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# taz.de -- Bericht zum Betriebsklima erschienen: Der NDR ist ein Bürokratiemo…
> Starre Strukturen und Angst vor Veränderung: Ein Bericht hält dem
> Landesfunkhaus Kiel den Spiegel vor. Besonders für Freie ist die Lage
> schwierig.
Bild: Hier herrscht eine „fast aggressive Bewahrungskultur“: NDR-Landesfunk…
Rendsburg taz | Ein Skandal hat im vergangenen Sommer den NDR in
Schleswig-Holstein erschüttert: [1][Von einem „Klima der Angst“ und
politisch gefilterter Einflussnahme auf das Programm war die Rede]. In der
Folge gingen führende Angestellte in unbezahlten Urlaub oder wurden von
ihren Aufgaben entbunden. Die NDR-Führung versprach eine Aufarbeitung.
[2][Nun liegt ein Bericht vor, in den die Stimmen und Meinungen von rund
1.000 freien wie festen Beschäftigten eingeflossen sind].
Nein, ein „Klima der Angst“ habe er nicht feststellen können, sagt Stephan
Reimers, [3][der vom NDR beauftragte Autor des Berichts]. Aber es gebe
„Menschen mit Angst und Sorgen“, sagt der ehemalige Bevollmächtigte der
Evangelischen Kirche bei der Bundesrepublik, der in den 1990er Jahren
Mitglied im NDR-Rundfunkrat war.
Gründe für die Unsicherheit im Haus sind laut dem Bericht die
Transformation vom Radio- und TV-Sender zu einem crossmedialen Haus,
Führungskräfte, die an ihren Aufgaben scheitern und intransparente
Entscheidungen. Knapp gesagt: Der NDR-Fisch stinkt vom Kopf her.
Besonders für Freie sei die Lage schwierig: Viele berichten von einer
„Zwei-Klassen-Gesellschaft“, dabei sind die Nicht-Angestellten in den für
das Programm relevanten Bereichen sogar in der Mehrheit. Auf 1.048 feste
kommen 1.256 freie Mitarbeiter*innen, heißt es im Bericht. Die Freien
verdienen durchaus gut – vor allem gemessen an journalistischen Honoraren
im Print- oder Online-Bereich – aber über ihren Köpfen schwebt das
„Damoklesschwert“ der Befristung.
## Nach 15 Jahren arbeitslos
Denn um zu verhindern, dass sich langjährige Freie auf eine feste Stelle
einklagen, müssen selbst beliebte und bewährte Kräfte irgendwann raus.
„Nach 15 Jahren werden die Freien rausgekickt. Wir lassen die Leute in die
Beschäftigungslosigkeit laufen. Das ist menschlich so schlecht“, sagt ein
Angestellter. Wer die 15-Jahres-Grenze erreicht, bekommt zu hören: „Sorry,
dein Vertrag ist toxisch.“ Dabei sei die Angst des NDR vor Klagen absurd,
betont ein Freier. Die meisten seien sehr zufrieden mit dem Status.
Denn das ist die Kehrseite: Wer den Sprung in die Festanstellung schafft,
arbeitet in der Regel nicht mehr journalistisch, sondern verbringt seine
Arbeitstage mit Planung und der Abnahme von Beiträgen. „Warum keine
Rotation, warum so starre Regeln?“, fragen Beschäftigte.
Weil, das steht an anderer Stelle im Bericht, das Funkhaus eine Art
Bürokratiemonster ist, in dem sich eine „immense Binnenkomplexität mit
starren Strukturen, bürokratischen Prozessen und vielen Regeln entwickelt“
habe. „Wir haben eine fast aggressive Bewahrungskultur“, lautet ein Zitat.
Eigentlich sei allen klar, dass das Haus und das Programm sich wandeln
muss. Doch die Angst vor der Veränderung ist groß, lässt sich aus dem
Bericht ablesen – davor, dass sie kommt, und davor, dass sie nicht schnell
genug kommt. „Viele Führungskräfte sind mit der Wucht der Veränderungen
überfordert“, lautet ein Fazit.
Ein NDR-Freier fasst gegenüber der taz zusammen: „Der Klimabericht
bestätigt mich nur in meiner Überzeugung und meinen Beobachtungen der
vergangenen Jahre, dass im NDR etwas schiefläuft.“ Es komme nun darauf an,
was aus den Ergebnissen gemacht werde.
Vieles, verspricht Intendant Joachim Knuth. Der Bericht habe „einen Spiegel
vorgehalten, und es gibt Ansichten, die nicht schön sind“, heißt es auf der
Homepage des Senders. Nun gelte es, „blockierende Muster zu verstehen und
dann zu ändern“. Dafür soll die Stelle einer „Prozessmanager*in“
geschafften werden.
„Wir haben gehört, dass der Intendant zusammen mit den Mitarbeitenden die
Probleme anpacken will“, sagt Stella Peters vom Redaktionsausschuss des
NDR. „An dem Versprechen werden wir den Intendanten messen.“ Ähnlich klingt
ein Statement des Betriebsrats Thomas Mann-Raudies: „Jetzt muss es darum
gehen, vorauszuschauen und den Prozess anzustoßen, damit wir irgendwann
wieder zu einem guten Klima im NDR kommen.“
Der NDR sei gut beraten, die Kritik der Mitarbeitenden und die
Veränderungsvorschläge des Reimers-Berichtes sehr ernst zu nehmen, heißt es
vom Journalistenverband (DJV) Nord. Das gelte auch für die Sorgen der
Freien, die ja einen unverzichtbaren Beitrag für das Programm leisteten.
„Als DJV werden wir sehr genau verfolgen, wie sich das Klima im NDR
entwickelt“, sagt Geschäftsführer Stefan Endter.
Es ist bereits der zweite Bericht über die internen Abläufe und die
Stimmung im NDR. [4][Einen ersten hatte im Oktober 2022 die Beratungsfirma
Deloitte vorgelegt, die vom Rundfunkrat beauftragt worden war.] Das
Ergebnis lautete, dass zwar Einzelne versagt hätten, aber keine
systematischen oder bewussten Fehler in der journalistischen Arbeit zu
finden seien.
30 Mar 2023
## LINKS
[1] /Vorwuerfe-gegen-NDR-Spitze-in-Kiel/!5878376
[2] https://www.ndr.de/der_ndr/unternehmen/Auf-dem-Weg-zu-einer-neuen-Unternehm…
[3] /Aufarbeitung-nach-Skandal/!5883633
[4] /Aufarbeitung-nach-Skandal/!5883633
## AUTOREN
Esther Geißlinger
## TAGS
Journalismus
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