# taz.de -- Modellprojekt in Hamburg: Neue Wege für die Psyche | |
> Im Hamburger Süden wurde ein Modell erprobt, psychisch schwer Erkrankten | |
> besser zu helfen. Es ist Vorreiter für den neuen Psychiatrieplan des | |
> Senats. | |
Bild: Auch ein Werkzeug der Psychiatrie: Psychopharmaka | |
Hamburg taz | Seit zweieinhalb Jahren läuft in Hamburg in Harburg und | |
Wilhelmsburg ein Modellversuch, bei dem es darum geht, die Versorgung | |
psychisch schwer Erkrankter zu verbessern. Ziel ist es, zu verhindern, dass | |
die erkrankten Menschen, die oft Schwierigkeiten haben, sich selbst Hilfe | |
zu suchen, durch die Maschen des Hilfesystems fallen. Bei einer Tagung im | |
Bürgerhaus Wilhelmsburg ziehen Fachkräfte, Betroffene und Angehörige heute | |
eine Zwischenbilanz. | |
Anlass für das Projekt sei ein besonders schwieriger Behandlungsfall | |
gewesen, erzählt Astrid Jörns-Presentati, die seit September 2022 die | |
Zusammenarbeit in der „Modellregion Hamburger Süden“ koordiniert. Es habe | |
sich gezeigt, dass ein Versorgungssystem allein solche komplexen Anliegen | |
nichtlösen könne. Der Fokus des Projekts liege deshalb darin, die | |
verschiedenen Hilfesysteme zu vernetzen und gemeinsam Verantwortung zu | |
übernehmen. | |
Vor zweieinhalb Jahren unterzeichneten 15 psychiatrische Hilfeanbieter | |
einen Vertrag, in dem sie sich verpflichteten, stärker zusammenzuarbeiten – | |
unter ihnen das Zentrum für Seelische Gesundheit im Asklepios Klinikum | |
Harburg, das Gesundheitsamt, aber auch Anbieter von Assistenzleistungen | |
oder Wohngruppen. Auch eine Suchthilfe ist dabei. | |
In der Modellregion soll erprobt werden, wie die sieben | |
Gemeindepsychiatrischen Verbunde organisiert werden könnten, die bald in | |
Hamburg entstehen sollen. Diese sollen psychisch schwer erkrankte Menschen | |
ohne große Hürden und in der Nähe ihrer Wohnorte erreichen und möglichst | |
passgenaue Hilfe bieten. Sie sind [1][Teil des neuen | |
Landespsychiatrieplans], den die Hamburger Bürgerschaft im Februar | |
beschloss. | |
Teil des Plans sind bezirkliche Psychiatriekoordinator*innen, die | |
eine ähnliche Aufgabe wie Jörns-Presentati übernehmen. Das sei besonders | |
wertvoll, weil diese Koordinator*innen ihre Bezirke gut kennen, sagt | |
Jörns-Presentati. Der Hamburger Süden etwa sei im Vergleich zu anderen | |
Städten eher unterversorgt. | |
Für Jörns-Presentati haben die letzten Jahre gezeigt, wie wichtig es ist, | |
dass die Fachkräfte verschiedener Träger miteinander arbeiten müssen. Die | |
Zusammenarbeit zwischen ihnen sei vor Beginn des Projekts im System nicht | |
angelegt gewesen, weshalb das Projekt darauf zielt, die Übergänge zwischen | |
den Trägern zu verbessern. So können die Beteiligten auch neue | |
Behandlungswege finden: Eine Person konnte innerhalb ihrer Wohneinrichtung | |
durch die Klinik ergänzend behandelt werden, ohne dafür aus ihrem gewohnten | |
Umfeld gerissen zu werden. | |
Zentral für das Projekt ist, dass sich Betroffene aktiv beteiligen. Bei | |
regelmäßigen Treffen sprechen die verschiedenen Träger mit den Betroffenen | |
über ihre Situation, auf Wunsch gemeinsam mit ihren Angehörigen. Auch | |
aufsuchende Versorgungsangebote haben sich als sinnvoll erwiesen. Dabei | |
behandeln Fachkräfte die Betroffenen zuhause, weil sie sich dort | |
wohlfühlen. | |
Zu den Erfolgen des Projekts rechnet Jörns-Presentati, dass neue Denkweisen | |
gefördert werden konnten. Auch Fachkräfte konnte das Projekt entlasten, | |
weil die Verantwortung für die Versorgung einer Person auf die beteiligten | |
Hilfeanbieter verteilt wird. In diesem Bereich sieht Jörns-Presentati | |
deutliche Erfolge. | |
Zwar konnte vielen Betroffenen geholfen werden, doch das hat seinen Preis: | |
Der zeitliche Aufwand für das Projekt ist hoch. Die Kooperation läuft neben | |
dem Alltagsgeschehen der Einrichtungen und muss darin eingeplant werden. | |
[2][Besonders für das Asklepios Klinikum in Harburg], der einzigen | |
psychiatrischen Klinik in der Modellregion, sei es nicht einfach, Zeit für | |
das Projekt aufzubringen. Dass dieses trotzdem so gut funktionierte, habe | |
daran gelegen, dass alle Beteiligten sich besonders engagiert hätten – das | |
gelte sowohl für die Fachkräfte als auch für Daniel Schöttle, den Chefarzt | |
des Zentrums im Asklepios Klinikum Harburg. | |
Wir haben in diesem Text einige Formulierungen angepasst. | |
19 Mar 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Neue-Wege-bei-psychiatrischer-Versorgung/!6064169 | |
[2] https://www.asklepios.com/harburg | |
## AUTOREN | |
Louisa Eck | |
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