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# taz.de -- Raus in den herbstlichen Wald: Pilzblick lernen, Pilzwesen ernten
> Für Großstadtmenschen ist Pilzesammeln die perfekte
> Zurück-zur-Natur-Experience. Stimmen die Bedingungen, hat man am Ende
> einen Wäschekorb voller Maronenröhrlinge.
Bild: Pilze suchen und finden, wie diese Maronenröhrlinge, ist die perfekte Zu…
Vergangenes Wochenende waren wir in den Pilzen. Ich liebe diese
Formulierung, sie klingt so wunderschön märchenhaft, als würde man sich
selbst kleinermorphen, auf Daumengröße, und dann weise Pilzwesen besuchen.
Die leben [1][in einem Prinzessin-Mononoke-Zauberwald], versteckt zwischen
bemoosten Steinen und wilden Farnen in ihren kleinen Pilzhäusern. Wobei –
leben Pilzwesen in Pilzhäusern? Und wenn sie das tun, bestehen die
Pilzwesen dann aus Haus? Oder bestehen die Pilzhäuser aus … Fleisch??!!?
Huch. Nur ein schlechter Traum. Wir waren natürlich einfach im Wald, in
Brandenburg, so wie gefühlt sämtliche Berliner in meiner
Instagram-Timeline. Denn für uns Großstadtmenschen ist Pilzesammeln die
perfekte Zurück-zur-Natur-Herbst-Experience, verbunden mit dem tollen
Ich-versorge-mich-selber-Feel und [2][saisonal-regionaler Küche], ohne dass
man dafür vorher monatelang ein Gemüsebeet beackern muss.
Die Brandenburger gehen auch in die Pilze, aber ohne romantisches Trara.
Ich fände es übrigens gut, wenn Pilzesammeln auch zur offiziellen
Feiertagsaktivität des 3. Oktober ernannt wird. Schließlich können sich
alle darauf einigen, wir haben da noch nichts anderes und es ist ein wenig
wie Ostern, nur dass Mutter Natur die Pilze versteckt und nicht die andere
Mutter.
Apropos verstecken: Ich habe einige Zeit gebraucht, um einen Pilzblick zu
entwickeln. Es ist ein wenig wie diese 3D-Bilder aus den 1990ern, „Das
magische Auge“, [3][Sie erinnern sich]? Wo man ganz nah ran muss und so
schielen, und dann wieder zurück, und dann steigt aus einem trashigen
computergenerierten Endlos-Pattern auf einmal ein Delfin. Habe ich nie
hingekriegt. Pilze hingegen entdecke ich inzwischen gut im endlosen
grünbraunen Waldboden-Pattern aus Kiefernnadeln, Laub und Flechten. Und
jedes Mal denke ich: Häh, der stand doch gerade noch nicht hier? Denn wie
hätte ich den übersehen können?
Nun ist das mit den Pilzen so eine Sache, manchmal sind sie nämlich
wirklich nicht da. Damit sie erscheinen, muss es geregnet haben, dann
wieder etwas wärmer sein, das alles in der richtigen zeitlichen Abfolge und
Dosierung. Vergangenes Wochenende passte alles. Am Ende hatten wir
ungelogen einen Wäschekorb voller Maronenröhrlinge (ich finde immer nur
Maronen, dass es [4][wilde Steinpilze] geben soll, halte ich für eine
Erfindung der Waldindustrie), dafür mussten wir nicht mal weit gehen, die
Pilze waren einfach überall. Es war kein Suchen, [5][es war Ernten].
Unklarheit herrscht bei uns jedoch, wie man die Maronen gut zubereitet,
abgesehen von Zwiebeln (müssen) und Butter (muss auch, viel). Meine
Freundin schnippelt sie sehr klein und lässt sie dann zwanzig Minuten in
einer Pfanne schmoren. Ich schneide sie lieber in grobe Scheiben und brate
diese kurz scharf an. Aber am besten macht man einfach beides!
9 Oct 2022
## LINKS
[1] https://www.japantimes.co.jp/culture/2014/08/02/books/book-reviews/deeper-l…
[2] /Veganer-Sternekoch-Ricky-Saward/!5827251
[3] https://de.wikipedia.org/wiki/Das_Magische_Auge
[4] /Leckeres-vom-Steinpilz/!5882827
[5] /Neuer-kulinarischer-Trend/!5830402
## AUTOREN
Michael Brake
## TAGS
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Essen
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