# taz.de -- Aufarbeitung nach Skandal: Der NDR macht alles richtig | |
> Nach Medienberichten über einen politischen Filter und ein mieses | |
> Arbeitsklima im Kieler Funkhaus nimmt sich der Sender des Problems | |
> vorbildlich an. | |
Bild: Im Landesfunkhaus in Kiel soll ein Klimawandel eingeleitet werden | |
Der NDR macht alles richtig. Ja, genau, einer dieser als fett und faul | |
geltenden öffentlich rechtlichen Sender, bringt fertig, wovon | |
Mitarbeiter:innen anderer Medien nicht einmal träumen: [1][Er stellt | |
sich Vorwürfen], arbeitet Versäumnisse gründlich und transparent auf und | |
versetzt die Richtigen. | |
Nicht von Anfang an. Als [2][Springers Onlinemagazin Business Insider Ende | |
August das erste Mal berichten] wollte, dass leitende Redakteur:innen | |
im Landesfunkhaus Schleswig-Holstein der Berichterstattung einen | |
„politischen Filter“ zugunsten der Regierung auferlegen, wiegelte die | |
Pressestelle des NDR ab. Der Konflikt zwischen einem Autor und der | |
Redaktionsleitung über ein nicht geführtes Interview sei beigelegt. Dabei | |
hatte ein geleakter interner Bericht nahegelegt, dass etwas im Argen liegen | |
musste in der Politikredaktion in Kiel. | |
Was, können alle, die es wissen wollen, [3][auf der Website des Senders | |
nachlesen.] Dort steht seit Dienstag ein weiterer Bericht, von zwei | |
NDR-Redakteuren angefertigt, die seit dem 6. September mit 66 | |
Mitarbeiter:innen über bestimmte Vorfälle und das Betriebsklima | |
gesprochen hatten. Die beiden Prüfer entlasten ihre Kolleg:innen zwar | |
wenig überraschend vom Vorwurf einer zu CDU-nahen Berichterstattung. Das | |
soll aber ohnehin die [4][Unternehmensberatung Deloitte im Auftrag des | |
Landesrundfunkrats] untersuchen. | |
Aber in anderen entscheidenden Punkten sind sie schonungslos. Das betrifft | |
vor allem die Leiterin der Politikredaktion, Julia Stein, und ihren | |
Vorgesetzten, den Leiter der Fernsehsparte, Norbert Lorentzen. Im Bericht | |
steht, wie sie im Alleingang entschieden, was gesendet wurde und oft genug | |
auch wie. Das Vertrauensverhältnis der Redaktion zu Julia Stein wird als | |
gestört beschrieben, Norbert Lorentzen als jemand, vor dessen schneidender | |
Kritik Mitarbeiter:innen Angst haben. | |
Beide müssen jetzt ihren Posten räumen, das hatte Landesfunkhaus-Direktor | |
Volker Thormählen am Mittwoch mitgeteilt und eingeräumt, er hätte früher | |
aktiv werden müssen. Er selbst bleibt allerdings. Dafür soll ein Team unter | |
Leitung des Theologen und Managers Stephan Reimers einen Kulturwandel im | |
gesamten Sender einleiten. | |
Wenn das gelingt, ist der NDR weiter als andere Redaktionen, in denen es | |
genau solche hierarchischen Strukturen, ein nicht wertschätzendes | |
Arbeitsklima und Abhängigkeitsverhältnisse freier Mitarbeiter:innen | |
gibt. Und nicht nur in Kiel und bei öffentlich-rechtlichen Sendern arbeiten | |
Journalist:innen, deren Ego davon abhängt, mit möglichst vielen | |
einflussreichen Politiker:innen per Du zu sein. | |
Auch wenn die Messlatte für öffentlich-rechtliche gebührenfinanzierte | |
Sender besonders hoch liegt: Das heißt nicht, dass sich privatrechtliche | |
Medienunternehmen darunter wegducken dürfen. Eine Fehlerkultur, wie sie | |
jetzt der NDR in Kiel betreibt, stünde allen gut zu Gesicht. Der | |
hausinterne Bericht zeigt auch Fehler in der Berichterstattung über den | |
NDR-„Skandal“ auf. Am Ende bleibt die Frage, ob es bei einigen Medien einen | |
politischen Filter gegen die Öffentlich-Rechtlichen gibt. | |
30 Sep 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Skandal-ums-Kieler-Landesfunkhaus/!5875220 | |
[2] https://www.businessinsider.de/wirtschaft/politischer-filter-klima-der-angs… | |
[3] https://www.ndr.de/der_ndr/unternehmen/pruefbericht104.pdf | |
[4] /Aufklaerung-der-Missstaende-beim-NDR/!5879582 | |
## AUTOREN | |
Eiken Bruhn | |
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