# taz.de -- Abschluss des Nato-Gipfels in Madrid: Neue Flanken im Visier | |
> Die Nato-Staaten senden am letzten Tag ihres Gipfels in Madrid mehrere | |
> Botschaften aus. Die Eindämmung des russischen Einflusses ist nur eine | |
> davon. | |
Bild: Bundeskanzler Olaf Scholz beim Nato-Gipfel in Madrid | |
Madrid taz | Am zweiten und [1][letzten Tag des Nato-Gipfels in Madrid] | |
beschäftigten sich die 30 Staats- und Regierungschefs mit der Südflanke, | |
dem Mittleren Osten und Nordafrika. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg | |
sprach von „hybriden Bedrohungen“, von Terrorismus, [2][drohender | |
Hungersnot] und irregulärer Immigration. | |
Stoltenberg geht es vor allem um die Präsenz von islamistischen Milizen in | |
der Sahelzone und um den durch den Ukrainekrieg verursachten [3][Anstieg | |
der Lebensmittelpreise]. Das gefährde die Stabilität einzelner Länder. „Der | |
Preisanstieg bei Nahrungsmitteln betrifft die ärmsten Völker der Welt“, | |
warnte Stoltenberg in seiner Abschlusspressekonferenz. Die Nato werde | |
deshalb versuchen, „mehr Getreide aus der Ukraine herauszubekommen“. | |
Stoltenberg warnte davor, dass Russland und China versuchen würden, „ihren | |
politischen, wirtschaftlichen und militärischen Einfluss in der Region“ | |
auszubauen. | |
Die Nato setzt dem neue Kooperationsabkommen entgegen. Stoltenberg hatte | |
bereits am Mittwoch verkündet, dass die Allianz Mauretanien beim Aufbau der | |
Verteidigungsfähigkeiten, dem Grenzschutz und der Bekämpfung der | |
irregulärer Migration und des Terrorismus helfen werde. Auch mit Tunesien | |
und Jordanien will die Nato enger zusammenarbeiten. | |
Das Abkommen mit Mauretanien kommt nicht von ungefähr. Denn das Nachbarland | |
Mauretaniens, Mali, ist eines der Beispiele der Präsenz von Russland in | |
Afrika. Die dort regierende Militärjunta stützt sich auf das private | |
[4][russische Militärunternehmen Gruppe Wagner]. Die Söldner sorgen für | |
Sicherheit gegenüber den islamistischen Milizen, die in der Sahelzone | |
operieren, unter ihnen Al-Qaida-Gruppen und IS-Ableger. Außerdem helfen sie | |
bei der Unterdrückung jedweder Opposition. Die Gruppe Wagner, die von einem | |
engen vertrauten Putins geleitet wird, stößt in ein [5][Vakuum, das | |
Frankreich hinterließ], als Paris nach fast zehn Jahren Militäreinsatz | |
beschloss, seine 2.400 Soldaten abzuziehen. | |
## Berlin: Mehr Geld für Verteidigung | |
Der Blick der Nato gen Süden geht auf politischen Druck des Gastgeberlandes | |
Spanien zurück. Ministerpräsident Pedro Sánchez verlangte immer wieder eine | |
„360-Grad-Strategie“ und wurde dabei von Italien unterstützt. | |
Größter Erfolg für Spanien: Die Nato garantiert erstmals „die territoriale | |
Integrität aller Alliierten“ und nicht die „Integrität des alliierten | |
Territoriums“. Der Unterschied? Als Spanien 1882 der Nato beitrat, wurden | |
die beiden Exklaven an der nordafrikanischen Küste, [6][Ceuta und Melilla], | |
nicht zum Nato-Gebiet. Die neue Definition umfasst, so sehen es die | |
Spanier, jetzt jedoch das gesamte Staatsgebiet. | |
„Die Nato zieht die richtigen Schlüsse aus der veränderten Weltlage“, | |
erklärte Bundeskanzler Olaf Scholz zum Abschluss des Madrider Gipfels. | |
Deutschland sei dabei „eine logistische Drehscheibe in Europa“. Künftig | |
werde Berlin für Verteidigung mehr ausgeben als jedes andere EU-Mitglied, | |
beteuerte er. | |
Verteidigungsministerin Christine Lambrecht legte bereits am Mittwoch | |
Zahlen vor, die Scholz am Donnerstag bestätigte. Deutschland werde sich am | |
Ausbau der schnellen Einsatztruppen von bisher 40.000 auf über 300.000 | |
Soldatinnen mit einer Division von 15.000 SoldatInnen beteiligen. Hinzu | |
kommen 65 Flugzeuge und 20 Kriegsschiffe. 3.000 bis 5.000 SoldatInnen | |
sollen im Baltikum stationiert werden. Bisher sind es rund 1.000. Während | |
Nato-Generalsekretär Stoltenberg immer wieder von 2023 redet, wenn es um | |
die Einsatzbereitschaft der neuen schnellen Eingreiftruppen geht, sind | |
Lambrecht und Scholz etwas vorsichtiger. Sie sehen eher 2024 oder gar 2025 | |
als realistisch an. | |
Was die neue Nato-Strategie [7][für die Bundeswehr als solche] bedeutet, | |
machte Scholz bei einem Gespräch mit der deutschen Presse am Mittwochabend | |
klar. Er wolle zurück zu einer Strategie, „in der wir unser Gebiet gegen | |
große Panzer- und Luftangriffe verteidigen können“. Etwas, wozu die | |
Bundeswehr nach Jahren der Fokussierung auf internationale Einsätze nicht | |
in der Lage sei. | |
30 Jun 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Nato-Gipfel-in-Madrid/!5860937 | |
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[4] /Malis-Putschregierung-holt-Verstaerkung/!5801894 | |
[5] /Franzoesische-Soldaten-in-Mali/!5847717 | |
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[7] /Sondervermoegen-fuer-die-Bundeswehr/!5855346 | |
## AUTOREN | |
Reiner Wandler | |
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