# taz.de -- Treffen der EU-Energieminister: Preisdeckel ohne Wumms | |
> Der gemeinsame Einkauf von günstigerem Gas stand im Vordergrund des | |
> EU-Gipfels. Trotz sinkender Preise zahlen Verbraucher weiterhin extrem | |
> viel. | |
Bild: Die bislang milden Temperaturen lassen die Gaspreise sinken | |
BRÜSSEL taz | Ein europäischer Gaspreisdeckel lässt weiter auf sich warten. | |
Bei einem Treffen am Dienstag in Luxemburg stellten die 27 | |
EU-Energieminister das umstrittene Thema, das schon den EU-Gipfel [1][am | |
vergangenen Freitag in Brüssel] beschäftigt hatte, zunächst noch einmal | |
zurück. Im Vordergrund stand der gemeinsame Einkauf von Gas zu günstigeren | |
Preisen. | |
Der deutsche Energieminister Robert Habeck (Grüne) sprach sich für einen | |
verpflichtenden gemeinsamen Gaseinkauf aus. Dies sei „der effizienteste | |
Weg“, um die Preise zu senken, sagte Habeck zu Beginn des Ministertreffens. | |
Europa habe „eine große Marktmacht“, betonte er. Einkaufsgemeinschaften | |
„bringen die Preise nach unten“. | |
Ein fixer Preisdeckel sei hingegen „nicht das richtige Instrument“, so | |
Habeck. Deswegen sollte zunächst lediglich an dynamischen Obergrenzen | |
gearbeitet werden, die spekulative Ausschläge an den Börsen verhindern | |
könnten. Für diesen Ansatz hatte sich beim Gipfeltreffen bereits | |
Bundeskanzler Olaf Scholz ausgesprochen. | |
Allerdings ist unklar, wie ein solcher „dynamischer“ Deckel funktionieren | |
soll. Bisher hat die EU noch nicht definiert, was sie mit spekulativen | |
Ausschlägen meint und ab wann der Gaspreis gedeckelt werden soll. Zudem hat | |
es die Politik derzeit nicht mehr eilig, da der Gaspreis an den Märkten | |
deutlich gesunken ist. | |
## Preis sinkt, Verbraucher zahlen weiter | |
An der niederländischen Gasbörse TTF war der Preis am Montag unter die | |
100-Euro-Marke pro Megawattstunde gesunken. Noch im August hatte er | |
zeitweise bei deutlich mehr als 300 Euro gelegen. Allerdings schlägt sich | |
der sinkende Marktpreis nicht sofort auf die Verbraucher nieder. Im | |
Gegenteil: Solange es keine verbindliche Obergrenze gibt, müssen Bürger und | |
Unternehmen weiter mit extrem hohen Energierechnungen leben. | |
Der sinkende Großhandelspreis sei „für die Verbraucher erst eine | |
mittelfristig gute Nachricht, weil die hohen Preise aus dem letzten Jahr im | |
nächsten Jahr noch anfallen werden“, räumte Habeck ein. Für die Märkte sei | |
dies allerdings dennoch ein starkes Zeichen. Man habe zuletzt einen | |
regelrechten Preissturz erlebt. | |
Unklar ist, wie lange dieser positive Effekt anhält. Im Dezember tritt das | |
bereits im Sommer beschlossene europäische Ölembargo gegen Russland in | |
Kraft, Anfang 2023 auch ein Importverbot für Diesel. Doch beim Diesel gehen | |
die Preise jetzt schon in die Höhe. Auch der Gaspreis kann schnell wieder | |
steigen, etwa wenn es zu einem ersten winterlichen Kälteeinbruch kommt. | |
Angesichts dieser Unsicherheit hatten sich viele EU-Staaten beim | |
Gipfeltreffen am vergangenen Freitag für einen verbindlichen Gaspreisdeckel | |
eingesetzt. Im Gespräch war auch das „Iberische Modell“, bei dem der | |
Gaspreis für die Stromerzeugung begrenzt wird, was zu einem niedrigeren | |
Strompreis beiträgt. Die EU-Kommission wurde beauftragt, eine Ausweitung | |
dieses Modells auf die gesamte EU zu prüfen. | |
In einem „Non-Paper“, das der taz vorliegt, erhebt die Brüsseler Behörde | |
jedoch Einwände gegen den Plan, der in Spanien und Portugal bereits | |
erfolgreich umgesetzt wird. Ein allzu rigider Preisdeckel könne dazu | |
führen, dass der Energieverbrauch steigt, statt wie gewünscht zu fallen, | |
heißt es in dem Papier. Effizient wäre dieses Modell zudem nur, wenn sich | |
Drittstaaten wie Großbritannien oder die Schweiz anschließen. Dies ist | |
jedoch unwahrscheinlich: Beide Länder gehören nicht der EU an und sind | |
nicht an EU-Beschlüsse gebunden. | |
Die Suche nach wirksamen Maßnahmen gegen die Energiekrise geht also weiter. | |
Während sich die Deutschen dank der Ampel auf den „Doppelwumms“ durch die | |
bis zu 200 Milliarden Euro teure nationale Gaspreisbremse freuen dürfen, | |
müssen die meisten EU-Länder weiter mit einem vagen europäischen Deckel | |
ohne Wumms auskommen. Daher rührt auch der allgemeine Unmut. [2][Denn das | |
deutsche Hilfsprogramm können sie sich schlicht nicht leisten]. | |
25 Oct 2022 | |
## LINKS | |
[1] /EU-Gipfel-am-Donnerstag-und-Freitag/!5889635 | |
[2] /Entlastungspaket-der-Bundesregierung/!5882339 | |
## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
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