# taz.de -- EU-Freihandelsabkommen mit Kanada: Unnötig hastig | |
> Der Bundestag ratifiziert in erster Lesung das Handelsabkommen Ceta. Der | |
> Vertrag bleibt aber umstritten, auch weil er Konzernen Privilegien | |
> einräumt. | |
Bild: Unerhört: Protest gegen das CETA Abkommen im Hamburg | |
Warum die Eile? Sechs Jahre ist wenig vorangegangen beim bislang nur | |
vorläufig gültigen Freihandelsabkommen der EU mit Kanada. Nun wurde die | |
[1][Ratifizierung] in erster Lesung durch den Bundestag gejagt, Die | |
Verbände hatten gerade einen Tag Zeit, sich dazu zu äußern. Der Eindruck | |
bleibt, dass der Ceta-Galopp allein einem Zweck dient: Der Bundeskanzler | |
soll bei seinem für August geplanten Kanada-Besuch nicht mit leeren Händen | |
dastehen. | |
Olaf Scholz – war das nicht der einzige Spitzenpolitiker weltweit, der | |
nicht für hübsche Fototermine um den Globus jettet? Dabei ist das Urteil | |
vieler NGOs und ExpertInnen einhellig: Das Unverständnis über die | |
novellierten Ceta-Regeln ist harsch. Für viele in der Nähe von Grünen, SPD | |
und Linken ist der Handelsdeal nach Rüstungsmilliarden, Gas- und | |
Kohlerenaissance, Spritpreisrabatt und Taxonomie eine erneute Zumutung. Ist | |
das nötig? | |
Nein. Das [2][Wutpotenzial] und der Verdacht, für ein paar Euro mehr in der | |
Handelsbilanz die Werte der Demokratie zu verkaufen, sind groß. Nicht | |
umsonst sind 2015/16 Hunderttausende gegen Ceta und TTIP, das längst | |
beerdigte Schwesterabkommen mit den USA, auf die Straße gegangen. Für das | |
Anti-Ceta-Lager ist vor allem der noch im Abkommen vorhandene | |
Investitionsschutz ein Unding. Mit ihm können Konzerne Staaten verklagen, | |
wenn ihnen infolge [3][von Gesetzen zum Beispiel für den Klimaschutz | |
Profite verloren gehen]. | |
Dass die Ampel Ceta nun um „Interpretationserklärungen“ ergänzen will, die | |
den Investitionsschutz entschärfen, reicht vielen KritikerInnen nicht aus. | |
Sie fragen sich völlig zu Recht, was die Paralleljustiz für Firmen und | |
Investoren soll, obwohl in Kanada und der EU doch eindeutig | |
rechtsstaatliche Prinzipien herrschen. Da droht noch viel Krach. Dabei ist | |
die Neuaufstellung der Handelspolitik des einstigen Exportweltmeisters | |
Deutschland und der EU zwingend nötig. | |
Spätestens seit der [4][Coronapandemie] wissen wir, dass die weltweiten | |
Lieferketten im Zweifel zu leeren Regalen führt. Der Ukrainekrieg zeigt | |
jetzt, dass Handel mit Despoten zu Inflation und Krise führt. Immerhin ist | |
die Koalition auf dem richtigen Weg, wenn sie künftige Abkommen mit | |
Neuseeland oder dem südamerikanischen Staatenbund Mercosur mit sozialen und | |
ökologischen Leitplanken versieht. | |
Auch Brüssel, wo Europas Handelspolitik eigentlich gemacht wird, hat | |
verstanden – und zieht beim Mercosur-Pakt ganz ähnlich wie bei Ceta jetzt | |
Zusatzerklärungen ein, die den Klimaschutz sichern und Abholzung am | |
Amazonas stoppen sollen. Die Globalisierung krempelt sich gerade um – nicht | |
zum Vorteil der Europäer. Das heißt: Diversifizierung der Handelswege – und | |
ihre Ausrichtung auf demokratische Spielregeln. | |
8 Jul 2022 | |
## LINKS | |
[1] /EU-Handelsabkommen-Ceta-mit-Kanada/!5865279 | |
[2] /Urteil-zu-Freihandelsabkommen-Ceta/!5838337 | |
[3] /Europaeisches-Energiecharta-Abkommen/!5781082 | |
[4] /Folgen-des-Corona-Virus/!5664447 | |
## AUTOREN | |
Kai Schöneberg | |
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