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# taz.de -- Jahresbericht zu Diskriminierung: Dauerbrenner Barrierefreiheit
> Menschen mit Behinderung sind häufig von Diskriminierung betroffen. Es
> ist überfällig, dass Dienstleister stärker in die Pflicht genommen
> werden.
Bild: Über eine Rampe aus der S-Bahn: Noch längst sind Bahnhöfe nicht übera…
Sonntag am Bahnhof in Gießen. Der erwartete IC kommt nicht, die Begründung
dafür umso schneller: „Sehr geehrte Fahrgäste. Die Ankunft des Zuges
verzögert sich um 15 Minuten. Grund dafür ist die Hilfe beim Ein- und
Ausstieg“. Eine harmloser Erklärung, hinter der die meisten Menschen wohl
keine Diskriminierung sehen.
Doch ein Blick auf die Anzeigetafel macht klar: Der Grund für die
Verspätung ist eine fehlende Rampe. Der IC ist nicht barrierefrei, die
Verspätung verursachende Hilfe für Menschen mit Mobilitätseinschränkungen
ist ein Problem der Deutschen Bahn. Benannt wird es nicht so.
Menschen mit Behinderung erleben solche Situationen in öffentlichen
Transportmitteln zu häufig. Sie werden am Bahnsteig stehen gelassen oder
können nicht an dem Halt aussteigen, wo sie hin wollen. Menschen im
Rollstuhl müssen ihre Fahrten teilweise lange im Voraus anmelden.
Doch [1][fehlende Barrierefreiheit bei der Bahn] ist nur ein Bereich, wo
Menschen mit Behinderung Diskriminierung erfahren. Etliche Beispiele finden
sich [2][auf dem Arbeitsmarkt], Wohnungsmarkt oder [3][im
Gesundheitswesen]. Letzteres zeigte sich auch [4][verstärkt in der
Coronapandemie].
Die Zahlen, die [5][Ferda Ataman als Antidiskriminierungsbeauftragte] am
Dienstag vorstellte, überraschen deshalb nicht. Nach rassistischer
Diskriminierung sind am zweithäufigsten Menschen mit Behinderung und
chronischen Krankheiten von Diskriminierung betroffen. Unter dem
[6][Hashtag #AbleismTellsMe] berichten Betroffene regelmäßig in sozialen
Netzwerken darüber.
## Beschwerden kosten Kraft
Schon lange fordern Menschen mit Behinderung, dass im Allgemeinen
Gleichbehandlungsgesetz verankert wird, dass private Anbieter von
Dienstleistungen dazu verpflichtet werden Barrierefreiheit zu schaffen. Es
ist begrüßenswert, dass die [7][Antidiskriminierungsstelle des Bundes] das
Thema stärker in den Blick nehmen will. Es ist noch besser, dass sich
Menschen bei der Bundesstelle melden und auf die Fälle aufmerksam machen
und sie bemängeln. Aber auch das erfordert Kraft und Zeit. Nicht alle haben
diese.
Viel zu oft bleibt es bei politischen Ankündigungen, dass etwas besser
werden soll. Barrierefreiheit ist in dieser Hinsicht ein Dauerbrenner. Doch
die Reform des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz und die schnelle
Umsetzung ist überfällig – die [8][Teilhabe am politischen und öffentlichen
Leben] ist in der UN-Behindertenrechtskonvention festgeschrieben. Das
sollten alle ernst nehmen – auch die Verantwortlichen bei der Deutschen
Bahn. Denn Inklusion ist nie ein Gefallen, schon aber eine Frage der
Haltung.
16 Aug 2022
## LINKS
[1] /Bahn-nicht-barrierefrei/!5870324
[2] /Arbeit-in-Behindertenwerkstaetten/!5867082
[3] /Ral-Krauthausen-ueber-BVerfG-Urteil/!5821966
[4] /Corona-Risikogruppe/!5676394
[5] /Ferda-Ataman-ueber-Kritik-an-Nominierung/!5869271
[6] https://twitter.com/search?lang=de&q=%23ableismtellsme
[7] /Antidiskriminierungsstelle-des-Bundes/!5797338
[8] /Forderung-nach-Mindestlohn/!5808583
## AUTOREN
Linda Gerner
## TAGS
Ferda Ataman
Gesundheitspolitik
Menschen mit Behinderung
Antidiskriminierungsstelle
Leben mit Behinderung
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