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# taz.de -- Repression in Hongkong: 19 Monate Haft für Kindercomics
> Fünf Logopäd*innen werden für pekingkritische Kinderbücher
> verurteilt. Ein Richter sieht in den Comics „Gehirnwäsche“ von Kindern.
Bild: Hongkong, Juli 2021: Keine Festnahme einer Terroristin, sondern einer Log…
Berlin taz | In der chinesischen Sonderzone Hongkong sind fünf
Sprachtherapeut*innen am Samstag für die Veröffentlichung von drei
regierungskritischen Kindercomics zu jeweils 19 Monaten Haft verurteilt
worden. Der von China im Rahmen der nationalen Sicherheitsgesetze
eingesetzte Richter Kwok Wai-kin sah laut dem Nachrichtenportal [1][Hong
Kong Free Press] in den Geschichten von Schafen, die ihr Dorf gegen Wölfe
verteidigen, Analogien der Demokratieproteste von 2019 in der einst
autonomen Stadt.
Kwok warf den Autor*innen vor, bei Kindern „Hass gegen Festlandchina“ zu
erzeugen. Er sprach in der 67-seitigen Begründung seines Urteils, das nach
einem bisher kaum angewandten Kolonialgesetz von 1938 zum Straftatbestand
der Aufwiegelung erfolgte, von „Gehirnwäsche“.
In den Comics treten zwölf Schafe in einen Streik, werden von Wölfen mit
Tränengas angegriffen oder versuchen per Boot zu fliehen – eine Anspielung
auf zwölf Hongkonger Demokratieaktivist*innen, die bei ihrer Flucht nach
Taiwan verhaftet wurden.
In einer anderen Szene, die aus dem Frühjahr 2020 stammt, wollten die
Schafe die Wölfe aus dem Dorf werfen. Damals hatten viele
Hongkonger*innen wegen der Coronapandemie auf Grenzschließung zum
Festland gedrängt.
## Verurteilte plädierten auf „nicht schuldig“
Die Logopäd*innen im Alter von 26 bis 29 Jahren sind Führungsmitglieder
der 2019 gegründeten Peking-kritischen Sprachtherapeutengewerkschaft. Sie
hatten die Comics gemeinsam für ihre Organisation publiziert.
Als sie im Juli 2021 verhaftet wurden, waren sie mit Kapuzen über dem Kopf
wie Terroristen abgeführt worden. Bereits am Donnerstag hatte Kwok sie
schuldig gesprochen, erst am Samstag hatte er dann das Strafmaß verkündet.
Er geht davon aus, dass sie bald freikommen, da sie schon den Großteil der
Strafe abgesessen haben und wegen guter Führung vorzeitig entlassen werden.
Die Fünf hatten sich in ihren Plädoyers für nicht schuldig erklärt und
ausgesagt, dass sie mitnichten Hass auf China erzeugen wollten. Eine der
Verurteilten erklärte vor Gericht, sie bereue nur, „nicht noch mehr
Bilderbücher veröffentlicht zu haben, bevor ich festgenommen wurde.“ Sie
hoffe immer auf der Seite der Schafe zu stehen.
## Logopäden-Gewerkschaft inzwischen aufgelöst
Ihre kleine Gewerkschaft ist wie viele andere Peking-kritische
Organisationen der Stadt inzwischen aufgelöst.
Als Nächstes könnte dieses Schicksal der Journalistenverband HKJA teilen.
Am Donnerstag war dessen Vorsitzender Ronson Chan wegen angeblicher
„Störung der öffentlichen Ordnung“ und „Widerstand gegen Polizeibeamte�…
Rande einer Versammlung von Eigentümer*innen von Sozialwohnungen
festgenommen worden. Er wollte ohnehin bald Hongkong verlassen.
Mit der Einführung eines sogenannten [2][Nationalen Sicherheitsgesetzes]
zum 1. Juli 2020 gab sich die autoritäre Regierung in Peking die Macht, im
eigentlich autonom regierten Hongkong brachial durchzugreifen. Die dortigen
Massenproteste demokratischer Peking-kritischer Gruppen wurden abgewürgt
und ihre Führer*innen verhaftet. Zugleich wurde damit auch die für
fünfzig Jahre zugesagte Autonomie („ein Land, zwei Systeme“) de facto
beendet.
Stark eingeschränkt wurde seitdem auch die [3][Medienfreiheit], für die
Hongkong einst gerühmt wurde. In der [4][Rangliste der Pressefreiheit von
Reporter ohne Grenzen] ist die Stadt zuletzt von Rang 68 auf 148
abgestürzt.
11 Sep 2022
## LINKS
[1] https://hongkongfp.com/2022/09/10/breaking-5-hong-kong-speech-therapists-ja…
[2] /Chinas-Nationales-Sicherheitsgesetz/!5841997
[3] /Pressefreiheit-in-Hongkong/!5845239
[4] https://www.reporter-ohne-grenzen.de/rangliste/rangliste-2022
## AUTOREN
Sven Hansen
## TAGS
Hongkong
China
Sicherheitsgesetz
Massenproteste
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