuchungsausschüsse
Nummer drei und vier in der aktuellen Legislaturperiode.
Zwei andere beschäftigen sich bereits [2][mit der Maskenaffäre] und den
[3][NSU-Ermittlungen]. Bei den neuen Gremien, die aus CSU-Sicht nicht mehr
als billiges Wahlkampfspektakel darstellen, steht die Person Söder deutlich
stärker im Zentrum des Interesses.
Schon in wenigen Wochen sollen die Fragenkataloge der beiden Ausschüsse
vorliegen. In der Causa Stammstrecke geht es um Verzögerungen und eine
Kostenexplosion beim Bau der zweiten Stammstrecke der Münchner S-Bahn. Nun
ist, wer in München mit der S-Bahn fährt, Verspätungen gewohnt, in diesem
Fall allerdings ging es um ganze neun Jahre: Statt 2028 wird aktuell mit
einer Fertigstellung 2037 gerechnet.
Auch die Kostensteigerung bewegt sich nicht mehr in einem Rahmen, der für
laufende Bauprojekte durchaus üblich ist. Statt der ursprünglich
veranschlagten 3,85 Milliarden ist mittlerweile von 7,2 Milliarden Euro für
die S-Bahn-Röhre durch die Münchner Innenstadt die Rede.
## „Hier wurde vertuscht und verheimlicht“
Nun ist das Projekt kein reines Projekt des Freistaats. Das Land will sich
zwar mit 60 Prozent an den Kosten beteiligen, Bauherr ist aber zunächst die
Bahn. Söder und seine Regierung sollen jedoch schon 2020 von den Problemen
gewusst haben. „Die fehlerhaften oder sogar falschen Angaben zu den
fahrlässig versenkten Milliarden der Söder-Regierung müssen auf den Tisch“,
fordert etwa der Grünen-Abgeordnete Markus Büchler. „Hier wurde vertuscht
und verheimlicht.“
Beim Streitthema Zukunftsmuseum geht es um einen Mietvertrag für die
Räumlichkeiten des Museums, den der Oberste Rechnungshof (ORH)
zurückhaltend als „vermieterfreundlich“ bezeichnet hatte. Dass der
Vermieter, ein Nürnberger Immobilienunternehmer wiederum, freundlicherweise
der CSU großzügige Spenden zukommen ließ, macht die Sache zusätzlich
delikat.
Die Entscheidung für das Museum, eine Außenstelle des Deutschen Museums in
München, fiel noch unter Ministerpräsident Horst Seehofer, allerdings soll
der Nürnberger Markus Söder, damals Finanzminister, in der entscheidenden
Verhandlungsphase eingegriffen und den jetzigen Vertrag durchgesetzt haben.
Der Freistaat hat sich bis 2044 zur Kostenübernahme verpflichtet. Bis dahin
dürfen sich die Mietkosten auf über 200 Millionen Euro summiert haben. Ein
Betrag, bei dem ein Kauf der Immobilie nach Ansicht des ORH eine sinnvolle
Alternative hätte sein können. Außerdem habe man sich mit der frühzeitigen
Festlegung auf den Standort keinen Gefallen getan.
28 Oct 2022
## LINKS
[1] /Markus-Soeders-Kampf-um-Aufmerksamkeit/!5869036
[2] /CSU-Maskenaffaere/!5854464
[3] /NSU-Ausschuss-in-Bayern/!5887024
## AUTOREN
Dominik Baur
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