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# taz.de -- Nahverkehr-Chaos in Hannover: Schlechter als die Deutsche Bahn
> Seit Juni wird der S-Bahn-Verkehr in Hannover vom Unternehmen Transdev
> betrieben. Seither gibt es Klagen über ausgefallene oder verspätete Züge.
Bild: Kommt häufig spät, manchmal gar nicht: S-Bahn der Transdev in Hannover
Hamburg taz | Dass mancher Anfang holprig sein kann, dafür hat Ulrich
Grunert vom [1][Fahrgastverband Pro Bahn Niedersachsen] Verständnis. Doch
die Geduld ist mittlerweile aufgebraucht: Seit im Großraum Hannover ein
neues Verkehrsunternehmen den S-Bahn-Betrieb übernommen hat, herrscht an
den Dutzenden Bahnhöfen in der Landeshauptstadt und im Umland mitunter
Chaos.
Züge kommen nicht, manche Loks führen in den Stoßzeiten nur einen Wagen mit
sich, mitunter werden [2][Fahrgäste wegen Überfüllung wieder zum Ausstieg
gezwungen]. „Wir erleben im S-Bahn-Betrieb seit bald drei Monaten
dauerhafte und diverse Probleme“, sagt Grunert.
Seit dem Jahr 2000 hatte die DB Regio die S-Bahn im Großraum Hannover
betrieben. Damals war der S-Bahn-Verkehr im Zuge der Weltausstellung Expo
massiv ausgeweitet worden: Neue Haltestellen in der Region kamen hinzu, ein
Großteil der Strecken, auf denen auch Regionalbahnen verkehren, wurden
mehrgleisig ausgebaut.
DB Regio ist eine 100-prozentige Tochtergesellschaft der Deutschen Bahn und
wollte den Nahverkehr auch weiterhin betreiben, doch bei der Ausschreibung
für den Betrieb im Zeitraum von 2021 bis 2034 ging die DB Regio leer aus.
Stattdessen erhielt die Nordwestbahn (NWB) den Zuschlag.
## Besserung versprochen
Die NWB jedoch, deren Züge seit vielen Jahren im Westen Niedersachsens und
in Nordrhein-Westfalen rollen, wollte den S-Bahn-Verkehr in Hannover gar
nicht selbst betreiben. Stattdessen wurde der Zuschlag an die neugegründete
Transdev Hannover übertragen.
Hintergrund: Die NWB ist eine Tochter der Transdev GmbH, die wiederum eine
[3][Tochtergesellschaft des französischen Bahnkonzerns Transdev] ist.
Konzernintern wurde der Betrieb also an eine aus der Taufe gehobene GmbH
weitergereicht. Seit Mitte Juni hat Transdev den gesamten S-Bahn-Betrieb in
der Region Hannover übernommen.
Schon in den ersten zwei, drei Wochen häuften sich beim Fahrgastverband Pro
Bahn die Beschwerden über ausgefallene und verspätete Züge sowie über eine
mangelhafte Informationspolitik. Transdev erklärte dies zunächst mit einem
ungewöhnlich hohen Krankenstand in der Belegschaft und versprach Besserung
auch in direkten Gesprächen mit dem Fahrgastverband. „Von den Versprechen
wurde bislang nichts eingehalten“, sagt Grunert nun.
Seit rund zwei Wochen verkehren auch noch vermehrt Züge mit nur wenigen
Waggons. Nach Angaben von Transdev sei das die Folge unterschiedlicher
äußerer Umstände: „So gab es im Sommer, wie in anderen Branchen ebenfalls,
auch im Verkehrswesen unter anderem Verzögerungen beim Bereitstellen der
Schienenfahrzeuge. Eine Rolle spielen zudem die bei allen Betreibern in
regelmäßigen Intervallen laufenden Wartungen“, teilt Transdev mit. Hinzu
kämen Lieferengpässe und hoher Krankenstand bei den
Wartungsmitarbeiter:innen.
## Auto wird zur Alternative
[4][Gegenüber der Deister-Weser-Zeitung], aus Hameln, von wo aus viele
Pendler:innen täglich auf die Züge nach Hannover angewiesen sind, gaben
Leser:innen bereits an, nicht mehr die Bahn nutzen zu wollen.
Stattdessen würden sie nun wieder das Auto für die Strecke nehmen. „So
bitter es ist, ist es absolut nachvollziehbar“, sagt Grunert dazu.
Grunert hält mittlerweile die Erklärungen, die das Unternehmen wegen der
Probleme anführt, für vorgeschoben – an Besserung glaubt er nicht mehr.
„Natürlich könnte man nun überlegen, den Vertrag mit Transdev auch fristlos
zu kündigen“, sagt Grunert. Fallen Züge aus oder verspäten sich, kann das
für die Unternehmen Strafen nach sich ziehen. Für den Fahrgastverband sind
das allerdings mittlerweile zu kurz greifende Reaktionen.
Während sich die für den hannoverschen Nahverkehr zuständige
Niedersächsische Landesnahverkehrsgesellschaft (LNVG) und die Region
Hannover mit Kritik am Vertragspartner Transdev bislang noch zurückhielten,
ändert sich dies gerade: Ulf-Birger Franz, Verkehrsdezernent der Region
Hannover, sagt nun, dass sich die Region vorbehält, den Vertrag mit
Transdev zu kündigen, sollte sich die Situation bis zu den kommenden
Herbstferien nicht bessern.
Der Fahrgastverband übt allerdings auch an der Region und der LNVG Kritik:
Schon die damalige Ausschreibung habe die jetzige Situation vorherbestimmt:
„Es gewinnt der, der sagt, es am billigsten zu machen“, sagt Grunert. Ob
der billigste Anbieter dann aber auch die versprochene Qualität mitbringe,
werde kaum als Bedingung berücksichtigt.
Dieser Ansicht allerdings hatte Transdev-Chef Tobias Heinemann allerdings
schon in der Vergangenheit vehement widersprochen: „Transdev gibt
ausnahmslos seriös kalkulierte Angebote ab, die auf Qualität, Stabilität
und Zuverlässigkeit für unsere Fahrgäste ausgerichtet sind“, sagte er
kürzlich.
7 Sep 2022
## LINKS
[1] /Zukunft-des-Nahverkehrs/!5868001
[2] /Folgen-des-9-Euro-Tickets/!5858058
[3] /Nachtzugverbindungen-in-Europa/!5784131
[4] https://www.dewezet.de/region/hameln_artikel,-genervte-sbahnkunden-betroffe…
## AUTOREN
André Zuschlag
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ÖPNV
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Bahnverkehr
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