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# taz.de -- Bürgerrechtlerin in Hongkong: Chow Hang-tung erneut verurteilt
> Die Aktivistin hatte zum Gedenken an das Tiananmen-Massaker von 1989
> aufgerufen. Nun wurde ihre bereits bestehende Haft verlängert.
Bild: Die Aktivistin Chow Hang-tung wurde erneut verurteilt, diesmal zu 15 Mona…
Berlin taz | Wie sehr Freiheitsrechte in Hongkong inzwischen beschnitten
und das offizielle Rechtsverständnis verdreht sind, zeigt die Verurteilung
von Chow Hang-tung. Sie wurde am Dienstag von einem Gericht der
südchinesischen Sonderzone für den Aufruf zum Gedenken an ein Massaker zu
einer weiteren Haftstrafe von 15 Monaten verurteilt.
Währenddessen bleiben diejenigen, die das Massaker anordneten, ausführten
und bis heute rechtfertigen, nicht nur weiter straffrei, sondern werden
jetzt sogar vor Kritik geschützt. Sie haben jetzt amtlich, dass in
Hongkong das Gedenken an die Tötung von Hunderten Aktivist*innen in
Peking 1989, das sogenannte [1][Tiananmen-Massaker], schlimmer ist als das
Massaker selbst.
Genau das hat Chow so vehement wie letztlich vergeblich zu verhindern
versucht. Die 36-jährige Hongkonger Anwältin und Demokratieaktivistin war
seit Dezember 2015 Vizevorsitzende der „Hongkonger Allianz zur
Unterstützung der patriotischen demokratischen Bewegungen in China“. Die
Organisation mit dem sperrigen Namen, die in Hongkong nur „die Allianz“
genannt wird, hat seit 1989 jedes Jahr am Jahrestag 4. Juni mit Kerzen des
Pekinger Massakers gedacht.
Es nahmen immer mehrere Zehntausend bis Hunderttausende Menschen teil. Chow
selbst war zur Zeit der blutigen Niederschlagung von Chinas Demokratie- und
Studentenbewegung erst vier Jahre alt. Doch in Hongkong galt das Gedenken
stets als Zeichen der Autonomie wie des eigenen Wunsches nach Demokratie.
Peking dagegen merzte die Spuren des Massakers wie jegliches Gedenken daran
im Rest der Volksrepublik aus.
## Behörden nutzen Coronapandemie als Vorwand
Chow hatte ursprünglich Geophysik studiert, dann aber die Menschenrechte
als ihre Berufung entdeckt. So begann sie als Juristin, Hongkongs autonomes
rechtsstaatliches System gegenüber Chinas Parteidiktatur zu verteidigen.
Weil die bisherigen Führer der Allianz, der Gewerkschafter Lee Cheuk-yan
und der Anwalt Albert Ho, nach der Niederschlagung der Hongkonger
Demokratiebewegung ab 2020 schon im Gefängnis saßen oder angeklagt waren,
übernahm sie es, an den Jahrestagen 2020 und 2021 zum Gedenken aufzurufen.
Doch die Behörden nutzten die Coronapandemie als Vorwand, um das ihnen
unliebsame Gedenken zu verhindern und Aufrufe dazu zu kriminalisieren.
Weil Chow dazu mehrfach aufgerufen hatte und dabei ihr Recht auf freie
Meinungsäußerung betonte, wurde sie in zwei Verfahren verurteilt, zuletzt
am Dienstag, zu nun insgesamt 22 Monaten Haft. „Die Botschaft dieses
Urteils ist, dass das Anzünden einer Kerze schuldig macht, dass Worte
schuldig machen“, sagte sie vor Gericht. „Der einzige Weg, Redefreiheit zu
verteidigen, ist, sich zu äußern.“ Das wahre Verbrechen sei, „Mörder mit
Gesetzen zu decken und Opfer im Namen des Staates auszuradieren“.
Bereits im September hatte Chow nach Razzien und ersten Verurteilungen
bisheriger Führer die Selbstauflösung der Allianz mit beschließen müssen.
5 Jan 2022
## LINKS
[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Tian%E2%80%99anmen-Massaker
## AUTOREN
Sven Hansen
## TAGS
Hongkong
Menschenrechte
Tiananmen
KP China
Schwerpunkt Pressefreiheit
Hongkong
China
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