| # taz.de -- Psychiatrische Versorgung in Bremen: Warten auf den Therapieplatz | |
| > Bremen setzt auf ambulante Versorgung – aber die Wartelisten dafür sind | |
| > trotzdem lang. Das zeigte die Vorstellung des Bremer Krankenhausspiegels. | |
| Bild: Auch wenn das Leben schwierig ist, dauert das Warten auf einen Platz in d… | |
| Bremen taz | Die Zeiten sind schlimm: Im Land Bremen hat die Zahl der | |
| verschriebenen Antidepressiva zwischen 2013 und 2021 um 69 Prozent | |
| zugenommen. Psychische Erkrankungen sind der häufigste Grund für | |
| Frühverrentung, im Durchschnitt schon mit 48,3 Jahren. | |
| Und waren 2011 die meisten Krankschreibungen noch „Rücken“ sind es heute, | |
| ja genau, psychische Erkrankungen. Bremen ist damit nicht allein, aber | |
| Bremen passt ins Bild, das zeigen die Daten, die eine Sprecherin der | |
| Techniker Krankenkasse am Mittwoch vorgestellt hat. Schuld ist gar nicht | |
| mal Corona – sondern schlicht der Stress, der zugenommen hat. | |
| Aufgekommen sind die Zahlen bei der Vorstellung des neuen „Bremer | |
| Krankenhausspiegels“. Jedes Jahr wird dieses Online-Infoportal zur | |
| medizinischen Versorgung in Bremen von den Krankenhäusern erneuert – dieses | |
| Mal stand die psychiatrische und psychologische Versorgung im Mittelpunkt. | |
| Einsehen können Interessierte dort, welcher Standort welche Hilfen | |
| anbietet. Das ist so weit nicht neu: Schon [1][bisher hat etwa der | |
| PsychNavi] die einzelnen Angebote aufgeführt; aber der Krankenhausspiegel | |
| bietet nette Zusatzinfos: Wie viele psychisch erkrankte Patient*innen | |
| werden jährlich an den Bremer Kliniken behandelt? So um die 9.000. Wie lang | |
| bleiben Patient*innen mit einer Essstörung durschnittlich bis zur | |
| Entlassung? Je nach Klinik zwischen rund 13 und 34 Tagen. Und wo werden | |
| besonders viele Depressionen behandelt? Im Ameos-Klinikum. | |
| ## Bremens Psychiatriereform setzt auf ambulante Behandlung | |
| Das Medieninteresse war größer, als das sonst bei der Vorstellung einer | |
| [2][neuen Informationsrubrik auf einem alten Informationsportal] zu | |
| erwarten wäre. Aber klar: „Die psychische Gesundheit ist vermutlich das | |
| herausforderndste und schwerwiegendste Thema in der Gesundheitsversorgung | |
| zur Zeit“, sagte Gesundheitssenatorin Claudia Bernhard (Linke). | |
| Bremen will dieser Herausforderung vor allem ambulant begegnen – das ist | |
| Teil der Psychiatriereform, mit der Bremen vor zwanzig Jahren mal, so | |
| Bernhardt, „federführend und vorbildlich“ war. Die Vorteile? Es wird nicht | |
| dauerhaft ein Krankenhausbett belegt, Menschen können ihren Alltag trotz | |
| ihrer Krankheit einigermaßen selbstbestimmt fortführen, und die Therapie | |
| findet nicht in einer kurzen Ausnahme vom Rest des Lebens statt, sondern | |
| ist nah dran an den Herausforderungen, die sich jeden Tag stellen. | |
| Längst sind die Krankenhäuser, auch das zeigt der Krankenhausspiegel, | |
| selbst zu Akteuren der ambulanten und teilstationären Versorgung geworden: | |
| In psychiatrischen Behandlungszentren der Kliniken finden Patient*innen | |
| mit schwereren Erkrankungen verschiedene ambulante Therapieangebote. Und | |
| die Kliniken Ost und Mitte haben jeweils ein Team, das in den beiden | |
| Bezirken Ost und Mitte Patient*innen zu Hause aufsucht – bei Bedarf | |
| auch täglich. | |
| Die Zahl der ambulanten Therapien übertrifft die der stationären bei | |
| Weitem. Etwa drei bis fünf mal so viel Behandlungen würden ambulant | |
| aufgefangen, vermutet Birgit Nowak, leitende Oberärztin im Ameos Klinikum | |
| Bremen und Leiterin der dortigen Tagesklinik. Trotzdem: Dass das [3][Tempo | |
| der Psychiatriereform in Bremen zu langsam] ist, die Ausstattung nicht | |
| ausreichend, das ist fast ebenso Konsens, wie die grundsätzliche Zustimmung | |
| zum ambulanten Weg. „Wir wollten weiter sein“, gibt auch Senatorin Bernhard | |
| zu. | |
| ## Je ambulanter, desto länger die Wartezeit | |
| Für akute Krankheiten ist die Versorgung einigermaßen gesichert, sie findet | |
| aber oft stationär statt: Wer suizidal ist, bekommt sofort einen Platz. | |
| „Auch bei akuter Drogenproblematik nehmen wir sofort auf“, sagt Nowak, | |
| „wenn ein Bett frei ist.“ Bei einer Angststörung kann es etwa zwei bis vier | |
| Wochen dauern, bis eine Behandlung beginnen kann. | |
| Aber auf einen Platz in der – teilstationären – Tagesklinik, bei der man am | |
| Abend in sein gewöhnliches Umfeld zurückkehrt, muss man laut der Oberärztin | |
| schon mal vier bis fünf Monate warten. Und richtig schwierig wird es zum | |
| Teil offenbar bei den ambulanten Regelangeboten, die im Krankenhausspiegel | |
| nicht vorkommen – den klassischen Psychotherapeut*innen. „Bei denen ist | |
| teilweise Land unter“, erzählt Nowak. „Einige sind so ausgebucht, dass neue | |
| Patienten nicht mehr auf die Warteliste kommen.“ | |
| 30 Jun 2022 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Ein-Jahr-PsychNavi-in-Bremen/!5747157 | |
| [2] https://www.bremer-krankenhausspiegel.de/psychische-gesundheit | |
| [3] /Stocken-der-Psychiatriereform/!5787728 | |
| ## AUTOREN | |
| Lotta Drügemöller | |
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