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# taz.de -- Klangwiese der Töne in Berlin: Sounds of the City
> Es tönt, pfeift, quietscht und dröhnt: Das „Festival für selbstgebaute
> Musik“ hat mit dem Holzmarktgelände einen kongenialen Ort gefunden.
Bild: Daraus zum Beispiel ließ sich beim Festival für selbstgebaute Musik in …
Der jüngste Soundkünstler ist höchstens zwei Jahre alt. Während seine
Eltern am Pizzastand warten, entdeckt er die Klangqualitäten einer leeren
Plastikflasche, die er mit Schmackes auf die Holzplanken des Standes
schmettert, wo der Flaschenkörper um so lauter tönt und um so rhythmischer
nachklappert, je mehr Energie der Performer investiert.
Diesen Zusammenhang hat er schnell begriffen. Blitzschnell hebt er nach
jedem Klangereignis die Flasche wieder auf und macht zwei Schritte, um sie
an neuem Ort wieder auf die Planken zu schmeißen. Wie auf einer kleinen
Bühne paradiert er vor dem Pizzatresen auf und ab. Respektvoll halten neu
Hinzukommende ihre Bestellungen zurück, solange die Vorstellung andauert.
Sehr selten gibt es kulturelle Events, die für Erwachsene wie für
Kleinkinder gleichermaßen schön sind. Das „[1][Festival für selbstgebaute
Musik“] ist eines davon, und auf dem Holzmarktgelände am Ufer der Spree hat
es einen kongenialen Ort gefunden. „Selbstgebaut“ ist eines der Stichworte,
die unbedingt in den Sinn kommen, wenn vom [2][Holzmarkt] die Rede ist,
auch wenn das improvisierte Lattenbudenimage der Anfangsjahre längst
hochwertigen, massiven Gebäuden gewichen ist. Die Premiumarchitektur fügt
sich zwanglos ein in eine organisch gewachsene Erlebnislandschaft aus
einfachen, ins Gelände gebauten Sitzgelegenheiten und vereinzelten grünen
Nischen aus spontan wirkender Vegetation, die an den Rändern der Spree
sogar erfolgreich die Illusion einer natürlichen Uferböschung nachbildet.
## Es tönt, pfeift, quietscht und dröhnt
Hier am Fluss lässt sich normalerweise etwas Ruhe finden, wenn einem der
Trubel – und Trubel ist auf dem Holzmarkt meistens – zu viel wird. Nur
heute geht das nicht, denn aus allen Ecken und Enden tönt, pfeift,
quietscht und dröhnt es.
Einen ganzen Tag lang verwandeln Installationen, Performances und
Instrumenten-Workshops den Holzmarkt in eine große Klangwiese. Am Fluss
steht eine „Windwall“ aus gebrauchten Mundharmonika-Platten; „chladnische
Klangfiguren“ heißt eine Installation, bei der sich durch die Übertragung
von Klangfrequenzen auf eine Platte Sandbilder erzeugen lassen – und das
„Hertzschlag-Instrument“ übersetzt den Herzschlag freiwilliger
Versuchspersonen über angeschlossenes Schlagwerk in Musik.
Ein Klangkarussell aus Synthesizerplatten ist permanent umlagert; und
erwachsene Menschen freuen sich wie Kinder, wenn sie durch das Drehen der
vielen kleinen Knöpfchen pfeifende Töne in die Umgebung schicken können.
„Musik“ ist, wenn man ehrlich ist, für das meiste, was hier passiert, eher
nicht der richtige Begriff. Richtige Musik wird aber im parallel laufenden
Bühnenprogramm gegeben. Sehr eindrucksvoll etwa von den vier Damen („Vier
Frauen, zwölf Beine“) aus Köln, die sich „120 DEN“ nennen und mit
Schaufensterpuppenbeinen, die zu elektronischen Instrumenten umgebaut
worden sind, die übertriebenen Männlichkeitsgesten der Rock-Bühnenkultur ad
absurdum führen. Das ist nicht nur ein großer Spaß, sondern auch echte
Kunst mit Musik. Und garantiert selbstgebaut.
7 Sep 2022
## LINKS
[1] https://www.selbstgebautemusik.de/festival
[2] https://www.holzmarkt.com/
## AUTOREN
Katharina Granzin
## TAGS
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Zeitgenössischer Tanz
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