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# taz.de -- „Cosmic Jazz“ im Berliner Planetarium: Bei Captain Kirk vorbei …
> Das Berliner Zeiss Planetarium lädt zur Veranstaltungsreihe „Cosmic Jazz“
> ein. Zu Sternenbildern gibt es Jazz auf die Ohren. Das Ergebnis
> überzeugt.
Bild: Ich seh den Sternenhimmel (hier zwei verschmelzende Galaxien) – und hö…
Alle anschnallen bitte! Und nun: 3, 2, 1, lift off! Ab geht es ins Weltall
in atemberaubender Geschwindigkeit und schon blickt man von ganz weit oben,
nämlich aus dem All, auf den Planeten Erde – und die Jazzsängerin Diana
Krall singt dazu „East of the sun and west of the moon“.
Den Kosmos erkunden und dazu Jazz hören, das ist das so simple wie
wirkungsvolle Konzept, das man sich im [1][Berliner Zeiss Planetarium], dem
größten Planetarium Deutschlands, ausgedacht hat. „Cosmic Jazz“ nennt sich
die Reihe, die bis Ende des Jahres an mehreren Terminen läuft (wieder am
30. September und 7. Oktober 2022).
Ehrlich gesagt, habe ich mir nur vage vorstellen können, was mich hier
erwartet. Das da, das ist der Große Wagen und dazu erklingt irgendein
Klimperjazz?
## Die ganze Pracht
Aber dann geht der Trip so dermaßen ab, dass einem wirklich der Atem
stockt. Man sitzt da in seinem Sesselchen, starrt auf die gigantische
Kuppel, auf die gerade Bilder der Erde projiziert werden, von Europa,
gehüllt in Dunkelheit und doch hell leuchtend (zu hoher Stromverbrauch auf
diesem Kontinent). Und chillt so vor sich hin mit leichter Gänsehaut,
während Antonio Carlos Jobim sanft animiert: „Look to the sky“. Und man
sieht ihn auch schon in seiner ganzen Pracht, den glitzernden
Sternenhimmel.
Doch während man eben noch sanft dahingleitet in seinem in ein Raumschiff
verwandelten Sitz, geht es nun ruckartig ab zu anderen Planeten. Zum Mond,
zum Jupiter, dann immer tiefer hinein in unser Sonnensystem. Man fühlt sich
wie im 3D-Kino, erlebt die Reise durch den Kosmos beinahe als körperliche
Erfahrung, so dermaßen überwältigend ist das alles. Man ist wahlweise
[2][Captain Kirk], [3][Luke Skywalker] oder einer dieser Hippie-Astronauten
aus John Carpenters Film „Dark Star“ bei ihren interstellaren Abenteuern.
„Cosmic Jazz“, der Titel der Veranstaltung, ist eigentlich ein stehender
Begriff, der eine bestimmte Spielart des Jazz umschreibt, nämlich einer
eher freien und durchaus mystisch klingenden. Deren Hauptvertreter ist
natürlich [4][Sun Ra], der stets behauptete, eigentlich vom Planeten Saturn
zu stammen und dessen Musik dementsprechend alienartig klang.
Das Zeiss Planetarium interpretiert „Cosmic Jazz“ eher als: ab in den
Kosmos und dazu schlichtweg Jazz lauschen, klassischen und kontemplativen
Jazz. Avantgardistischer und abgefahrener als John Coltrane zusammen mit
dem Miles Davis Quintet, die „Stella by Starlight“ intonieren, wird es
nicht. Aber das macht überhaupt nichts. Wenn man schon visuell ständig
leicht überfordert wird, die Milchstraße verlässt und andere Galaxien
erreicht, braucht man gar nicht unbedingt noch zusätzlich akustische
Extremherausforderungen.
Erstaunlich auch, wie viele Besucher „Cosmic Jazz“ anzieht. Man könnte ja
annehmen, dass die Schnittmenge aus Astrologie-Nerds und Jazz-Fans so groß
auch wieder nicht ist. Aber die Sitze unter dem Sternenzelt sind
tatsächlich fast alle besetzt. Kino war gestern, so scheint es, das neue
Ding sind Planetarien.
28 Sep 2022
## LINKS
[1] https://www.planetarium.berlin/veranstaltungen/cosmic-jazz
[2] https://en.wikipedia.org/wiki/James_T._Kirk
[3] https://en.wikipedia.org/wiki/Luke_Skywalker
[4] https://de.wikipedia.org/wiki/Sun_Ra
## AUTOREN
Andreas Hartmann
## TAGS
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