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# taz.de -- Scholz ruft Putin an: Guter Griff zum Telefonhörer
> Bundeskanzler Scholz signalisiert Moskau, dass Deutschland für
> Verhandlungen bereit steht. Und die Ukraine weiter unterstützt. Beides
> ist richtig.
Bild: Bundeskanzler Scholz am langen Tisch bei Wladimir Putin im Februar 2022
Kanzler Scholz hat mit Putin telefoniert. Zum ersten Mal seit Mai. Also
reden statt Kampfpanzer liefern? Da mag es wieder Häme regnen. Aber der
Kanzler liegt richtig. Die derzeit auch von eher militärfernen
Leitartiklern heftige herbeigesehnte Idee, dass Deutschland, anders als die
USA oder andere Nato-Staaten, westliche Kampfpanzer liefert, ist ein
Irrweg. Dass von deutschen Kampfpanzern Wohl und Wehe der Ukraine abhängt,
ist eine fixe Idee und Selbstüberschätzung.
Es ist beruhigend, dass Scholz an der Doktrin deutscher Außenpolitik
festhält, [1][keine Alleingänge] zu unternehmen. Seit die Ukraine
überraschende militärische Geländegewinne gemacht hat, ist der Chor jener,
die genau wissen, wie der Krieg in der Ukraine zu beenden ist, sehr laut
geworden. Mit Waffen für Kiew. Jetzt sofort. Der russische Aggressor auf
dem Rückzug, die unterlegene Armee der Ukraine auf dem Vormarsch – dieses
Szenario mobilisiert verständlicherweise Gefühle und den dringlichen
Wunsch, Putins Diktatur fallen zu sehen.
Die Forderung, [2][mit Kampfpanzern den Kollaps in Moskau zu
beschleunigen], hat etwas Fiebriges. Naht die Entscheidungsschlacht?
Implodiert das Imperium? Die Fantasien haben etwas Überhitztes. Nötig ist
aber ein kühler Blick auf das, was wir wissen und das, was wir nicht
wissen. Der Rückzug der russischen Armee hat für Risse in Putins Gebäude
aus Lügenpropaganda gesorgt.
Es gibt offene Kritik an ihm, und eine Suche nach Schuldigen für die nicht
zu leugnende Niederlage – das ist neu. Dies schon für die Morgendämmerung
seines Untergangs zu halten, ist äußerst voreilig. Das Regime arbeitet mit
Gewalt, Repression, Mord – und die demokratische Opposition ist ohne
Einfluss, Macht, Struktur. Offen ist auch, wie die militärische Reaktion
aussehen wird: Wächst die Einsicht, dass dieser Krieg nicht zu gewinnen ist
– oder radikalisiert Putin den Krieg?
## Keiner weiß, was Putin als Nächstes tut
Es ist schwer abschätzbar, wie irrational dieses System reagiert. Aber so
zu tun, als wäre Eskalation keine Möglichkeit, ist naiv. Wenig ist in
Kriegen gefährlicher als eigene Wünsche mit der Wirklichkeit zu
verwechseln. Deshalb ist das [3][Telefonat von Scholz mit Putin] richtig.
Es wird das verzerrte, gegen Realität hermetisch abgedichtete Weltbild
Putins nicht öffnen. Aber es setzt das Signal: Verhandlungen sind möglich.
Scholz hat von Putin das Bekannte gefordert: Waffenstillstand, Rückzug der
russischen Truppen, Verhandlungen. Er hat klar gemacht, dass der Westen auf
eine russische Eskalation des Krieges reagieren wird. Die Botschaft lautet:
Der Krieg ist für Putin nicht zu gewinnen. Der Westen wird, anders als es
AfD und Teile der Linkspartei wollen, die Ukraine langfristig mit Geld,
Waffen und Sanktionen gegen Russland unterstützen.
Diese Botschaft wieder und wieder zu senden, ist kein Appeasement. Im
Gegenteil. Es ist richtig, das Angebot zu verhandeln zu erneuern. Denn
dieser Krieg wird nicht mit einer Panzerschlacht, sondern mit Verhandlungen
beendet werden.
14 Sep 2022
## LINKS
[1] /Debatte-um-deutsche-Waffenlieferungen/!5877958
[2] /Debatte-um-deutsche-Panzerlieferungen/!5877910
[3] https://etherpad.taz.de/p/Adressliste-Meinung
## AUTOREN
Stefan Reinecke
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