Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- EU-Außenministertreffen zu Russland: Visa-Abkommen ausgesetzt
> Die EU-Außenminister setzen das Abkommen über Visa-Erleichterungen für
> Russland aus. Doch ein kompletter Bann für russische Touristen kommt
> nicht.
Bild: Streitpunkt Visa-Vergabe: Beamte der Bundespolizei kontrollieren in Berli…
Brüssel taz | Es sollte ein lockeres Wiedersehen nach der Sommerpause
werden. Doch beim informellen Treffen der 27 EU-Außenminister in Prag sind
die Positionen zu Russland und möglichen neuen Sanktionen hart
aufeinandergeprallt.
Für Streit sorgte vor allem ein möglicher [1][Visa-Bann für russische
Touristen]. Dabei kam es zu einer ungewohnten Lagerbildung zwischen
mehreren östlichen EU-Staaten auf der einen und Deutschland und Frankreich
auf der anderen Seite.
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock und die französische Chefdiplomatin
Catherine Colonna sprachen sich gegen ein pauschales Einreiseverbot aus.
Sie halte nichts von einer „Sippenhaft“, sagte Baerbock. Die EU dürfe
regimekritische Russen nicht im Stich lassen.
Der Eindruck, dass reiche Russen zur Shoppingtour an die Côte d’Azur
reisen, sei falsch, betonte Colonna. Die meisten Oligarchen seien bereits
mit Sanktionen belegt und dürften nicht nach Frankreich oder in die EU
reisen. Demgegenüber wollen Polen, Finnland und die drei baltischen Staaten
eine harte Abschottung. In einem gemeinsamen Statement forderten sie die
EU-Kommission auf, die Einreise russischer Staatsbürger radikal zu
begrenzen.
## Ideen für neue Sanktionen gehen aus
Das ist jedoch leichter gesagt als getan. Im Schengen-Raum gilt
Freizügigkeit; wer in ein Land einreist, kann auch alle anderen besuchen.
Deshalb helfen nationale Einreisestopps wenig, wie sie einige Länder
bereits verhängt haben.
Zudem ist umstritten, ob ein totaler Visa-Bann mit dem EU-Recht vereinbar
ist. Er würde Russen stigmatisieren und der russischen Propaganda in die
Hände spielen, warnt Marie Dumoulin vom European Council on Foreign
Relations in Berlin.
Bedenken hat auch der EU-Außenvertreter Josep Borrell. Es sei „keine gute
Idee“, Russen unterschiedslos die Einreise zu verwehren, sagte der Spanier.
Man müsse „selektiver“ vorgehen und auch an die 300.000 Russen denken, die
aus Russland geflohen sind.
Am Ende der kontroversen Debatte einigten sich die Außenminister in Prag
auf einen Kompromiss. Die EU werde das derzeit noch gültige Abkommen mit
Russland über Visa-Erleichterungen aufkündigen, sagte Borrell. Damit werde
ein „Visa-Shopping“ verhindert und die Einreise in die EU „erheblich
reduziert“.
Für diese vergleichsweise weiche Linie hatte sich zuvor auch Baerbock
eingesetzt. Die deutsche Grünen-Politikerin rang gemeinsam mit Borrell und
dem tschechischen EU-Vorsitz um eine für alle annehmbare Formulierung. In
den Gesprächen mit den Hardlinern sei es emotional geworden, sagte ein
EU-Diplomat, der dem Treffen beiwohnte.
Das liegt auch daran, dass der EU die Ideen für neue Sanktionen gegen
Russland ausgehen. Nach sechs „harten“ Sanktionspaketen, die auf die
russische Wirtschaft abzielen, hatte sich die EU zuletzt nur noch auf eher
[2][symbolische Maßnahmen] einigen können.
Gleichzeitig geht der russische Angriffskrieg in der Ukraine unvermindert
weiter; die Sanktionen haben keinen erkennbaren Einfluss auf das
Kriegsgeschehen. In Prag gab es deshalb auch Diskussionen über die weitere
Strategie. Deutschland und Frankreich plädierten dabei für eine
Neuausrichtung der EU-Politik.
An den Sanktionen wollen Berlin und Paris jedoch festhalten. Man müsse den
Sinn der Strafen jedoch besser vermitteln und dafür auch Mittel der
„strategischen Kommunikation“ – sprich: Propaganda – nutzen, hieß es.
31 Aug 2022
## LINKS
[1] /Touristenvisa-fuer-Russinnen/!5874632
[2] /Treffen-der-EU-Aussenminister-in-Bruessel/!5869055
## AUTOREN
Eric Bonse
## TAGS
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
EU-Sanktionen
EU-Außenminister
Annalena Baerbock
Schengen-Raum
Russland
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Energiekrise
## ARTIKEL ZUM THEMA
Krieg in der Ukraine: Aus anderer Perspektive
Der Krieg bringt die unterschiedlichen Realismen im Westen und Osten der EU
zum Vorschein. Die Betrachtungsweisen sind für mögliche Lösungen wichtig.
Touristenvisa für Russ:innen: Nicht die Falschen bestrafen
Der Vorstoß, Russ:innen die Einreise zu verwehren, ist unüberlegt. Für
Privilegierte würde sich nichts ändern, und Putin-Kritiker:innen säßen
fest.
Stark steigende Preise: Solidarität? Ja, aber für alle!
Die Regierung erwartet von der Bevölkerung, Sanktionen gegen Russland
mitzutragen. Aber auch bei der Verteilung der Lasten braucht es
Solidarität.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.