| # taz.de -- Folgen der Gaskrise: Kohleausstieg 2030 in Gefahr | |
| > Ein Selbstläufer sei der frühere Kohleausstieg nicht mehr, warnt eine | |
| > Wirtschaftsweise. Die Regierung müsse jetzt feste Beschlüsse fassen. | |
| Bild: Rauchender Schlot am Steinkohlekraftwerk Scholven in Gelsenkirchen | |
| Berlin taz | Nun soll es offiziell werden: Klimaschädliche Kohlekraftwerke, | |
| deren Ende eigentlich schon besiegelt ist, dürfen länger am Netz bleiben. | |
| So soll Erdgas als Energieträger im Stromsektor eingespart werden. | |
| Eine entsprechende Verordnung will das Kabinett am Mittwoch beschließen, | |
| die dann auch gleich diese Woche in Kraft trete, wie es aus Kreisen des | |
| Wirtschaftsministeriums hieß. Mit den anderen Ministerien sei das schon | |
| abgestimmt. | |
| Demnach geht es erst mal um Steinkohlekraftwerke, die nur noch in Reserve | |
| gehalten werden oder bei denen die Abschaltung eigentlich kurz bevorsteht. | |
| „Die Anlagen müssen technisch in einen Zustand versetzt werden, der einen | |
| dauerhaften Betrieb am Strommarkt erlaubt“, heißt es in einem Papier aus | |
| dem Wirtschaftsressort. | |
| Das Ganze ist vorerst bis zum kommenden April befristet. Die aktuelle | |
| Energiekrise bringt aber auch die langfristige energiepolitische Planung | |
| der Ampelregierung durcheinander. Die will ja eigentlich [1][den | |
| Kohleausstieg schon 2030 absolviert haben] – acht Jahre früher, als es das | |
| Kohleausstiegsgesetz der Großen Koalition vorschreibt. Bisher galt dieses | |
| aus Klimagründen nötige Vorhaben allerdings als Selbstläufer, für den die | |
| Regierung kaum etwas hätte tun müssen. | |
| ## Gaspreis viel höher als früher gedacht | |
| Man konnte lange davon ausgehen, dass Kohlekraftwerke durch den | |
| Europäischen Emissionshandel bis 2030 sowieso unwirtschaftlich werden – und | |
| die Konzerne sie freiwillig abschalten. So müsste sich die Politik auch | |
| nicht mit Diskussionen um Entschädigungen herumschlagen, wie eine | |
| Gesetzesreform sie wahrscheinlich mit sich brächte. Eine [2][Studie] zeigt | |
| nun: Das war einmal. | |
| Hinter den Berechnungen steckt unter anderem die | |
| Wirtschaftswissenschaftlerin Veronika Grimm von der | |
| Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, die auch zu den | |
| sogenannten Wirtschaftsweisen gehört. | |
| Das Problem laut Studie: Die bisherigen Pläne gehen nicht nur von einem | |
| massiven Erneuerbaren-Boom zur Ablösung der Kohlekraftwerke aus, sondern | |
| auch [3][vom Bau neuer Gaskraftwerke]. Dass Investor:innen den | |
| freiwillig in Angriff nehmen, ist durch die unerwartet hohen Gaspreise | |
| weniger wahrscheinlich geworden. | |
| Das heißt laut Grimm und Kolleg:innen nicht, dass der Kohleausstieg | |
| jetzt bis 2030 nicht mehr zu schaffen ist. Die Politik müsse aber zügig | |
| „klare Beschlüsse über die Zeitachse“ fassen, so die Wirtschaftsweise. | |
| Sonst investiere die Wirtschaft nicht schnell genug um und setze lieber auf | |
| Kohle. Mit Laisser-faire wie bisher klappt es also nicht mehr. | |
| 12 Jul 2022 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Einigungen-der-Ampel-Parteien/!5817741 | |
| [2] http://www.wirtschaftstheorie.wiso.uni-erlangen.de/de/2022/07/12/kurzstudie… | |
| [3] /Energiewende-und-Erdgas/!5824837 | |
| ## AUTOREN | |
| Susanne Schwarz | |
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