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# taz.de -- Tourismus in Barcelona: Weniger Kreuzfahrten und Billigflieger
> Barcelonas Stadtverwaltung und die Tourismusbranche möchten weg vom
> „Overtourism“. Die Zwangspause durch die Pandemie scheint dabei zu
> helfen.
Bild: Beliebte Stadt am Meer: Touristen schauen vom Parc del Guinardó auf Barc…
Madrid taz | 2020 brach das Geschäft mit den Touristen völlig ein.
Normalerweise macht es in der katalanischen Metropole rund 15 Prozent der
Wirtschaftskraft aus. 2020 waren es gerade einmal 4 Prozent. 80 Prozent der
Besucher blieben damals aus. Jetzt – seit diesem Frühjahr – hat sich der
Tourismus fast komplett erholt.
Doch etwas hat sich geändert: „Wir haben weniger Billigflieger, weniger
Kreuzfahrtschiffe, die hier einfach nur für acht Stunden festmachen, und
die Hotelpreise im Zentrum sind gestiegen“, weiß Xavier Marcé, der
Tourismusbeauftragte in der Stadtverwaltung unter der linksalternativen
Bürgermeisterin Ada Colau, zu berichten. Das führt zu einer anderen Art von
Besucher:innen.
„Sie bleiben im Schnitt fast vier Nächte, eine Nacht mehr als 2019“,
erklärt Marcé. Das sei ein Schritt in die richtige Richtung. Denn er will
Qualität statt Quantität. Oder einfacher ausgedrückt: Besucher, die länger
bleiben und Geld dalassen, anstatt Lowcost-Kurztouristen, die von
Billigfliegern in die Stadt gespült werden. „Wir wollen nicht mit
Billigreisezielen konkurrieren“, sagt Marcé. Barcelona müsse mehr sein als
Gaudí, Fußball und Party am Wochenende.
Die Stadtverwaltung unter Bürgermeisterin Colau will den [1][Tourismus
verträglicher] machen. Dezentralisierung heißt eines der Konzepte. So wurde
etwa ein Stopp für den Ausbau der Bettenkapazitäten in der Innenstadt
erlassen. Nur in einigen weiter außerhalb gelegenen Stadtteilen können
Hotels entstehen oder ausgebaut werden, so eine Erlass für
Touristenunterkünfte aus dem Jahr 2016. Zwischen 2017 und 2020 ging das
Angebot an Übernachtungsplätzen im Zentrum um 940 zurück, während in den
restlichen Stadtteilen 2.400 neue Plätze entstanden. „Wir schaffen neue
Attraktionen in den Stadtteilen“, sagt Marcé. Es geht ihm um Kultur, um
Technologie, Design und Bildung.
Dezentralisierung mithilfe einer App
Als Beispiel dafür, wie das aussehen kann, dient ihm das Poble Nou, der
sogenannte Distrikt 22@. Das ehemalige Industriegebiet wurde in den letzten
Jahren zum Aushängeschild für [2][moderne Architektur], Start-ups und
schicke Showrooms. Immer mehr Touristen besuchen die Gegend. Hotels und
Restaurants entstanden.
Doch das ist nicht alles. Im Rahmen einer allgemeinen Verkehrsberuhigung
der Innenstadt wurden auch die Busbahnhöfe ausgebaut, um die Reisebusse
aufzunehmen. Dort steigen die Tagesbesucher von den Mittelmeerstränden auf
den öffentlichen Nahverkehr um, oder fahren mit den Sightseeingbussen
weiter. Diese helfen, den Tourismus besser zu verteilen, indem neue Ziele
angefahren werden.
Hinzu kommt eine vor wenigen Wochen geschlossene Vereinbarung mit den
Reiseführern. Künftig werden die Gruppen in der Altstadt nicht größer als
30 Personen sein und die Führer sprechen sich über die Routen ab, damit
nicht zu viele Gruppen zeitgleich bei den wichtigen Touristenmagneten
auftauchen. Auch bei beliebten Gebäuden, Parks und Museen wird der Ansturm
geregelt.
Dabei soll künftig ein Projekt helfen, für das María Muro, Chefin des
Konsortiums Barcelona Turisme, in dem neben der Verwaltung auch die
Industrie- und Handelskammer vertreten ist, seit Jahren wirbt. Es geht
darum, Tourismusströme mittels Big Data zu lenken. „Wir werden auf einer
eigenen Plattform alle Informationen über die Besucher sammeln, bevor sie
kommen, solange sie da sind und nach der Reise“, sagt sie. Den Besuchern
wird eine App zur Verfügung stehen, die in Echtzeit zeigt, was wann und wo
geschieht und je nach eingegeben Vorlieben ständig Empfehlungen ausspricht.
Regierung stellt Geld zur Verfügung
„Wenn du etwa in der Nähe der Pedrera bist, wird dir angezeigt, dass dort
gerade sehr viele Besucher sind. Doch die App empfiehlt aber unter
Umständen auch, hinzugehen und Eintrittskarten für einen günstigeren
Zeitpunkt zu lösen“, sagt Muro. Das bringe nicht nur besseren Service für
die Besucher, sondern helfe auch „Warteschlagen zu verhindern“.
Vorbei seien damit die Zeiten, in denen die Bewohner Zickzack zwischen
Touristenansammlungen laufen müssen. „Das Thema ist: Wie machen wir aus
einem Reichtum, den wir haben, ein Produkt, das nicht ‚giftig‘ ist?“, fas…
sie zusammen.
Dank der Coronahilfen aus der EU bekommt Barcelona nun von der spanischen
Regierung das Geld, diese Pläne umzusetzen. 2023 soll damit begonnen
werden, spätestens 2025 soll die „Digitalisierung der Touristenströme“ da…
endgültig Realität sein, verspricht Marcé.
26 Aug 2022
## LINKS
[1] /Tourismus-und-Corona-in-Spanien/!5707775
[2] /Architekturfuehrer-fuer-Barcelona/!5561360
## AUTOREN
Reiner Wandler
## TAGS
Reiseland Spanien
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