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# taz.de -- Ukraine meldet Erfolge: Siegeszug oder zermürbender Krieg?
> Die Ukraine meldet die Rückeroberung dreier Dörfer und Russland droht.
> Derweil fällt im AKW Saporischschja die letzte Leitung aus.
Bild: Ein russischer Panzerwagen vor dem AKW Saporischschja während des Besuch…
Kiew taz | Natascha ist ganz aufgeregt. Soeben hat die Verkäuferin gelesen,
dass der Präsident verkündet hatte, die Ukraine habe im Zuge ihrer
Gegenoffensive drei Dörfer zurückerobert. „Jetzt geht es endlich los,
unsere Gegenoffensive“, sagt sie am Telefon und scheint vergessen zu haben,
warum sie eigentlich anruft. „Mein Junge, mit dem ich vor einigen Wochen
aus der Ostukraine geflohen bin, fragt mich jeden Tag, wann er wieder
zurückkann nach Bachmut. Wenn das so weitergeht, kann er das bald“, meint
sie in euphorischem Ton.
Die ukrainische Nachrichtenagentur Unian zitiert einen ukrainischen Militär
mit den Worten: „Wir haben der Rosgwardija gezeigt, wo es langgeht. Wir
befreien unser Land Stück für Stück, Dorf für Dorf. Der Sieg liegt vor
uns.“ Unterdessen berichten russische Quellen, die Besatzungsbehörden von
Cherson hätten ein geplantes [1][„Referendum“ zur Eingliederung an
Russland] erst einmal verschoben. Das scheint zu bestätigen, dass die
russischen Truppen in gewissen Schwierigkeiten stecken.
Gleichzeitig berichtet Kirill Stremousow, Sprecher der Separatisten von
Cherson, in russischen Medien, man habe einen Gegenangriff der Ukraine
zurückgeschlagen. Nicht alle in Kiew sind so begeistert wie Verkäuferin
Natascha. „Dieser Krieg ist ein Zermürbungskrieg“, meint Sportlehrerin
Ella. „Daran ändert auch die Einnahme von drei Dörfern nichts.“ Und ihre
Kollegin, die neben ihr steht, will diese Erfolgsnachricht noch nicht
glauben. Vieles können die Militärs erzählen, meint sie.
## Reaktor 6 ist noch in Betrieb
Unterdessen ist im [2][AKW Saporischschja] die letzte Leitung, die das
Atomkraftwerk mit dem ukrainischen Stromnetz verbindet, eine
Reserveleitung, wegen Beschuss ausgefallen. Dies berichtet der Atomkonzern
Energoatom auf seinem Telegram-Kanal. Gleichwohl sei der Reaktor Nr. 6 noch
in Betrieb und bediene das Kraftwerk mit dem nötigen Strom.
Das Gefährdungspotenzial wird durch den Ausfall der Leitung nicht erhöht.
Wirklich gefährlich wird es erst, wenn auch der letzte Reaktor nicht mehr
läuft. Dann wäre das AKW, das auch im Offline-Modus Strom braucht, ganz auf
die Diesel-Generatoren angewiesen. Und wie es um diese bestellt ist, ist
zumindest fraglich.
So fragt gegenüber NV.ua Dmitro Gumenjuk vom staatlichen
wissenschaftlich-technischen Zentrum für atomare Sicherheit, ob die
IAEA-Delegation auch den Zustand der Dieselgeneratoren überprüft habe.
Dieses Thema könne aus dem Blickfeld geraten sein, so Gumenjuk, sei es der
Kommission doch vor allem um die Frage gegangen, ob da radioaktives
Material unkontrolliert in Umlauf gelange. „Kann ja sein, dass die Besatzer
einen Teil des Diesels für eigene Zwecke gestohlen haben.“ Das IAEA-Team
hätte auch untersuchen müssen, ob genügend Ersatzteile für die Generatoren
da sind, so Gumenjuk.
Weniger pessimistisch sieht hingegen Petro Kotin, Chef von Energoatom, den
IAEA-Besuch. Die im AKW verbliebenen Techniker seien gute Leute, Profis.
„Denen kann man keine Geschichten erzählen.“ Er sei sogar vorsichtig
optimistisch. Denn Grossi habe ihm etwas gesagt, so der Chef von
Energoatom, was ihn optimistisch stimme. Leider dürfe er diese Äußerung
nicht öffentlich wiederholen. Wirklich sicher sei das AKW Saporischschja
erst, wenn das russische Militär aus diesem abgezogen sei.
Präsident Selenski denkt nicht daran, das AKW Saporischschja aus
Sicherheitsgründen völlig vom Netz zu nehmen. Man brauche dieses AKW für
die Energieversorgung im nächsten Winter, so Selenski gegenüber dem
US-amerikanischen Sender ABC.
Unterdessen wirft Dmitrij Peskow, Sprecher von Präsident Putin, dem Westen
vor, selbst an der Unterbrechung der russischen Gaslieferungen über die
[3][Nord-Stream-1-Pipeline] schuld zu sein. Und diese Probleme, so zitiert
ihn die russische Nachrichtenagentur Interfax, würden so lange dauern, wie
die Sanktionen anhielten.
5 Sep 2022
## LINKS
[1] /-Nachrichten-im-Ukraine-Krieg-/!5874267
[2] /Nachrichten-im-Ukrainekrieg/!5879013
[3] /Kein-Gas-mehr-durch-Nord-Stream-1/!5876268
## AUTOREN
Bernhard Clasen
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