# taz.de -- Europäisch-kanadischer Handelspakt Ceta: Einfach nicht ratifizieren | |
> Die Ablehnung der Ceta-Verfassungsklagen demoralisiert Aktivist:innen | |
> nicht. Sie fordern, dass die Regierung kein Ratifizierungsgesetz vorlegt. | |
Bild: Protest gegen Ceta und TTIP im Jahr 2016 in Berlin | |
Berlin taz | Die Gegner:innen des europäisch-kanadischen | |
Freihandelsabkommens Ceta geben sich nach [1][der Abweisung der | |
Verfassungsklagen gegen den Wirtschaftspakt] nicht geschlagen. Sie wollen | |
erreichen, dass Deutschland das Abkommen nicht ratifiziert und die | |
umstrittenen Klageprivilegien für Konzerne so nicht zum Zug kommen. | |
Am Dienstag hat das Bundesverfassungsgericht Klagen gegen die vorläufige | |
Anwendung von Ceta abgewiesen, sich aber nicht zum kompletten Abkommen | |
geäußert. „Die Entscheidung ist kein verfassungsrechtlicher Freibrief für | |
die Ratifizierung von Ceta“, betont nun Ernst-Christoph Stolper vom | |
Umweltverband BUND. Der frühere grüne Wirtschaftsstaatssekretär in | |
Rheinland-Pfalz fürchtet allerdings, dass die Befürworter:innen des | |
Abkommens jetzt genau das behaupten – und auf eine schnelle Annahme | |
drängen. Das müsse verhindert werden, sagt er. | |
Gegen Ceta und den Schwesterpakt TTIP mit den USA hatten [2][2015 und 2016 | |
Hunderttausende Menschen protestiert.] Die Gegner:innen fürchten, dass | |
die Abkommen multinationalen Konzernen Rechte einräumen, mit denen etwa der | |
Verbraucherschutz oder Parlamentsentscheidungen ausgehebelt werden können. | |
Die Verhandlungen zu TTIP waren kurz vor dem Amtsantritt des vorigen | |
US-Präsidenten Donald Trump gescheitert. | |
Ceta trat 2017 teilweise in Kraft. Die EU hatte den Pakt wegen des | |
Widerstands in vielen Mitgliedstaaten aufgeteilt: Der erste Teil, bei dem | |
es vor allem um den Wegfall von Zöllen geht, ist vorläufig in Kraft | |
getreten. Der zweite umfasst unter anderem die umstrittenen | |
Investorenschutzklagen. Sie geben Unternehmen das Recht, Staaten nach | |
unliebsamen politischen Entscheidungen – etwa zum Klimaschutz – auf | |
entgangene Gewinne zu verklagen. | |
## Handel ist gewachsen | |
Durch Ceta ist der bilaterale Handel zwischen der EU und Kanada stark | |
gewachsen. Nach Angaben der EU-Kommission lag sein Volumen 2021 bei 61 | |
Milliarden Euro, das waren 31 Prozent mehr als 2016, dem Jahr vor dem | |
vorläufigen Inkrafttreten. Der zweite Teil des Abkommens tritt erst in | |
Kraft, wenn alle EU-Staaten den Pakt ratifiziert haben. Deutschland und elf | |
weitere Staaten haben das noch nicht getan. Im Koalitionsvertrag haben die | |
Ampelparteien vereinbart, zunächst die Entscheidung des | |
Bundesverfassungsgerichts abzuwarten. Die [3][FDP ist für Ceta, die SPD | |
mehrheitlich ebenfalls]. „Wir Grünen haben Ceta bislang vor allem aus | |
politischen Gründen abgelehnt – daran hat sich nichts geändert“, sagt die | |
grüne Vize-Fraktionschefin Lisa Paus. Ihre Partei will das Urteil des | |
Verfassungsgerichts prüfen und danach gemeinsam mit SPD und FDP | |
entscheiden, wie es weitergeht. | |
Dass die Regierung auf eine Ratifizierung verzichtet, ist nicht völlig | |
abwegig. Den Ceta-Gegner:innen macht Hoffnung, dass sich die Parteien im | |
Koalitionsvertrag gegen weitgehende Klagerechte für Unternehmen | |
ausgesprochen haben, wie sie im Ceta-Abkommen vorgesehen sind. „Wir setzen | |
uns für Investitionsabkommen ein, die den Investitionsschutz für | |
Unternehmen im Ausland auf direkte Enteignungen und Diskriminierungen | |
konzentrieren, und wollen die missbräuchliche Anwendung des Instruments – | |
auch bei den noch ausstehenden Abkommen – verhindern“, heißt es im | |
Koalitionsvertrag. | |
## Klage gegen Ratifizierungsgesetz | |
Die Aktivist:innen sind durch das Karlsruher Urteil keineswegs | |
demoralisiert. „Wir sind entschlossen, weiter gegen Ceta zu kämpfen“, sagt | |
Ludwig Essig vom Umweltinstitut München. Er ist Koordinator des „Netzwerks | |
gerechter Welthandel“, das aus dem Bündnis gegen TTIP und Ceta | |
hervorgegangen ist. Die Aktivist:innen planen eine große | |
Online-Veranstaltung, um zu beraten, wie es jetzt weitergeht. „Wir arbeiten | |
darauf hin, dass von der Regierung kein Ratifizierungsgesetz eingebracht | |
wird“, sagt Essig. Rechtlich ist eine Nichtratifizierung unproblematisch. | |
Dann würde der vorläufig in Kraft getretene Teil des Abkommens weiter | |
gelten, die Klagerechte für Unternehmen aber nicht kommen. | |
Sollte die Ampel-Regierung einen Ratifizierungsentwurf vorlegen, werden die | |
Ceta-Kritiker:innen wohl wieder vor Gericht ziehen. „Eine erneute | |
Verfassungsbeschwerde ist auf jeden Fall eine Option“, sagt Rauna Bindewald | |
von Foodwatch. | |
16 Mar 2022 | |
## LINKS | |
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## AUTOREN | |
Anja Krüger | |
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