# taz.de -- Hilfe für Ukraine-Flüchtlinge in Berlin: Am Hauptbahnhof wird's e… | |
> Nach vier Monaten Krieg ist die Luft raus: Die Freiwilligen an Berlins | |
> Bahnhöfen brauchen mehr Spenden und Helfer. Ein Besuch beim Hygienestand. | |
Bild: Claudia Winnig und 2 Helfer am Hygiene-Stand für Geflüchtete im Berline… | |
BERLIN taz | Heute ist ein ganz guter Tag für den Hygienestand. Um 10 Uhr | |
war wie immer der erste Helfer da, verschaffte sich einen Überblick zu den | |
Beständen und telefonierte mit der Spendenbrücke Tempelhof, um seine | |
Bestellung aufzugeben. „Tampons waren aus“, berichtet er zweieinhalb | |
Stunden später, auch Haarshampoo habe er geordert und Rollkoffer. Wie | |
bitte, Koffer? Claudia Winnig, die den Stand im ersten Untergeschoss des | |
Hauptbahnhofs organisiert, erklärt: „Viele UkrainerInnen flüchten nur noch | |
mit dem Nötigsten, haben nichts bei sich außer ein paar Tüten.“ | |
Um 12.40 Uhr, als die taz gerade die wohlgeordneten Regale bewundert, kommt | |
der Rückruf: Der Transporter von der [1][Spendenbrücke] ist da, die in | |
Hangar 1 des Ex-Flughafens Ukraine-Spenden sammelt und verteilt. Winnig und | |
zwei Helfer in grünen Warnwesten schnappen sich zwei Lasten-Trolleys, | |
nehmen die Rolltreppe hoch zum Europaplatz. Tatsächlich ist heute das | |
Bestellte dabei: jede Menge Tampons und Haarshampoo, dazu zehn Kartons | |
Zahnpasta, einige mit Einwegrasierern – und sechs gebrauchte Rollkoffer. | |
„Das wird alles ratzfatz weg sein“, sagt Winnig. | |
Seit die spektakulären Bilder ausbleiben, ist es still geworden um das | |
Thema Flucht nach Berlin. Doch noch immer kommen täglich rund 500 | |
Ukraineflüchtlinge am Hauptbahnhof an. Und noch immer braucht es | |
Helfer*innen, die die Menschen zu den Schaltern mit kostenlosen | |
Fahrkarten begleiten, erklären, wo es welche Hilfe gibt, Übernachtungen | |
organisieren. Nur: Nach vier Monaten Krieg ist die Luft raus. Anfangs | |
hätten täglich 300 bis 400 Freiwillige geholfen, heute seien es allenfalls | |
30, schätzt Winig, „und dann sind wir gut“. | |
## Stand für Stunden geschlossen | |
Auch die Spenden werden zusehends weniger. An manchen Tagen, erzählt | |
Winnig, mussten sie den Stand über Stunden schließen, weil entweder keine | |
Helfer*innen da waren – oder keine Waren. So haben sie angefangen, nur | |
noch Kleinstmengen abzugeben. Seifenstücke werden halbiert und in | |
Butterbrottüten gepackt, pro Baby gibt es nur noch 5 Windeln und einen Pack | |
Feuchttücher. In dringenden Fällen, erzählt der Helfer, kaufe er bei | |
Rossmann auch auf eigene Kosten ein. Winnig nickt, sie macht es ebenso. | |
Und dann erklärt sie, wieso dieser Dienstag auch ein schlechter ist: Die | |
Hygienestation muss umziehen. Die BVG wolle ihre „Dudler-Passage“ | |
wiederhaben, hat jemand vom Krisenstab des Senats erklärt – außerdem seien | |
es ja nicht mehr so viele Flüchtlinge. Die „Pet-Station“ – für Geflüch… | |
mit Haustieren – wurde schon geschlossen, der Hygienestand soll in die | |
„Kids-Corner“. Eine Spieleecke für Kinder gibt es jetzt nur noch oben im | |
Zelt am Washingtonplatz, dort ist seit Montag auch die vom Senat | |
finanzierte Essensausgabe, für die bislang neben der Hygiene Bierbänke | |
aufgestellt waren. | |
Winnig findet das alles keine gute Idee. Im Zelt oben sei es viel zu heiß | |
und eng, es fehle an Ruhemöglichkeiten. Und außerdem: „Was ist, wenn Kiew | |
wieder angegriffen wird? Dann kann es hier übermorgen schon wieder | |
chaotisch und voll werden.“ | |
28 Jun 2022 | |
## LINKS | |
[1] https://www.spendenbruecke-ukraine.de/ | |
## AUTOREN | |
Susanne Memarnia | |
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