# taz.de -- Nach Anti-Abtreibungs-Urteil des Supreme Court: Verbot in ersten US… | |
> In Kentucky, Louisiana und South Dakota sind Schwangerschaftsabbrüche ab | |
> sofort illegal. Liberalere Staaten halten die Abtreibungsfreiheit hoch. | |
Bild: Nicht nur in Washington demonstrierten gestern viele Menschen gegen das U… | |
New York | TAZ Nach der historischen Entscheidung des Supreme Court gegen | |
das bisher geltende Abtreibungsrecht treten in einigen US-Bundesstaaten die | |
ersten Verbote von Schwangerschaftsabbrüchen in Kraft – während liberalere | |
Staaten ihr Versprechen erneuern, die Rechte von ungewollt Schwangeren zu | |
schützen. | |
Am Freitagmorgen hatte das Oberste Gericht der USA ein Grundsatzurteil | |
gekippt. Seit 1973 verankerte „Roe v. Wade“ landesweit ein Recht auf eine | |
Abtreibung – und zwar bis zur Lebensfähigkeit des Fötus außerhalb des | |
Mutterleibs, also in etwa bis zur 24. Schwangerschaftswoche. Durch die | |
Entscheidung des mehrheitlich konservativ besetzten Supreme Court werden | |
Abtreibungen nicht illegal – aber es liegt nun in der Hand der | |
Bundesstaaten, ob sie das Recht zum Schwangerschaftsabbruch einschränken | |
oder gar beseitigen wollen. | |
Erwartet wird von etwa der Hälfte der Staaten, dass sie über kurz oder lang | |
Abtreibungen erschweren oder ganz verbieten. 13 Staaten hatten schon mit | |
„trigger laws“, zu deutsch etwa „Auslösergesetze“, vorgesorgt, die ab | |
sofort oder sehr bald rechtskräftig sein sollten. In vielen dieser Staaten | |
steht noch ein Zwischenschritt an, wie etwa in Missouri, wo der örtliche | |
Generalstaatsanwalt Eric Schmitt aber noch am Freitag ein Verbot | |
unterzeichnete. Damit sei der Bundesstaat im Mittleren Westen der „erste, | |
der Abtreibungen tatsächlich ein Ende setzt“, erklärte Schmitt – als | |
handele es sich um ein Wettrennen. | |
Mancherorts gelten die Auslösergesetze erst 30 Tage nach der | |
Supreme-Court-Entscheidung – das ist etwa in Idaho, Tennessee und Texas der | |
Fall. Texas war „Roe v. Wade“ schon zuvor durch eine spezielle Regelung | |
umgangen und hatte Abtreibungen nur bis zur 6. Woche zugelassen, nun kommt | |
ein Abtreibungsverbot. | |
In Kentucky, Louisiana und South Dakota gelten die neuen Gesetze sofort. | |
South Dakotas republikanische Gouverneurin Kristi Noem twitterte [1][“Heute | |
gewinnt das Leben!“]. Ein entsprechendes Gesetz „sieht vor, dass ab heute | |
alle Abtreibungen in South Dakota illegal sind“, [2][heißt es in einer | |
offiziellen Mitteilung] – es sei denn, es liege ein medizinischer Nachweis | |
vor, dass ein Abbruch nötig sei, um das Leben einer Schwangeren zu retten. | |
## Abtreibungskliniken schließen | |
In Louisiana war es mit John Bel Edwards gar ein Demokrat im | |
Gouverneursamt, der erst vor Tagen einen strikten Abtreibungs-Bann mit | |
ebenfalls wenigen Ausnahmen unterschrieb, zu denen nicht einmal | |
Vergewaltigungen oder Inzest gehören – [3][obwohl Edwards betonte, dass er | |
solche Ausnahmen befürworte]. Das bedeutet auch das Aus für die drei | |
Abtreibungskliniken des Bundesstaats in New Orleans, Shreveport und Baton | |
Rouge. [4][Nach Medienberichten] stellten diese sofort am Freitag ihre | |
Dienste ein. | |
Ähnlich sieht es in Kentucky aus, wo bisher zwei Einrichtungen in | |
Louisville Schwangerschaftabbrüche angeboten haben. „Abtreibung ist in | |
Kentucky derzeit nicht legal“, [5][heißt es auf der Website von Planned | |
Parenthood in Louisville]. „Wenn Sie eine Behandlung benötigen, können | |
unsere Mitarbeiter*innen Ihnen bei der Suche nach einem Termin helfen | |
und Sie mit den Informationen und Ressourcen versorgen, die Sie für die | |
Behandlung benötigen.“ Auch hier gibt es nur minimale Ausnahmen vom | |
Abtreibungsverbot. | |
Liberalere Staaten wie Kalifornien, Massachusetts und New York | |
positionierten sich am Freitag dagegen klar dafür, die Abtreibungsfreiheit | |
aufrecht zu erhalten. New Yorks Gouverneurin Kathy Hochul erklärte den | |
Staat erneut zum „sicheren Hafen“ für Abtreibungswillige auch aus anderen | |
Orten der USA. | |
„Der Gerichtshof hat etwas getan, was er noch nie zuvor getan hat“, | |
erklärte Präsident Joe Biden am Freitag in Reaktion auf das Urteil. Der | |
Supreme Court habe ein verfassungsmäßiges Recht aufgehoben, das „für so | |
viele Amerikaner*innen von grundlegender Bedeutung ist“. Es sei | |
brutal, dass arme Frauen wie so oft am härtesten getroffen würden. | |
Die Entscheidung des Supreme Court bedeutet für viele ungewollt Schwangere, | |
dass sie künftig für eine Abtreibung lange Strecken fahren müssen – also | |
viel Geld für Reisekosten ausgeben und sich außerdem von der Arbeit frei | |
nehmen müssen, so dass womöglich auch noch ein Verdienstausfall hinzukommt. | |
Das können sich viele nicht leisten. Vielerorts haben sich deshalb | |
Netzwerke von Spender*innen gebildet, die solche Kosten übernehmen | |
wollen. | |
25 Jun 2022 | |
## LINKS | |
[1] https://twitter.com/KristiNoem/status/1540339847176536067 | |
[2] https://news.sd.gov/newsitem.aspx?id=30323 | |
[3] https://gov.louisiana.gov/assets/docs/2022session/CortezLtr20220618SigningS… | |
[4] https://www.wwno.org/public-health/2022-06-24/all-3-abortion-clinics-in-lou… | |
[5] https://www.plannedparenthood.org/health-center/kentucky/louisville/40203/l… | |
## AUTOREN | |
Eva Oer | |
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Kristina Hänel | |
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