| # taz.de -- Wahlchaos in Berlin: Wahlwiederholung wahrscheinlich | |
| > Die Abgeordnetenhaus- und zu den Bezirksparlamentswahl müssen wiederholt | |
| > werden. Darauf deutet die Bewertung des Verfassungsgerichts hin. | |
| Bild: Zahlreiche Wählerinnen und Wähler warten im September 2021 darauf, ihre… | |
| Berlin taz | Berlin steht die Wiederholung der [1][Wahlen zum | |
| Abgeordnetenhaus und den Bezirksparlamenten] bevor. Darauf deutet die | |
| Einschätzung des Berliner Verfassungsgerichshofs hin, die dieser [2][zu | |
| Beginn einer Anhörung am Mittwoch] abgab. „Nur die vollständige | |
| Wiederholung der Wahlen kann deren Verfassungskonformität wieder | |
| herstellen“, erklärte Gerichtspräsidentin Ludgera Selting. Sie betonte | |
| zugleich, dass diese Entscheidung noch nicht endgültig sei, sondern „an der | |
| ein oder anderen Stelle“ verändert werden könne. Eine finale Entscheidung | |
| wird bis Ende des Jahres erwartet, die mögliche Wahlwiederholung müsste | |
| dann innerhalb von drei Monaten stattfinden. | |
| Eine Klatsche für die Senatsverwaltung für Inneres und die ihr | |
| unterstehenden Landeswahlleitung waren Seltings Aufzählungen allemal. | |
| Dezidiert rechnete Selting vor, dass [3][schon im Vorfeld der Wahlen | |
| schwerwiegende Fehler begangen] wurden: Die Anzahl der notwendigen | |
| Wahlkabinen sei falsch berechnet und oftmals seien zu wenige Wahlzettel zu | |
| spät verteilt worden. | |
| Die Folge: Lange Schlangen vor vielen Wahllokalen, die teilweise wegen | |
| fehlender Stimmzettel geschlossen werden mussten. Insgesamt seien die | |
| Wahllokale während der Abstimmungszeit 83 Stunden geschlossen gewesen, wie | |
| sich aus den Unterlagen der Wahllokalleiter ergeben habe. Doch das, so | |
| Selting, sei nur die „Spitze des Eisbergs“. Denn die Dokumentationen der | |
| Wahllokalsleiter seien wegen deren Überlastung unvollständig. Durch die | |
| Schließung sei die Öffentlichkeit der Wahl verletzt worden; schuld daran | |
| sei vor allem die Innenverwaltung. | |
| Auch dass nach 18 Uhr noch viele Wahllokale geöffnet waren, kritisierte das | |
| Gericht. Insgesamt, so dessen Rechnung, seien Wahllokale mehr als 350 | |
| Stunden nach 18 Uhr noch geöffnet gewesen. Die Schlussfolgerung: „Niemand | |
| wird herausfinden, wie viele Leute nicht gewählt haben und wie viele nach | |
| 18 Uhr nicht unbeeinflusst ihre Stimme abgegeben haben“, sagte Selting. | |
| ## Auch kleine Fehler haben Wirkung | |
| Im Vorfeld der Anhörung hatten viele Expert*innen und auch Abgeordnete | |
| der rot-grün-roten Koalition darauf hingewiesen, dass es zwar zahlreiche | |
| Fehler gegeben habe, dass [4][diese aber in den wenigsten Fällen auch | |
| mandatsrelevant gewesen] seien. Das heißt, sie hätten keine konkrete | |
| Auswirkungen auf die Sitzverteilung des Abgeordnetenhauses gehabt. | |
| Dieser Einschätzung erteilte das Verfassungsgericht eine klare Absage: | |
| Veränderungen der Sitzverteilung könnten bereits durch kleinste Fehler | |
| entstehen; Selting nannte eine „dreistellige Zahl“ für ausreichend. Zudem | |
| seien die Fehler flächenübergreifend in „mehr oder weniger großem Ausmaß�… | |
| in allen Wahlkreisen aufgetreten. Das Vertrauen der Bürger*innen in die | |
| Wahl würde dauerhaft beschädigt, wenn die Wahlen sowohl für das | |
| Abgeordnetenhaus wie auch für die zwölf Bezirksverordnetenversammlungen | |
| nicht wiederholt würden. | |
| Am 26. September 2021 standen in Berlin vier Abstimmungen an: Gewählt | |
| wurden Bundestag, Abgeordnetenhaus und die Bezirksparlamente, zudem wurde | |
| über den Enteignen-Volksentscheid abgestimmt. Parallel fand dazu der | |
| Berlin-Marathon mit zehntausenden Teilnehmer*innen und | |
| Zuschauer*innen statt, der weite Teile der Innenstadt blockierte. | |
| Außerdem galten umfassende Corona-Auflagen. | |
| Was die Gültigkeit der Bundestagswahl angeht, hat die Sitzung keine direkte | |
| Bedeutung; darüber entscheidet der Bundestag selbst. Bereits im Mai hatte | |
| allerdings der Bundeswahlleiter eine Wiederholung der Wahl in sechs der | |
| zwölf Berliner Wahlkreise gefordert. Eine Entscheidung wird in den nächsten | |
| Wochen erwartet. | |
| ## Politische Debatte hat begonnen | |
| In Berlin hat die politische Debatte indes längst begonnen: „Franziska | |
| Giffey ist mit dem heutigen Tage nur noch eine Regierende Bürgermeisterin | |
| auf Abruf“, erklärte Stefan Evers, Generalsekretär der Berliner CDU. | |
| Deutlicher hätte das Gericht nicht werden können. „Ich kann mir nicht | |
| vorstellen, dass die SPD Andreas Geisel nach diesem Tag nicht selbst zum | |
| Rücktritt auffordert.“ | |
| Torsten Akmann, Staatssekretär der Innenverwaltung, erklärte, es sei | |
| unstreitig, dass es zu Unregelmäßigkeiten gekommen sei am 26. September | |
| 2021. „Das hat dazu geführt, dass das Vertrauen der Berliner*innen in | |
| die Wahl zurecht beeinträchtig worden ist.“ Er könne jedoch ausschließen, | |
| dass sich solche Wahlfehler noch einmal wiederholen würden. Seiner Meinung | |
| nach habe sich das Gericht „fair und mit Nachdruck“ schwierigen | |
| juristischen Fragen angenommen. Darüber hinaus mochte er sich nicht weiter | |
| zu der Darstellung des Gerichts äußern, da diese noch nicht final sei. | |
| Sebastian Koch, der Geschäftsführer der Berliner Linkspartei, sprach von | |
| „bestürzenden Fehlern und Pannen“. Nun werde man das Ergebnis der | |
| Verhandlung abwarten, aber bereits „die entsprechenden Vorbereitungen für | |
| eine mögliche Wiederholungswahl treffen“. | |
| Für den weiteren Verlauf der Verhandlung war die Anhörung der ersten | |
| Beteiligten geplant. Die neun Richter*innen wollten sich zunächst nur | |
| mit vier von 35 eingereichten Einwänden befassen – jenen von der | |
| Landeswahlleitung, der Senatsinnenverwaltung sowie von AfD und Die Partei. | |
| Diese Verfahren seien geeignet, „alle relevanten Fragen im Zusammenhang mit | |
| dem Wahlgeschehen abzudecken“, hatte das Gericht im Vorfeld mitgeteilt. | |
| Wegen der vielen Beteiligten – dazu gehören neben den Antragstellern unter | |
| anderem die Landeswahlleitung, Abgeordnete sowie betroffene Bewerberinnen | |
| und Bewerber – wurde in einem Hörsaal der Freien Universität verhandelt. In | |
| diesem ist Platz für insgesamt 570 Menschen. | |
| 28 Sep 2022 | |
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| ## AUTOREN | |
| Bert Schulz | |
| Stefan Alberti | |
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