# taz.de -- Olympia 2022 – Dabei sein verboten (8): Der Gewerkschafter | |
> Der Hongkonger Lee Cheuk-yan kämpft seit Jahrzehnten für Demokratie und | |
> soziale Gerechtigkeit. Seinen 65. Geburtstag wird er im Gefängnis | |
> verbringen. | |
Bild: Hat über Jahrzehnte die Hoffnung nicht aufgegeben: Lee Cheuk-yan | |
Seinen 65. Geburtstag verbringt der Hongkonger Gewerkschafter, | |
Demokratieaktivist und Politiker Lee Cheuk-yan an diesem Samstag im | |
Gefängnis. Wegen [1][Aufrufen zu zwei Demonstrationen], die auf Druck | |
Pekings verboten wurden, sitzt er in Hongkonger Haft. Er und die von ihm | |
geführten Organisationen, die sich inzwischen auflösen mussten, | |
symbolisieren Pekings Kontrolle über Hongkong und das Ende der Autonomie. | |
Lee saß erstmals im Juni 1989 in Peking im Gefängnis. Wie viele Hongkonger | |
war er elektrisiert von der Demokratiebewegung auf dem Tiananmen-Platz. Er | |
organisierte mit anderen ein Solidaritätskonzert und reiste nach Peking, um | |
die Spenden zu übergeben. Doch das Militär war schneller, schoss die | |
Proteste zusammen und nahm Lee fest. Nach Verhandlungen der britischen | |
Hongkong-Regierung kam er frei. | |
Seitdem war er in der „[2][Hongkonger Allianz zur Unterstützung der | |
patriotisch-demokratischen Bewegungen in China“] aktiv, zuletzt als deren | |
Vorsitzender. Die Allianz rief jährlich zur großen Gedenkveranstaltung an | |
das Massaker auf und mobilisierte stets Zehn- bis Hunderttausende. 2020 | |
wurde das Gedenken verboten, zunächst unter dem Vorwand der Pandemie. | |
Inzwischen gilt das Nationale Sicherheitsgesetz, das in Hongkong alle | |
Peking-kritisichen Aktivitäten unter Strafe stellt. Das Schicksal betraf | |
auch das von Lee gegründete [3][Tiananmen-Museum], das an Chinas damalige | |
Protestbewegung wie ihre Niederschlagung erinnerte. | |
## Einführung des Mindestlohns | |
Wie viele Hongkonger stammt auch Lee, der Ingenieurwesen studierte, vom | |
Festland. Schon als Student war er in Arbeiterorganisationen aktiv. 1990 | |
gründete er die Confederation of Trade Unions (HKCTU) mit und wurde später | |
Generalsekretär dieses unabhängigen Gewerkschaftsverbandes. Der stand in | |
Konkurrenz zu dem von Peking kontrollierten größeren Verband HKFTU. Im | |
letzten Monat der Kolonialherrschaft konnte Lee, der inzwischen auch ins | |
Parlament gewählt worden war, das Recht der Gewerkschaftsverbände zu | |
Flächentarifverhandlungen durchsetzen. Das wurde nach Rückgabe der Stadt an | |
China 1997 mithilfe der konkurrierenden HKFTU gleich wieder gekippt. | |
„Lees größte Erfolge waren zwei Streiks 2007 und 2013 und die Einführung | |
des Mindestlohns 2011,“ sagt der exilierte linke Hongkonger Aktivist und | |
[4][taz-Blogger Au Loong-Yu]. „Erfolglos blieb Lee mit der von ihm 2011 | |
gegründeten Arbeiterpartei“. 2016 verlor er überraschend seinen | |
Parlamentssitz. Doch behielt Lee anders als viele Hongkonger Demokraten | |
stets die sozialen Fragen im Blick und erklärte zum Haftantritt, weiter für | |
Demokratie kämpfen zu wollen. | |
11 Feb 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Repressives-Klima-in-Hongkong/!5775487 | |
[2] https://www.facebook.com/hkalliance | |
[3] /Museumsgruender-ueber-25-Jahre-Tiananmen/!5040803 | |
[4] https://blogs.taz.de/china-watch/ | |
## AUTOREN | |
Sven Hansen | |
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