# taz.de -- Gedrosselte Lieferung aus Russland: Mehr Gas aus den Niederlanden | |
> Der russische Konzern Gazprom drosselt die Lieferung. Um gut durch den | |
> Winter zu kommen, muss Deutschland seine Speicher nun anders auffüllen. | |
Bild: Gazprom-Rohre | |
Die Pipeline Nord Stream 1 liefert seit einigen Tagen weniger Gas. Statt | |
158 Millionen Kubikmeter kamen am Montag nur noch 117 Millionen in | |
Deutschland an. Am Dienstag kündigte der russische Konzern Gazprom an, die | |
Lieferung werde ab sofort auf 100 Millionen Kubikmeter täglich sinken, am | |
Mittwoch kam die Meldung: Es würden nur noch 67 Millionen Kubikmeter sein. | |
Nord Stream ist für Deutschland die Hauptversorgungsleitung für russisches | |
Gas. | |
[1][Gazprom begründete die Einschränkungen] technisch. Ursache seien | |
fehlende Gasturbineneinheiten. Derzeit sind einige der Komponenten im | |
kanadischen Montreal zur Wartung. Das geschieht turnusmäßig, doch diesmal | |
verzögert sich die Rückkehr der Komponenten, angeblich wegen kanadischer | |
Sanktionen gegen Russland. Siemens Energy, Hersteller der Maschinen, | |
bestätigte die Wartungsarbeiten in Kanada. Das Bundeswirtschaftsministerium | |
(BMWK) erklärte auf Anfrage, in dieser Sache schon länger mit der | |
kanadischen Regierung in Kontakt zu sein. | |
Gleichwohl hält Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) die | |
Konsequenzen, die Gazprom in Form geringerer Gaslieferungen aus den | |
Wartungsarbeiten zieht, für technisch nicht begründbar. Vielmehr sei es | |
„eine politische Entscheidung“, sagte er am Mittwoch. Diese stehe für ihn | |
in einer Reihe mit den zurückliegenden [2][Einstellungen der | |
Gaslieferungen] an Bulgarien, Polen und Dänemark sowie der Sanktionierung | |
von Gazprom Germania. Habeck sieht daher auch die Gefahr, dass Russland | |
noch weitere Liefereinschränkungen vornehmen wird. | |
Trotz dieser Unsicherheit hatte das BMWK bereits am Dienstag verlauten | |
lassen: „Aktuell ist die Versorgungssicherheit weiter gewährleistet.“ In | |
den deutschen Kavernen- und Porenspeichern lagert aktuell deutlich mehr | |
Erdgas als noch vor einem Jahr. Derzeit liegt der Füllstand bei rund 56 | |
Prozent gegenüber 37 Prozent Mitte Juni 2021. | |
## Kommunikation der Behörden zurückhaltend | |
Seit Mitte März, was ungewöhnlich früh ist, baut Deutschland nämlich wieder | |
Gasreserven auf. Zum einen war das Jahr 2022 bisher durchweg zu mild, was | |
den Gasverbrauch reduzierte. Zudem erhöhte der Krieg Russlands gegen die | |
Ukraine den Druck, [3][Sicherheiten zu schaffen], was die Speicherstände | |
politisch stärker ins Blickfeld rückte. Durch das Gasspeichergesetz und die | |
damit verbundene Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes müssen die Speicher | |
künftig am 1. Oktober eines jeden Jahres zu 80 Prozent befüllt sein, am 1. | |
November zu 90 Prozent. Zur Frage, ob diese Ziele durch die gedrosselten | |
Lieferungen aus Russland nun gefährdet sind, wollen sich allerdings weder | |
das BMWK noch die Energiewirtschaft derzeit äußern. | |
Kommuniziert wird nur die Momentaufnahme: Trotz der verminderten Lieferung | |
über Nord Stream 1 bekomme Deutschland nach wie vor genug Erdgas, um | |
weiterhin Energie einzuspeichern, sagte am Mittwoch eine Sprecherin des | |
BMWK. Dies gelinge auch, indem etwa verstärkt Gas aus den Niederlanden | |
eingekauft werde. Außerdem komme derzeit relativ viel verflüssigtes Erdgas | |
aus den USA, da der hiesige Markt für die Lieferanten gerade profitabler | |
sei als der asiatische. Zusätzlich verlängert die Bundesregierung ihre | |
Treuhandschaft auf die deutsche Gazpromfiliale Gazprom Germania und stellt | |
einen Milliardenbetrag zur Verfügung. | |
So hatte die Lieferkürzung auch nur mäßige Auswirkungen auf den Gasmarkt. | |
Der Preis zur Lieferung im ersten Quartal 2023 stieg seit Montag von 94 auf | |
103 Euro pro Megawattstunde. Im März hatte man schon Spitzenwerte von über | |
139 Euro gesehen. Die Bewertungen der Marktakteure sind also ähnlich wie | |
die offiziellen Verlautbarungen aus dem BMWK: einigermaßen unaufgeregt. | |
15 Jun 2022 | |
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## AUTOREN | |
Bernward Janzing | |
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