# taz.de -- US-Gericht zu Schwangerschaftsabbrüchen: Ende der Abtreibungsfreih… | |
> Nach 50 Jahren haben die USA das Recht auf Schwangerschaftsabbrüche quasi | |
> abgeschafft. Der Protest gegen die Entscheidung folgte sofort. | |
Bild: Washington: Abtreibungsrechtsaktivisten reagieren schockiert auf die Ents… | |
NEW YORK taz | Nach fast fünf Jahrzehnten ist die Abtreibungsfreiheit in | |
den USA passé: Der Oberste Gerichtshof der USA hat ein entsprechendes | |
Grundsatzurteil aus dem Jahr 1973 in den Vereinigten Staaten gekippt. Damit | |
ermöglicht es der Supreme Court den US-Bundesstaaten, | |
Schwangerschaftsabbrüche einzuschränken oder gar zu verbieten. Etwa in der | |
Hälfte der Staaten dürften nach allen Erwartungen in Zukunft schärfere | |
Gesetze für Abtreibungswillige oder gar Verbote gelten. 13 Staaten haben | |
[1][nach Informationen des Guttmacher-Instituts] bereits sogenannte | |
„trigger bans“, zu deutsch in etwa „Auslöser-Gesetze“, die sofort oder… | |
schnell inkraft treten können. | |
„Der Oberste Gerichtshof hat Politiker*innen nun offiziell die | |
Erlaubnis erteilt, zu kontrollieren, was wir mit unserem Körper tun und | |
entschieden, dass man uns nicht mehr zutrauen kann, den Kurs für unser | |
eigenes Leben zu bestimmen“, erklärte Planned-Parenthood-Präsidentin Alexis | |
McGill Johnson [2][auf Twitter]. „Aber täuschen Sie sich nicht – wir sind | |
eine Bewegung, die fordern wird, dass wir wie gleichberechtigte | |
Bürger*innen behandelt werden.“ | |
Bisher hatte das Grundsatzurteil „Roe v. Wade“ aus dem Jahr 1973 landesweit | |
das Recht auf Abtreibungen gesichert, bis der Fötus außerhalb des | |
Mutterleibs lebensfähig wäre – also etwa bis zur 24. Schwangerschaftswoche. | |
„Die Verfassung gewährt kein Recht auf Abtreibung“, heißt es nun [3][im am | |
Freitag veröffentlichten Urteilstext] des Supreme Court, den der | |
konservative Richter Samuel Alito verfasst hat. Sowohl „Roe v. Wade“ als | |
auch ein bestätigendes Urteil von 1992 würden aufgehoben und „die Befugnis | |
zur Regelung des Schwangerschaftsabbruchs wird an das Volk und seine | |
gewählten Vertreter*innen zurückgegeben“. | |
Richter Alito wird von seinen ebenfalls konservativen Amtskolleg*innen | |
Clarence Thomas, Neil Gorsuch, Brett Kavanaugh und Amy Coney Barrett | |
unterstützt. Die liberalen Richter*innen Stephen Breyer, Sonia Sotomayor | |
und Elena Kagan stimmten dagegen. John Roberts, der konservative | |
Vorsitzende des Gerichtshofs, sprach sich für eine weniger strenge | |
Einschränkung aus, er sah ein Abtreibungsverbot ab der 15. | |
Schwangerschaftswoche als ausreichend an. | |
## USA sind gespalten | |
Die jetzige Entscheidung hatte sich abgezeichnet, nachdem das | |
US-Nachrichtenportal Politico im Mai einen entsprechenden Urteilsentwurf | |
durchgestochen bekommen und veröffentlicht hatte. Schon damals hatte es | |
einen Aufschrei von Menschenrechtler*innen, Abtreibungskliniken und | |
liberaleren Politiker*innen gegeben – auch wenn der Supreme Court | |
damals erklärte, der geleakte Text sei noch nicht die endgültige | |
Entscheidung. Viele US-Amerikaner*innen mussten für einen | |
Schwangerschaftsabbruch schon bisher weite Wege und einen dementsprechend | |
hohen Zeitaufwand sowie Reisekosten in Kauf nehmen – so haben Staaten wie | |
Texas mit seinem Herzschlag-Gesetz durch rechtliche Kniffe auch ohne | |
Supreme-Court-Entscheidung strengere Regelungen durchgesetzt. | |
Nach Medienberichten füllte sich die Gegend außerhalb des Gerichtsgebäudes | |
in Washington schnell mit Protestierenden sowie feiernden | |
Abtreibungsgegner*innen. Die USA sind gespalten in der Frage nach | |
Schwangerschaftsabbrüchen, doch Erhebungen zeigen, dass eine Mehrheit das | |
Abtreibungsrecht nicht aufheben will: In [4][einer Anfang Mai | |
veröffentlichten CNN-Umfrage] etwa sprachen sich 66 Prozent der Befragten | |
dagegen aus, „Roe v. Wade“ komplett zu kippen. | |
Aktivist*innen hatten nach dem Leak im Mai gewarnt, dass nach einer | |
solchen Entscheidung auch andere Freiheiten auf dem Spiel stünden, etwa die | |
Rechte von LGBTIQ-Menschen sowie der Zugang zu Verhütung. Der konservative | |
Richter Clarence Thomas schien diese Befürchtungen nun zu bestätigen: Er | |
sprach sich dafür aus, auch andere Urteile des Obersten Gerichtshofs zu | |
überprüfen, deren Regelung nach seiner Ansicht den Bundesstaaten überlassen | |
werden sollte. Als Beispiele nannte er etwa ein Urteil, das ein Recht auf | |
Ehe für gleichgeschlechtliche Paare etabliert. | |
24 Jun 2022 | |
## LINKS | |
[1] https://www.guttmacher.org/abortion-rights-supreme-court | |
[2] https://twitter.com/alexismcgill/status/1540340380356558850 | |
[3] https://www.supremecourt.gov/opinions/21pdf/19-1392_6j37.pdf | |
[4] https://www.cnn.com/2022/05/06/politics/cnn-poll-abortion-midterms-roe-v-wa… | |
## AUTOREN | |
Eva Oer | |
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