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# taz.de -- Wassermusik-Festival in Berlin: Dem Tod ein Stückchen davongetanzt
> Bei der Wassermusik am Berliner Haus der Kulturen der Welt durfte man
> entspannt entdecken. Damit es es nun mit diesem Sommer wohl vorbei.
Bild: Musik mit Blick auf imposante Baumoderne: der Charme der Wassermusik
Wenn es um letzte Male geht, hat man natürlich gleich dieses Lied der
Rolling Stones im Ohr, in dem Mick Jagger so schön seufzend festhält, well
this could be the last time, maybe the last time, und dann, eine
klitzekleine Hoffnung lassend: I don't know, oh no, oh no.
Als die Stones vor wenigen Tagen zum Abschluss [1][ihrer aktuellen
Europatournee] in der Berliner Waldbühne spielten, war das auch allerorten
in den Medien als Refrain zu hören, dass das nun wirklich das letzte Mal
gewesen sein könnte – live mit den Stones, oh no, oh no… Aber hier soll es
mal gar nicht um die Stones gehen. Gibt ja noch andere Letztmaligkeiten. Am
Wochenende musste man in Berlin Abschied nehmen von einer Konzertreihe, die
man über die Jahre fest im Kalender notiert hatte. Stichwort: nicht zu
versäumendes Sommervergnügen.
Der Charme der Konzerte dieser Reihe, Wassermusik heißt sie, verdankt sich
auch dem Ort: Mit der Bühne auf der Dachterrasse vom Haus der Kulturen der
Welt (HKW), im Rücken die Spree, hinter der sich bei der zweiten Band des
Abends immer die Sonne zurückzieht, während sie bei der ersten ihr Licht
über diese Szenerie ausschüttet.
So war das wieder am Samstag: Sonne. Sommer. Menschen, die sich entspannen
wollen und das ganz entspannt tun. Frauen, Männer, was auch immer.
Auffallend viel mehr Frauen aber als sonst bei Clubkonzerten.
## Wassermusik und Rolling Stones
Im Vergleich zu den 60 Bühnenjahren der Stones wären die 13
Wassermusik-Runden, die man bisher drehen durfte, durchaus noch
ausbaufähig. Doch Ende dieses Jahres [2][wechselt die HKW-Intendanz], auch
das komplette Macherteam scheidet aus.
Im Gegensatz zu den Stones hörte man bei der Wassermusik bei einem sehr
weiten Musikbegriff deutlich mehr als den Rhythm & Blues. Die Südsee, die
Karibik, selbst die Wüste wurde hier musikalisch bereist. An der Donau
entlang hörte man Balkanmusiken und von noch weiter weg kolumbianische
Cumbia und den Thai-Trance-Funk von der [3][Paradise Bangkok Molam
International Band]. Rai-Superstar Khaled war mal da und die
Bollywood-Legende Asha Bhosle.
Immer gab es hier etwas Besonderes zu hören. Oft genauso bodenständig wie
abgedreht – was sich schlicht daraus ergibt, dass das Bodenständige von
anderswo hier halt unvertraut und schräg klingen kann. So wie etwa dieses
dumpfe grummelnde Wissen tief im Inneren der Cajun-Musik, dass man bei all
den Good Times, die da rollen sollen, doch eigentlich nur dem Tod ein
Stückchen davontanzt.
Der Mississippi ist das diesjährige Leitmotiv der Wassermusik. Der Fluss,
an dem fast alles, was an US-Musik Bedeutung hat, [4][ihren Ursprung hat].
Cajun war also zu hören, der Blues und der Jazz, was sich alles noch mal
zum Schluss in den eindringlichen folkinspirierten Liedern von [5][Leyla
McCalla] wiederfand, die mit ihrer Band haitianische Traditionen dazu
mischte.
Halt wieder ein stimmungsvolles Konzert in anregender Umgebung, bei der
Wassermusik. Wird wohl das letzte Mal gewesen sein, oh no, oh no!
14 Aug 2022
## LINKS
[1] /Livekonzerte-und-das-Coronavirus/!5865234
[2] /Kurator-ueber-Kunst-als-Heilung/!5780128
[3] /Thai-Folk-aus-Bangkok/!5039774
[4] /300-Jahre-New-Orleans/!5525517
[5] /Old-Time-Music-von-Layla-McCalla/!5303584
## AUTOREN
Thomas Mauch
## TAGS
Schwerpunkt Stadtland
Kolumne Großraumdisco
Haus der Kulturen der Welt
Popmusik
Festival
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Konzert
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