# taz.de -- +++ Nachrichten im Ukrainekrieg +++: Scholz telefoniert mit Putin | |
> Olaf Scholz fordert eine diplomatische Lösung und den Waffenstillstand. | |
> Die Bundesregierung lehnt weiterhin die Lieferung von Kampfpanzern ab. | |
Bild: Widerstand regt sich gegen Putin in St. Petersburg. Auftritt dort im Juli… | |
## Scholz nimmt Gesprächsfaden mit Putin wieder auf | |
Erstmals seit vielen Wochen hat Bundeskanzler Olaf Scholz wieder mit dem | |
russischen Präsidenten Wladimir Putin telefoniert. In dem 90-minütigen | |
Gespräch habe Scholz am Dienstag darauf gedrungen, dass es so schnell wie | |
möglich zu einer diplomatischen Lösung des russischen Krieges in der | |
Ukraine komme, die auf einem Waffenstillstand, einem vollständigen Rückzug | |
der russischen Truppen und Achtung der territorialen Integrität und | |
Souveränität der Ukraine basiere, teilte Regierungssprecher Steffen | |
Hebestreit mit. | |
Der Bundeskanzler betonte, dass etwaige weitere russische Annexionsschritte | |
nicht unbeantwortet blieben und keinesfalls anerkannt würden. Der | |
Bundeskanzler forderte den russischen Präsidenten auf, gefangengenommene | |
Kombattanten gemäß der Vorgaben des humanitären Völkerrechts, insbesondere | |
der Genfer Abkommen, zu behandeln sowie einen ungehinderten Zugang des | |
Internationalen Komitees vom Roten Kreuz sicherzustellen.Mit Blick auf die | |
Lage am Atomkraftwerk Saporischschja betonte der Bundeskanzler die | |
Notwendigkeit, die Sicherheit des Atomkraftwerks zu gewährleisten. Scholz | |
forderte in diesem Zusammenhang, jegliche Eskalationsschritte zu vermeiden | |
und die im Bericht der Internationalen Atomenergieagentur empfohlenen | |
Maßnahmen umgehend umzusetzen. Der Bundeskanzler und der russische | |
Präsident vereinbarten weiterhin in Kontakt zu bleiben. (dpa/taz) | |
## Ukraine drängt bei Panzern – Regierung lehnt Lieferung ab | |
Trotz zunehmendem Drucks der Ukraine und einiger Ampel-Politiker bleibt die | |
Bundesregierung bei ihrem Kurs, der Ukraine keine modernen westlichen | |
Panzer zu liefern. Ein Regierungssprecher verwies am Dienstag auf Aussagen | |
von Bundeskanzler Olaf Scholz, dass es [1][keine deutschen Alleingänge] | |
geben werde. „Dem ist nichts hinzuzufügen.“ Ausgelöst wurde die erneute | |
Debatte durch den ukrainischen Außenminister [2][Dmytro Kuleba], der seine | |
Forderungen nach Panzerlieferungen wiederholte sowie durch einen [3][Tweet | |
der US-Botschaft]. | |
Scholz hatte am Montag darauf verwiesen, dass man sich vor allem mit den | |
USA, Frankreich und Großbritannien über die Art der Waffenlieferungen an | |
die Ukraine eng abstimme. Keines der vier größten Nato-Länder liefert | |
moderne westliche Panzer an die Ukraine. Der ukrainische Außenminister | |
Kuleba äußerte sich dennoch enttäuscht. Es gebe für diese Haltung kein | |
rationales Argument, sondern nur abstrakte Ängste und Ausreden, schrieb er | |
auf Twitter und nannte konkret den Wunsch nach „Leopard“-Kampfpanzern und | |
„Marder“-Schützenpanzern. | |
Der deutsche Rüstungskonzern Rheinmetall teilte laut NDR und | |
ARD-Hauptstadtstudio mit, 16 „Marder“ aus ausgemusterten Beständen der | |
Bundeswehr auf eigene Kosten weitestgehend wiederhergestellt zu haben. Sie | |
seien auslieferfähig, es gebe aber keine Ausfuhrgenehmigung der | |
Bundesregierung. (rtr) | |
## Sanna Marin fordert im EU-Parlament härtere Sanktionen | |
Gegen deutschen Widerstand pocht Finnland auf einen umfangreichen Visa-Bann | |
für Russen. Die finnische Regierungschefin Sanna Marin sagte am Dienstag | |
bei einer Rede im Straßburger Europaparlament, die Sanktionen müssten „im | |
Alltag der Russen ankommen“. Die seit Montag erschwerte Visa-Vergabe für | |
russische Touristen reiche nicht aus. | |
„Wir müssen die Ukraine in jeglicher Hinsicht unterstützen und müssen | |
bereit sein, noch härtere Sanktionen zu verhängen“, sagte Marin bei ihrer | |
von Applaus begleiteten Ansprache. Dazu zähle auch ein verändertes | |
Visa-System. | |
Russische Touristen können [4][seit dem 1. September] in der Regel nicht | |
mehr über das Nachbarland Finnland in die EU einreisen. Finnland sowie die | |
Baltenstaaten hatten die Visa-Ausgabe an Russen national eingeschränkt. | |
Deutschland und andere EU-Länder wie Österreich und Luxemburg hatten sich | |
Ende August bei einem Außenministertreffen in Prag aber gegen einen | |
weitgehenden Einreise-Stopp ausgesprochen. Die Verbindungen zu Russland | |
dürften nicht völlig abreißen, argumentierten sie. | |
Stattdessen einigten sich die EU-Länder darauf, die Hürden für die Vergabe | |
von Schengen-Visa zu erhöhen. Seit diesem Montag sind die Visa EU-weit | |
teurer und die Antragszeit dauert länger. Zum Schengen-Raum gehören 22 | |
EU-Länder sowie die Schweiz und drei weitere Staaten. (afp) | |
## Vollständige Unabhängigkeit von russischem Gas Ende 2023 | |
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) geht davon aus, dass Deutschland Ende | |
kommenden Jahres vollständig unabhängig von russischem Gas sein wird. Dank | |
bis dahin voraussichtlich fertiger Importterminals für Flüssiggas könne | |
dann alles nötige Gas aus anderen Ländern bezogen werden, sagte Scholz am | |
Dienstag in seiner Rede beim Deutschen Arbeitgebertag in Berlin. Der | |
Rohstoff komme dann aus Norwegen, den USA „und vielen anderen Ländern“. | |
Auch mit Blick auf den anstehenden Winter zeigte sich der Bundeskanzler | |
optimistisch, dass es keine Mangellage geben wird: „Wir kommen wohl durch | |
diesen Winter und das ist eine gute Botschaft in dieser Zeit.“ | |
Ein weiteres Problem seien die hohen Preise, führte Scholz aus. Hier | |
begrüßte er, dass die EU-Kommission in der vergangenen Woche „ziemlich | |
genau den gleichen Vorschlag wie wir“ unterbreitet habe. Vorgesehen ist | |
eine Begrenzung der Sondergewinne von Stromerzeugern, die derzeit billig | |
produzieren. Die Sondergewinne sollen zur Unterstützung ärmerer Haushalte | |
und Unternehmen umgeleitet werden. | |
Diese Reform des Strommarktes muss laut Scholz rasch noch „in diesem | |
Winter“ erfolgen, „damit wir bei den Strompreisen die Verbraucherinnen und | |
Verbraucher entlasten können“. Die EU-Kommission will voraussichtlich am | |
Mittwoch eine konkrete Verordnung vorstellen. Laut einem Entwurf, der AFP | |
vorlag, will sie den EU-Mitgliedstaaten ein einheitliches Vorgehen | |
vorschreiben. | |
Bundeskanzler Olaf Scholz hat sich auch zuversichtlich gezeigt, dass | |
Deutschland Ende 2023 über genug LNG-Terminals für den nötigen Import an | |
Gas verfügen wird. Er verwies auf den Bau von Flüssiggas-Terminals etwa in | |
Stade, Wilhelmshaven, Brunsbüttel und Lubmin, aber auch auf | |
Pipeline-Lieferungen etwa aus Norwegen und den Niederlanden. Die Regierung | |
werde dafür sorgen, dass der Gaspreis wieder sinken werde, betonte Scholz. | |
Zugleich sagte er, dass der Import an LNG-Gas nichts an der nötigen und | |
schnellen Energiewende ändern werde. „Wasserstoff ist das Gas der Zukunft, | |
wir werden einen großen Boom auslösen.“ Für den Ausbau der Erneuerbaren | |
Energien werde die Ampel-Regierung noch 2022 alle nötigen Gesetze etwa zu | |
Planungsbeschleunigung beschließen. (afp/rtr) | |
## Keine Pläne für Generalmobilmachung | |
Der Kreml erwägt nach eigenen Angaben derzeit keine | |
[5][Generalmobilmachung] angesichts der Entwicklungen in der Ukraine. | |
Präsidialamtssprecher Dmitry Peskow sagt im Gespräch mit Journalisten, | |
entsprechende Forderungen und Kritik am Vorgehen der Regierung seien ein | |
Beispiel der „Pluralität“ in Russland. Die Bevölkerung an sich stehe aber | |
weiterhin hinter Präsident Wladimir Putin. (rtr) | |
## 18 weitere Kommunalabgeordnete gegen Putin | |
Kommunalabgeordnete aus 18 verschiedenen Bezirken in Moskau, St. Petersburg | |
und Kolpino haben sich am Montag aufständischen Lokalabgeordneten | |
angeschlossen, die seit letzter Woche den Rücktritt Wladimir Putins | |
fordern. Eine der Lokalpolitiker*innen aus St. Petersburg, Ksenia | |
Torstrem, hat [6][die Petition am Montag auf Twitter] geteilt. | |
🐾 Bereits am Montag berichtete [7][taz-Moskau-Korrespondentin Inna | |
Hartwich] über die erste Petition in einem Bezirk in St. Petersburg. Am | |
Wochenende kamen noch aufständische Stimmen aus einem Moskauer Bezirk dazu. | |
Seit dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine, den der Kreml offiziell | |
„militärische Spezialoperation“ nennt, haben zudem viele Liberale das Land | |
verlassen. Harsche Gesetze bringen Kritiker*innen des russischen | |
Feldzugs hinter Gitter. „Diskreditierung der Armee“ ist ein machtvolles | |
Instrument, um alle, die etwas am Staat auszusetzen haben, zum Schweigen zu | |
bringen. | |
So ergeht es gerade auch sieben Abgeordneten des St. Petersburger | |
Stadtbezirks Smolny. Vor wenigen Tagen hatten sie ein Ersuchen an die | |
Staatsduma, das Unterhaus des russischen Parlaments, gerichtet. Darin | |
fordern sie Russlands Präsidenten Wladimir Putin zum Rücktritt auf. Sie | |
werfen ihm Staatsverrat vor, weil der Krieg in der Ukraine zum Tod | |
russischer Soldaten, Schwierigkeiten in der russischen Wirtschaft und zur | |
Erweiterung der Nato geführt habe, steht in dem Schreiben. | |
Nikita Juferew, einer der Initiatoren, hatte bereits im Februar Putin | |
offiziell dazu aufgefordert, den Krieg zu beenden. Daraufhin hatte ihn die | |
Kremlregierung darüber informiert, dass es sich in der Ukraine um eine | |
„militärische Spezialoperation“ handele. Nun werden auch Juferew und seine | |
Mitstreiter*innen wegen „Diskreditierung der Armee“ belangt. Zunächst | |
droht eine Ordnungsstrafe, mehrere davon können zum Straftatbestand führen. | |
Parallel dazu hat in den letzten Tagen auch der Abgeordnetenrat des | |
Moskauer Stadtbezirks Lomonossow Putin zum Rücktritt aufgefordert. Beide | |
Stadtbezirke in St. Petersburg und Moskau gelten als liberaler und dadurch | |
weniger kremlnah. (taz) | |
## Ziel ist Befreiung aller Gebiete | |
Die ukrainischen Streitkräfte kommen bei ihrer Offensive in der Region | |
Charkiw im Nordosten des Lands nach Angaben der Regierung weiter gut voran. | |
Dies liege daran, dass die Truppe höchst motiviert und die Operation gut | |
geplant sei, sagt die stellvertretende Verteidigungsministerin Hanna Maljar | |
der Nachrichtenagentur Reuters. Es sei allerdings noch zu früh zu sagen, | |
dass die Ukraine die volle Kontrolle über die Region übernommen habe. „Die | |
Kämpfe dauern an“, sagt Maljar. „Das Ziel ist, die Region Charkiw zu | |
befreien und darüber hinaus alle Gebiete, die von der Russischen Föderation | |
besetzt sind.“ | |
Die USA lassen Deutschland freie Hand bei der Lieferung von Waffen an die | |
Ukraine. „Wir wissen die militärische Unterstützung Deutschlands für die | |
Ukraine zu schätzen und werden uns weiterhin eng mit Berlin abstimmen“, | |
heißt es in einem Tweet der US-Botschaft in Berlin. Die USA riefen „alle | |
Verbündeten und Partner dazu auf, der Ukraine im Kampf um ihre | |
demokratische Souveränität so viel Unterstützung wie möglich zu gewähren�… | |
Zum Abschluss wird betont: „Die Entscheidung über die Art der Hilfen liegt | |
letztlich bei jedem Land selbst.“ Bundeskanzler Olaf Scholz lehnt es | |
bislang ab, der Ukraine die gewünschten Kampf- und Schützenpanzer zur | |
Verfügung zu stellen, mit der Begründung, dass es keine Alleingänge | |
Deutschlands geben werde. (rtr) | |
## SPD-Außenpolitiker Roth für Panzerlieferung | |
Der SPD-Politiker Michael Roth plädiert dafür, dass sich Deutschland rasch | |
mit Nato und EU über weitere Waffen- und auch Panzerlieferungen an die | |
Ukraine abstimmt. Deutschland habe bereits schwere Waffen geliefert, sagt | |
der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag im | |
Deutschlandfunk. „Und jetzt reden wir darüber, was man noch tun kann, um in | |
dieser ganz entscheidenden Phase der Ukraine beizustehen.“ Er respektiere | |
die Entscheidung der Bundesregierung, sich eng mit den Partnern | |
abzustimmen. Noch niemand habe die von der Ukraine geforderten | |
[8][Schützen- und Kampfpanzer] geliefert. „Aber solche Verabredungen sind | |
ja nicht in Stein gemeißelt. Und deswegen sollte man sich jetzt in der EU, | |
in der Nato vor allem auch mit den USA zusammensetzen und klären: Was | |
können wir noch liefern, damit die Ukraine … auch die Chance hat, von | |
Russland erobertes Gebiet zu befreien.“ Dabei stünden auch deutsche Panzer | |
in der Diskussion. „Ich bin dafür, dass man das mit den Partnern endlich | |
klärt, damit wir jetzt noch weitreichender die Ukraine unterstützen | |
können.“ (rtr) | |
## Selenski spricht am Dienstag mit IWF über Milliardenkredit | |
Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski wird Insidern zufolge im Laufe | |
des Tages mit IWF-Chefin Kristalina Georgiewa über einen neuen Kredit | |
sprechen. Es gehe um ein umfassendes Finanzierungsprogramm, erklären zwei | |
mit der Angelegenheit vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters. | |
Die Ukraine strebe ein Darlehen von 15 bis 20 Milliarden Dollar an. Es gilt | |
als unwahrscheinlich, dass ein so hoher Betrag die Zustimmung des IWF | |
findet. Das Exekutivdirektorium des IWF hatte auf einer informellen Sitzung | |
am Montag erörtert, der Ukraine 1,4 Milliarden Dollar an Soforthilfe | |
anzubieten. (rtr) | |
## Blinken: die Ukraine macht bedeutende Fortschritte | |
US-Außenminister Antony Blinken bescheinigt den ukrainischen Streitkräften | |
bei ihrer Gegenoffensive „bedeutende Fortschritte“. „Ihr Vorgehen war sehr | |
systematisch geplant und wurde natürlich von den Vereinigten Staaten und | |
vielen anderen Ländern unterstützt, um sicherzustellen, dass die Ukraine | |
über die Ausrüstung verfügt, die sie zur Durchführung dieser Gegenoffensive | |
benötigt“, sagt Blinken auf einer Pressekonferenz in Mexiko. Die | |
ukrainische Offensive gegen die russischen Streitkräfte befinde sich noch | |
im Anfangsstadium, es seien aber bereits bedeutende Fortschritte erzielt | |
worden. Angesichts der Verluste, die Russland erlitten habe, kann und | |
sollte Russland dem Ganzen ein Ende setzen. (rtr) | |
🐾 Bereits am Montag berichtete [9][taz-Moskau-Korrespondentin Inna | |
Hartwich] über die erste Petition in einem Bezirk in St. Petersburg. Am | |
Wochenende kamen noch aufständische Stimmen aus einem Moskauer Bezirk dazu. | |
13 Sep 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Debatte-um-deutsche-Panzerlieferungen/!5877910 | |
[2] https://twitter.com/DmytroKuleba | |
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