# taz.de -- Zukunft des Nahverkehrs: Für 'n Appel und 'n Ei durchs Land | |
> Der Hamburger Verkehrsverbund wertet das 9-Euro-Ticket als Erfolg. Der | |
> Senat will als Fortsetzung eine ÖPNV-Flatrate für ganz Deutschland. | |
Bild: Ob in Hamburg, Hannover oder Osnabrück: Mit dem 9-Euro-Ticket lässt sic… | |
Hamburg taz | Der rot-grüne Hamburger Senat bewertet das 9-Euro-Ticket als | |
Erfolg und möchte den Schwung nutzen, um dem öffentlichen Nahverkehr in | |
ganz Deutschland einen Schub zu geben. „Wir brauchen eine deutschlandweite | |
Flatrate für den Nahverkehr“, sagte Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne) | |
vor der Landespressekonferenz. | |
Dass er sich das zu fordern traut, liegt an den Ergebnissen der | |
Marktforschung, die der Hamburger Verkehrsverbund (HVV) im Juni und Juni | |
betrieben hat – den beiden ersten Monaten, in denen das 9-Euro Ticket galt. | |
Das Ticket war von der Ampelkoalition in Berlin als Gegenstück zum | |
Tankrabatt für Autofahrer eingeführt worden und soll die Belastung durch | |
den Ukraine-Krieg dämpfen. Mit dem Ticket, das auch noch für den August zu | |
erwerben ist, könnten in ganz Deutschland Busse und Bahnen im Nah- und | |
Regionalverkehr genutzt werden. | |
Allein im HVV-Verbandsgebiet, das im wesentlichen Hamburg und die | |
benachbarten Landkreise umfasst, seien in den beiden ersten Monaten 1,8 | |
Millionen Tickets verkauft worden, sagte HVV-Geschäftsführerin Anna-Theresa | |
Korbutt bei der Pressekonferenz. [1][Bundesweit seien es 31 Millionen. „Das | |
sind hervorragende Ergebnisse], die alles übertroffen haben, was wir uns | |
erhofft hatten“, sagte Korbutt. | |
## Fünf Millionen Autofahrten weniger pro Monat | |
Mit Hilfe des 9-Euro-Tickets habe der HVV im Juni erstmals wieder die | |
Fahrgastzahl der Vor-Corona-Zeit erreicht. Allein von Mai zu Juni sei die | |
Zahl der Fahrgäste um 20 Prozent gestiegen. Sechs Prozent der Fahrten | |
hätten nach der Erhebung des HVV ohne das Ticket nicht stattgefunden. 19 | |
Prozent wären mit anderen Verkehrsmitteln bewältigt worden, darunter allein | |
12 Prozent mit dem Auto. Das seien vier bis fünf Millionen Autofahrten | |
weniger pro Monat, sagte die HVV-Geschäftsführerin. | |
Der große Vorteil des Tickets – neben den geringen Kosten – liege darin, | |
dass es bundesweit gelte, sagte Verkehrssenator Tjarks. Wer sich in einer | |
fremden Stadt bewegen wolle, müsse sich nicht erst mit einem unbekannten | |
Tarifsystem auseinandersetzen, sondern könne einfach losfahren. Das senke | |
die Hemmschwelle zur Nutzung. Dazu komme, dass das Ticket direkt auf das | |
Handy geladen werden kann. Unterm Strich ergebe das „einen bombastischen | |
Gewinn an Freiheit“, sagte Tjarks. | |
Diese Vorzüge würde der Grünen-Politiker gern mit einem [2][Folgeangebot | |
nach dem Auslaufen des 9-Euro-Tickets] erhalten. Als bisher am meisten | |
durchdacht erscheine ihm ein Vorschlag des Verbandes Deutscher | |
Verkehrsunternehmen (VDV), der ein bundesweit gültiges Monatsticket für 69 | |
Euro ins Spiel gebracht hatte. Politiker der CDU forderten ein | |
365-Euro-Jahresticket, ebenso der Umweltverband BUND. | |
## Einfache Handhabung und Kostengünstigkeit | |
Das 9-Euro-Ticket hat nach Ansicht von Tjarks auch gezeigt, dass das | |
öffentliche Verkehrssystem in Deutschland an Kapazitätsengpässen leide. | |
Hier müsse mehr Geld investiert werden. „Wir brauchen eine nationale | |
Kraftanstrengung, um den öffentlichen Nahverkehr auf eine neue Stufe zu | |
heben“, findet Tjarks. Der rot-grüne Senat werde sich dafür einsetzen, dass | |
diese gelinge. „Das Erreichte verfallen zu lassen, ist für uns keine | |
Option“, versicherte auch Ole-Thorben Buschhüter, der Fachsprecher der | |
SPD-Bürgerschaftsfraktion. | |
Vor einigen Tagen hatte der niedersächsische Verkehrsminister Bernd | |
Althusmann (CDU) bereits ein Nachfolgemodell für das 9-Euro-Ticket ins | |
Spiel gebracht. Das Projekt besteche durch einfache Handhabung und | |
Kostengünstigkeit. Indes habe die Aussage des Bundesverkehrsministers, | |
„dass man jetzt schauen müsse, wie die Länder das finanzieren wollen“, bei | |
den Ländern für Unverständnis gesorgt. „Der Bund ist sowohl finanziell als | |
auch rechtlich in der Pflicht, den Erfolg weiterzuführen“, sagte | |
Althusmann. [3][Nach dem Grundgesetz ist der Bund verpflichtet, den | |
öffentlichen Nahverkehr zu finanzieren]. | |
„Sollte sich [4][der Bund nicht zu einer Anschlusslösung bewegen lassen, so | |
würde sich Niedersachsen bemühen], mit den weiteren vier norddeutschen | |
Bundesländern ein ÖPNV-Ticket für den Norden auf die Beine zu stellen“, | |
kündigte Altusmann an. Ob das nötig sein wird, dürfte sich bei den nächsten | |
Bund-Länder-Verhandlungen am 19. August zeigen. | |
Unabhängig davon [5][will der HVV den Schwung für eine Werbekampagne | |
nutzen]. Er verlost 9-Euro-Jobtickets für ein ganzes Jahr. Und wer sich bis | |
Ende August für ein Jobticket entscheidet, erhält es bis Jahresende als | |
9-Euro-Ticket. | |
2 Aug 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Podcast-Bundestalk/!5869666 | |
[2] /Vor-Ende-der-OePNV-Flatrate/!5867789 | |
[3] http://xn--Sollte%20sich%20der%20Bund%20nicht%20zu%20einer%20Anschlusslsung… | |
[4] /Nachfolge-fuer-9-Euro-Ticket/!5866833 | |
[5] https://www.hvv.de/ | |
## AUTOREN | |
Gernot Knödler | |
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