# taz.de -- Ceta-Klagen abgelehnt: Ceta-Gegner scheitern in Karlsruhe | |
> Das Bundesverfassungsgericht hat eine Klage zur vorläufigen Anwendung des | |
> Freihandelsabkommens abgelehnt. Sie war die größte aller Zeiten. | |
Bild: Der Protest gegen Freihandelsabkommen wie CETA brachte 2015 mehr als 250.… | |
Leipzig taz | Das Bundesverfassungsgericht hat Klagen gegen das | |
Ceta-Handelsabkommen der EU mit Kanada abgelehnt. Die vorläufige Anwendung | |
des Vertrags seit 2017 verletze keine Grundrechte. Damit wurden vier | |
Verfassungsklagen mit insgesamt rund 200.000 Unterstützer:innen und | |
eine Organklage abgelehnt. | |
Durch das Ceta-Abkommen soll der Handel zwischen der EU und Kanada | |
intensiviert werden. Über 90 Prozent der Zölle werden beseitigt. Investoren | |
können für direkte und indirekte Enteignung bei einem Ceta-Gericht auf | |
Entschädigung klagen. | |
Doch i[1][m Oktober 2015 demonstrierten in Berlin rund 250.000 Menschen | |
gegen Ceta]. Kritisiert wurde vor allem der [2][geplante Investorenschutz], | |
der strenge Umwelt- und Sozialstandards hemme. Auch die jetzt entschiedenen | |
Verfassungsbeschwerden richteten sich vor allem gegen den Investorenschutz. | |
Zum einen ging es um die Verfassungsbeschwerde der NGOs Foodwatch, Campact | |
und Mehr Demokratie, die von über 125.000 Bürger:innen unterstützt | |
wurde. Es war und ist die größte Verfassungsklage der bisherigen deutschen | |
Geschichte. Eine weitere Klage der Aktivistin Marianne Grimmenstein fand | |
68.000 Unterstützer:innen. Außerdem klagten 62 Abgeordnete der Linken sowie | |
der Ex-ÖDP-Vorsitzende Klaus Buchner. | |
## Für den Bundestag ist die Entscheidung wenig hilfreich | |
Das Bundesverfassungsgericht erklärte die Klagen der Kritiker:innen nun | |
jedoch für unzulässig, soweit sie sich gegen das gesamte Abkommen | |
richteten. Gegen die Unterzeichnung des Vertrags durch die Bundesregierung | |
könne nicht geklagt werden, weil dies noch keine Rechtswirkung hatte. Gegen | |
den endgültigen Abschluss des Vertrags sind Klagen derzeit unzulässig, weil | |
noch nicht alle Ratifizierungen vorliegen. Bisher haben erst 15 EU-Staaten | |
und Großbritannien Ceta ratifiziert. Es fehlen noch die Ratifikationen von | |
12 EU-Staaten, Kanadas und der EU. Auch der Deutsche Bundestag hat noch | |
nicht ratifiziert. | |
Seit September 2017 wird das Ceta-Abkommen jedoch zu großen Teilen | |
vorläufig angewendet. Nur gegen die deutsche Zustimmung zu dieser | |
vorläufigen Anwendung konnte zulässig geklagt werden. Und da der | |
Investorenschutz durch das Ceta-Gericht nicht vorläufig angewandt wird, | |
konnte das Bundesverfassungsgericht auch nichts zu dessen Rechtmäßigkeit | |
sagen. | |
Soweit Ceta bereits angewandt wird, etwa bei den Zollsenkungen, hat die | |
deutsche Zustimmung keine Souveränitätsrechte Deutschlands und damit auch | |
keine Wählerrechte verletzt, entschied das Verfassungsgericht. | |
Das Bundesverfassungsgericht bestätigte also [3][seine Linie vom Oktober | |
2016]. Damals hatte das Gericht eine einstweilige Anordnung gegen Ceta | |
abgelehnt, aber mehrere Auflagen erteilt. Die Umsetzung dieser | |
souveränitätsschonenden Auflagen führte nun zur Ablehnung der Klagen. | |
Für den Bundestag ist die Karlsruher Entscheidung nun aber wenig hilfreich. | |
Eigentlich hatte man sich vor allem Orientierung zum umstrittenen | |
Investorenschutz erhofft. So heißt es im Koalitionsvertrag der | |
Ampelkoalition: Die Entscheidung über die Ratifizierung des Ceta-Abkommens | |
„treffen wir nach Abschluss der Prüfung durch das | |
Bundesverfassungsgericht“. | |
Was aber weithin übersehen wird: Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat | |
[4][schon 2019 in einem rechtsverbindlichen Gutachten] festgestellt, dass | |
Konzerne vor dem Ceta-Gericht nur Erfolg haben können, wenn sie Opfer von | |
„Rechtsverweigerung“, „offenkundiger Willkür“ oder ähnlich schwerer | |
Diskriminierung wurden. Die Enttäuschung von Gewinnerwartungen durch | |
Umwelt- und Sozialgesetze genüge jedenfalls nicht. Die Sorgen der | |
Ceta-Kritiker seien also unbegründet. | |
Die Linke forderte den Bundestag dennoch auf, das „Konzernschutzabkommen“ | |
Ceta nicht zu ratifizieren. CDU/CSU und FDP verlangten dagegen eine | |
möglichst schnelle Ratifizierung. Und die Grünen erklärten, dass sie Ceta | |
politisch immer noch ablehnen, nun aber mit den Koalitionspartnern der | |
Ampel verhandeln werden. | |
Eine erste Stoßrichtung der Regierungskoalition kann sich am Freitag | |
zeigen. Dann debattiert der Bundestag auf Antrag der CDU/CSU über den | |
weiteren Umgang mit Ceta. | |
15 Mar 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Demonstration-in-Berlin-am-Samstag/!5240719 | |
[2] /Foodwatch-leakt-Dokument/!5238117 | |
[3] /Kommentar-Ceta-Urteil/!5348646 | |
[4] /Gutachten-zum-Investitionsschutz/!5591938 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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