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# taz.de -- Energiesparen an Universitäten: Einsparziel 10 bis 20 Prozent
> Für Berlins Studierende hat das Wintersemester begonnen. Wie geht das
> Leben in den Universitäten in Zeiten der Energiekrise weiter?
Bild: In der Universitäts-Bibliothek wird es künftig merklich kühler
Berlin taz | Oberste Devise der Berliner Wissenschaft ist es – anders als
zu Beginn der Corona-Pandemie –, die Einrichtungen nicht zu schließen,
sondern den „Präsenzbetrieb“ aufrechtzuerhalten. „Unsere Zielsetzung ist
es, dass die Hochschulen offen bleiben“, sagt Berlins
Wissenschaftssenatorin Ulrike Gote der taz. Erste Aufgabe sei es, den
Verbrauch an Energie zu drosseln.
[1][Die Senatsauflage von Anfang Oktober liegt bei zehn Prozent
Energieeinsparung]. „Wir werden aber mit Sicherheit noch darüber
hinausgehen“, ergänzt die Senatorin. So werde vonseiten des Bundes bei den
gemeinsam mit dem Land betriebenen außeruniversitären Forschungsinstituten
noch mehr erwartet, und bei einigen Hochschulen gingen die Planungen bis zu
20 Prozent weniger Verbrauch.
„Wir schauen aber immer auch ganz genau, wie ist die Ausgangssituation an
den einzelnen Hochschulen“, erklärt Gote das Verfahren. „Ich kann nicht
alle über einen Kamm scheren.“ Bei Hochschulen, die in der Vergangenheit
ihre Infrastruktur aktiv in Richtung Energiesparen umgebaut haben, sei „on
top“ nicht mehr viel möglich.
Andererseits könnten Gebäude, die wahre Energiefresser sind, nicht von
heute auf morgen auf „Entzug“ gesetzt werden. Dafür müsse man erst
sparsamere Geräte einbauen. „Aber in der Summe“, so Gote, „werden wir in
Berlin sicher bei einer Einsparung zwischen 10 und 20 Prozent landen“.
## Absenkung der Raumtemperatur auf 19 Grad
Bei der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW), Hauptsitz in
Oberschöneweide, arbeitet man seit Jahren stetig an der Senkung des
Energieverbrauchs bei den Hauptenergieträgern Strom und Fernwärme,
berichtet eine Sprecherin der Fachhochschule. Auf den Dächern der alten
Industriegebäude – Ende des 19. Jahrhunderts begann dort durch die AEG das
Stromzeitalter in Berlin – wurde in den letzten beiden Jahren massiv
Photovoltaik installiert. „Bei Fernwärme und Strom konnten wir so bereits
Einsparungen von 20 bis 30 Prozent erreichen“, meldet die HTW.
[2][Für den kommenden Winter werden die Bemühungen weiter verstärk]t.
„Wichtigster Hebel ist die Absenkung der Raumtemperatur auf maximal 19
Grad“, so die Sprecherin. Das Warmwasser, bisher mittels Boiler oder
Durchlauferhitzer produziert, wird außerhalb der Sporteinrichtungen und der
Mensa abgeschaltet.
Ebenso die Außenbeleuchtung. Zudem werden die Büroräume am Campus an
Samstagen nicht mehr geheizt. „Damit können wir nochmals 10 bis 15 Prozent
sparen.“ Die akademische Lehre hingegen solle durch diese Maßnahmen
„möglichst wenig eingeschränkt werden“.
## Arbeitsgruppe eingerichtet
Die Freie Universität Berlin (FU) hat zur Steuerung ihrer Sparmaßnahmen
eine „Arbeitsgruppe Energieeffizienz“ eingerichtet. Ihr gehören Teile des
Präsidiums, der Zentralen Universitätsverwaltung, der Stabsstelle
Nachhaltigkeit und Energie, der Gesamtpersonalrat und Verwaltungsleitungen
an.
Auch in der FU soll der Energieverbrauch um 10 Prozent sinken, wozu die
Raumtemperatur in Büros, Hörsälen, Seminarräumen, Bibliotheken,
Aufenthalts- und weiteren Arbeitsräumen ebenfalls auf 19 Grad gedrosselt
wird. Gemeinschaftsflächen wie Treppenhäuser, Flure und Lagerräume bleiben
in der Regel gänzlich unbeheizt.
Ausgenonmmen von der Temperatursenkung sind lediglich „besonders sensible
Bereiche“ wie Kindertagesstätten, so ein FU-Mitarbeiter zur taz. Ansonsten
wird es düster in der Dahlemer Wissenschaft. Die Gebäude werden nicht mehr
angestrahlt, auch auf Außenbeleuchtung wird verzichtet. In den Fluren wird
die Beleuchtung in allen Gebäuden reduziert.
Energiekrise heißt für die FU auch Energiewende. Die Uni legt zurzeit ein
Modernisierungsprogramm auf: Alte Gerätschaften können so durch energetisch
effizientere Modelle ersetzt werden. Die „zügige weitere Umstellung auf
energiesparende LED-Beleuchtungen wird angestrebt“, so Uni-Sprecher Carsten
Wette.
## Stundenweiser Shutdown
Sogar der Kommunikationstechnik wird Nachtruhe verordnet: Nach einem
Beschluss der Hochschulleitung werden nachts sowohl Telefone als auch
WLAN-Zugänge in einen „Deep Sleep“-Status versetzt. „Das spart Energie, …
aber zur Folge, dass aufgrund der Arbeitssicherheit einige Häuser zwischen
22 Uhr und 6 Uhr geschlossen werden, jeweils in Abstimmung mit den
Einrichtungen, die sie nutzen“, erklärt die FU. Also stundenweiser
„Shutdown“, wenn ohnehin nichts los ist.
Nicht nur die Gebäudetechnik wird heruntergefahren, auch ihre die
Nutzerinnen und Nutzer sollen sich krisenkonform verhalten. Dazu zählt
beispielsweise die bedarfsgerechte Nutzung von Laborgeräten und Lüftung,
das Absenken der Temperatur des eigenen Büros am Abend und am Wochenende
sowie der Energie sparende Gebrauch von Gemeinschaftsgeräten in den
Teeküchen und das Ausschalten von nicht erforderlichen Beleuchtungen –
heißt es in einem Aufruf der FU, der an die [3][Studierenden] und
Angestellten gerichtet ist.
Die Freie Universität erwartet einen erheblichen Anstieg der Energiekosten.
Wie hoch der ausfällt, hänge von einer Vielzahl von Faktoren ab, sagt
FU-Sprecher Wette Eine seriöse Schätzung sei deshalb nicht möglich. Die
neue Präsidentin der Berliner Humboldt-Universität, Julia von Blumenthal,
hatte für ihre Einrichtung erklärt, dass im kommenden Jahr mit einer
Verdoppelung oder gar Verdreifachung der Energieausgaben gerechnet werde.
Wissenschaftssenatorin Gote hatte Anfang Oktober den Berliner Hochschulen
einen dreistelligen in Aussicht gestellt.
Auch für das Helmholtz-Zentrum Berlin (HZB), das in Adlershof den
Elektronen-Speicherring Bessy II betreibt und für den ehemaligen
Forschungsreaktor des Hahn-Meitner-Instituts (HMI) zuständig ist, gilt die
19-Grad-Grenze in Innenräumen.
Die Forschungseinrichtung, die überwiegend vom Bundesforschungsministerium
betrieben wird, muss sich allerdings mehr anstrengen – denn für die
Bundesgebäude wird eine Sparmarke von 20 Prozent angepeilt. Daher werde, so
eine Sprecherin des HZB, auch der Betrieb von Bessy II im Hinblick auf eine
Optimierung des Stromverbrauchs geprüft.
## Umfangreiche Photovoltaik-Anlagen geplant
Geplant seien umfangreiche Photovoltaik-Anlagen für die Versorgung von Neu-
und Bestandsbauten. Als Kooperationsprojekt mit „Vattenfall Wärme Berlin“
soll am Standort Wannsee in Kürze ein Gebäudedach mit einer 350
Quadratmeter großen PV-Anlange für den Eigenverbrauch ausgestattet werden.
Mit diesen Schritten hofft das Helmholtz-Zentrum, seine Forschung in den
kommenden Monaten fortsetzen zu können. „Die Forschung an Bessy II ist die
Grundlage für eine sichere, nachhaltige Energieversorgung der Zukunft und
muss deshalb weitergehen“, erklärt HZB-Sprecherin Ina Helms. „Nach jetzigem
Planungsstand gehen wir davon aus, dass Bessy II auch im Winter 2022/23
ohne Unterbrechungen betrieben werden kann.“
Shutdown in der Berliner Wissenschaft war gestern – ein Zustand, den sich
niemand zurückwünscht. In diesem Winter sollen Lehre und Forschung vor Ort
weitergehen, auch wenn dafür das Händewaschen etwas kühler ausfällt.
23 Oct 2022
## LINKS
[1] /Bundesnetzagentur-mahnt-zum-Sparen/!5888148
[2] /Archiv-Suche/!5885638&s=Energiesparen&SuchRahmen=Print/
[3] /Studierende-in-der-Dauerkrise/!5885853
## AUTOREN
Manfred Ronzheimer
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