# taz.de -- Anhörung zu Handelsabkommen: Bedenken zu Ceta bleiben | |
> Die Bundesregierung will das umstrittene EU-Abkommens mit Kanada | |
> endgültig ratifizieren. Aber was ist mit der demokratischen Beteiligung? | |
Bild: Die Bewegung ist ohnehin nicht überzeugt: Protest in Straßburg, 2017 | |
BERLIN taz | „Warum soll das Handelsabkommen zwischen EU und Kanada | |
überhaupt ratifiziert werden?“, war die meistgestellte Frage. Die Anhörung | |
zu Ceta fand am Mittwoch im Wirtschaftsausschuss des Bundestags statt. Die | |
Bundesregierung will die Ratifizierung des umstrittenen Vertrags | |
vorantreiben. | |
Tatsächlich ist Ceta bereits [1][seit 2017 größtenteils in Kraft], die | |
meisten Zölle wurden abgeschafft. Es fehlt lediglich das | |
Investitionsschutzkapitel, das unter anderem noch von Deutschland | |
ratifiziert werden muss. Die Ampelkoalition hat bereits [2][angekündigt], | |
das tun zu wollen. | |
Klare Argumente für die Ratifizierung gab es von den geladenen | |
Sachverständigen nicht. „Um den Unternehmen Sicherheit zu geben“, sagten | |
etwa Matthias Krämer vom Bundesverband der Deutschen Industrie oder Gabriel | |
Felbermayr vom Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung. | |
Maik Außendorf, der für die Grünen im Ausschuss sitzt, nannte der taz | |
pragmatische Gründe: „Eine Streichung des Investitionskapitels wäre uns | |
auch am liebsten, aber das ist eine komplette Neuverhandlung und da würden | |
wir mit unseren Koalitionspartnern nicht auf einen Nenner kommen und auch | |
nicht mit unseren europäischen Partnern.“ | |
Aus Sicht der Linken spricht nichts dagegen, den Status quo beizubehalten. | |
Der bereits in Kraft getretene Teil könne weiter genutzt und der | |
Investitionsteil abgetrennt werden, sagt der Linken-Abgeordnete Pascal | |
Meiser. Weder in Kanada noch in Deutschland gebe es ein Problem mit der | |
Rechtsstaatlichkeit. | |
Größter Kritikpunkt am Investitionsschutzkapitel ist die darin enthaltene | |
Einrichtung eines separaten Schiedsgerichts. Vor diesem sollen Unternehmen | |
Staaten verklagen können – wenn etwa politische Maßnahmen ihre | |
Gewinnaussichten einschränken, weil damit der Schutz ihrer Investitionen | |
nicht gewährleistet sei. | |
Kritiker:innen warnen insbesondere vor [3][drohenden Klagen] gegen | |
Staaten, die Maßnahmen zum Umweltschutz oder progressive Arbeitsstandards | |
voranbringen wollen. Laufende Klagen, die sich auf ähnliche Kapitel in | |
anderen Abkommen beziehen, zeigen, dass die Befürchtung nicht aus der Luft | |
gegriffen ist. | |
Um kritische Stimmen zu besänftigen, wurde eine Interpretationserklärung | |
angehängt, die solche Fälle ausschließen soll. Doch auch der von den Grünen | |
geladene Jurist Markus Krajewski konnte nicht alle Bedenken ausräumen. | |
„Eine Interpretationserklärung kann einen bestehenden Vertragstext nicht | |
weginterpretieren“, sagte Krajewski. Besser wäre es, die „indirekten | |
Enteignungen“ als Basis für Klagerechte komplett zu streichen. Der Jurist | |
riet den Abgeordneten deshalb, besonders aufmerksam bei der Wahl der | |
Richter:innen für das Schiedsgericht zu sein. | |
Das schließt an den zweiten Kritikpunkt an: die parlamentarische | |
Beteiligung und Kontrolle. Sie betrifft nicht nur die Ausgestaltung des | |
Schiedsgerichts, sondern auch regulatorische Ausschüsse, die den | |
Vertragstext weiterentwickeln können. Außendorf sieht darin Chancen, in | |
Sachen „Nachhaltigkeit und Klimaschutz“ Verbesserungen zu erarbeiten. | |
Meiser hält dagegen: „Es spricht nichts kategorisch dagegen, diesen | |
Vertragstext weiterzuentwickeln, aber wir brauchen eine verbindliche | |
Rückkopplung auch in den Deutschen Bundestag.“ Sonst läge die Ausarbeitung | |
nur bei den Regierungen der 27 Mitgliedstaaten. | |
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) scheint demokratische Beteiligung eher | |
hinderlich zu finden. Auf dem Maschinenbaugipfel in Berlin sagte er, er | |
wolle das Zustimmungsverfahren zu EU-Freihandelsverträgen vereinfachen. Man | |
müsse fragen, ob eine nationale oder sogar regionale Zustimmung wirklich | |
sinnvoll sei. | |
12 Oct 2022 | |
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## AUTOREN | |
Leila van Rinsum | |
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