# taz.de -- Sommer der Kultur in Berlin: Alles für umme | |
> Noch nie war in Berlin so viel verschiedene Kultur für so wenig Geld zu | |
> erleben. So macht das Leben in der Stadt richtig Freude. | |
Bild: Umsonst und draußen: Konzert im Hof des Humboldt Forums Ende Juli | |
Während der vergangenen Wochen war ich abends ständig unterwegs, auf | |
Konzerten, im Kino. Alles für umsonst. Im Humboldt Forum lief fast einen | |
Monat lang das formidable Draußen-Festival „Durchlüften“. Knarf Rellöm, | |
Hamburgs bester Soul-, Funk-, Jazz- und Popverwurster, trat dort | |
beispielsweise auf. Für umme. Und auf den Dokumentarfilm „Liebe, D-Mark und | |
Tod“ über die Geschichte türkischer Musik in Deutschland, der bei der | |
Berlinale im Frühjahr seine Premiere feierte, war ich schon lange | |
neugierig. Hier lief er und kostete noch nicht mal Eintritt. | |
In der ehemaligen Stasi-Zentrale in Lichtenberg läuft noch bis Anfang | |
September ein gut kuratiertes Filmfestival, bei dem man ebenfalls den | |
Geldbeutel zu Hause lassen kann. Im Haus der Kulturen der Welt kostet | |
zumindest derzeit praktisch keine Veranstaltung oder Ausstellung noch | |
etwas. Und wo wir gerade beim Thema sind: Im Görlitzer Park kann man auf | |
einer Freizeit- und Sportanlage jetzt sogar kostenlos kickern oder Billard | |
spielen. | |
Die Senatskulturverwaltung hatte einen tollen Kultursommer versprochen, den | |
man sich auch leisten kann, und sie hat tatsächlich Wort gehalten. Gerade | |
kann sich jeder und jede zumindest ein bisschen Kultur gönnen, auch wenn | |
gleichzeitig die Butter, der Döner, der Eintritt fürs Tote-Hosen-Konzert, | |
eigentlich alles, rasant teurer wird. | |
Fragt sich nur, was im Winter passiert, wenn Corona massiv zurückkehrt und | |
die Gaspreise explodieren? Wird es dann heißen: Oper und Museen als | |
Inflationsausgleich ab sofort für alle für lau? Wahrscheinlich nicht: Von | |
einem kommenden Kulturwinter spricht aktuell jedenfalls noch niemand. | |
Aber vorerst geht es ja zum Glück erst einmal weiter mit dem Umsonst & | |
Draußen. So auch beim sehnlichst erwarteten Volksfest der DKP am 27. und | |
28. August am Rosa-Luxemburg-Platz, das wahrscheinlich die Gaudi des Jahres | |
wird. Und das bei freiem Eintritt. Freuen kann man sich auf ein buntes | |
musikalisches Programm, das von Swing über Bigband-Sound bis hin zu | |
Liedermacher-Weisen reicht. | |
Aber das ist ja noch längst nicht alles. Alle reden nur noch über die | |
Ukraine? Nicht bei der DKP, denn die verspricht, auch sehr viel über Kuba | |
reden zu wollen. Was aber nicht heißt, dass das Thema Ukraine zu kurz | |
kommen würde. Vielmehr darf man als Besucher darauf hoffen, endlich auch | |
Einlass zu finden in eine Parallelwelt, in der sich die DKP und Konsorten | |
längst ausschließlich bewegen, und in der Putin beruhigenderweise immer | |
noch der nette Onkel ist, der schon weiß, was er tut. | |
Interessant dürfte besonders eine Veranstaltung werden, auf der es um | |
„Solidarität mit dem Donbass“ gehen soll. In einer Selbstbeschreibung des | |
Events heißt es, alle würden vom Krieg in der Ukraine reden, „am lautesten | |
die, die den Krieg der Ukraine gegen die Volksrepubliken des Donbass zuvor | |
acht Jahre lang ignoriert haben“. Vielleicht verteilt die DKP sogar ein | |
paar der Drogen, die bei ihr so rumzugehen scheinen, auf ihrem Volksfest. | |
Der Komiker Egon Krenz wird ebenfalls zugegen sein. Auch dessen Lesung aus | |
seinem neuen Buch, in dem man exklusiv erfährt, wie es in der DDR wirklich | |
war – eigentlich ziemlich dufte –, kostet sensationellerweise gar nichts. | |
25 Aug 2022 | |
## AUTOREN | |
Andreas Hartmann | |
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