# taz.de -- Demonstrationsverbot in Hongkong: Vergesst es | |
> Erstmals ist auch in Hongkong jedes Erinnern an das Tiananmen-Massaker | |
> 1989 zur Straftat erklärt worden. Die Behörden wollen hart vorgehen. | |
Bild: „Säule der Schande“: Mahnmal für das Tiananmen-Massaker, das Ende 2… | |
SEOUL taz | Hongkong war stets der einzige Ort in China, an dem auch an die | |
dunklen Kapitel in der Geschichte des Landes erinnert werden durfte. Doch | |
die Bastion der Freiheit wurde längst von der Zentralregierung geschlossen: | |
Wenn sich am Samstag die blutige Niederschlagung der Studentenbewegung vom | |
[1][Tiananmen-Platz] zum 33. Mal jährt, werden die Behörden radikal gegen | |
jegliche Form des Gedenkens im öffentlichen Raum vorgehen. | |
Während in Festlandchina der 4. Juni 1989 von der Zensur vollständig aus | |
dem kollektiven Gedächtnis ausradiert wurde, fand in Hongkong nämlich stets | |
eine traditionelle [2][Mahnwache] im Victoria Park statt. Dort marschierten | |
die Demonstranten mit brennenden Kerzen, um die mehreren tausend Menschen | |
zu betrauern, die Chinas Volksbefreiungsarmee in Peking massakrierte. | |
Seit 2020 wurden die Gedenkmärsche [3][unter dem Vorwand der Pandemie | |
verboten], wobei schon damals deutlich war, dass es sich um einen | |
vorgeschobenen Grund handelte. Nun argumentieren die Behörden ganz offen: | |
Selbst Menschen, die alleine in den Victoria Park ziehen, würden die | |
Straftat einer „unrechtmäßigen Versammlung“ begehen, sagte der ranghohe | |
Polizeivertreter Liauw Ka-kei am Donnerstag. Die Polizei werde aktiv nach | |
„Beweisen suchen“, wenn sie den Eindruck habe, dass jemand „mit seinem | |
Erscheinungsbild andere anstiften“ wolle. | |
Grundlage für das Verbot ist das sogenannte nationale Sicherheitsgesetz, | |
das Pekings Parteiführung der ehemals britischen Kronkolonie im Sommer 2020 | |
aufgezwungen hat. Seither steht praktisch sämtliche Form politischer Kritik | |
unter Strafe. Jene NGOs, die die Gedenkmärsche organisierten, wurden | |
bereits etwa als „ausländische Agenten“ gebrandmarkt und zur Auflösung | |
gezwungen. | |
## Kritische Stimmen sind nur noch im Ausland zu hören | |
Dass selbst das bloße Erinnern von den Behörden verboten wird, hatte sich | |
längst abgezeichnet. Fast alle kritischen Medien mussten bereits ihre | |
Pforten schließen, die führenden Demokratie-Aktivisten sind im | |
[4][Gefängnis] und die Oppositionspolitiker haben sich zurückgezogen. | |
Selbst die katholische Diözese Hongkongs wird dieses Jahr erstmals auf ihre | |
traditionelle Gedenkmesse verzichten, um an die Toten von 1989 zu erinnern. | |
Nur wenige Wochen zuvor wurde ihr Kardinal Joseph Zen als vermeintliche | |
„Bedrohung für die nationale Sicherheit“ vorübergehend festgenommen: Der | |
Geistliche, der bereits 90 Jahre alt ist, hatte Demokratie-Aktivisten | |
rechtlichen Beistand gegeben. Im Sprech der Behörden Hongkongs heißt dies: | |
„Verschwörung mit ausländischen Kräften“. | |
Der gesamte öffentliche Raum Hongkongs wurde bereits von sämtlichen Zeichen | |
gesäubert, die an die Verbrechen der Kommunistischen Partei erinnern. Im | |
letzten Dezember ließen die Behörden in der Universität von Hongkong die | |
sogenannte „Säule der Schande“ entfernen: eine Skulptur des dänischen | |
Künstlers Jens Galschiot, die zuvor ein Vierteljahrhundert auf dem Campus | |
installiert war. Galschiot bezeichnete den Vorgang als „Verbrechen gegen | |
die Demokratie“. | |
Doch solch kritische Stimmen sind längst nur mehr im Ausland zu vernehmen. | |
Innerhalb Hongkongs ist die Zivilgesellschaft – aus Angst vor langen | |
Haftstrafen – längst verstummt. | |
3 Jun 2022 | |
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## AUTOREN | |
Fabian Kretschmer | |
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