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# taz.de -- CDU-Spitzenkandidat in Niedersachsen: Mit Kindergewalt Wahlen gewin…
> Bernd Althusmann will nach der Gewalttat von Salzgitter über
> Strafmündigkeit von Kindern diskutieren. Das ist Populismus auf Kosten
> von Gewaltopfern.
Bild: Wie Kinder zu mehr Verantwortung führen? Bernd Althusmann (CDU) mit Kind…
Mit der sich vor der Landtagswahl im Herbst in Hochkonjunktur befindlichen
Ökonomie der politischen Aufmerksamkeit in Niedersachsen kennt sich
[1][Bernd Althusman]n als dortiger Wirtschaftsminister und
CDU-Spitzenkandidat gut aus.
Vergangene Woche forderte er passgenau zur Ferienbeginn-Berichterstattung
[2][den Einsatz der Bundespolizei gegen ein drohendes Koffer-Chaos an
Flughäfen]. Jetzt schaltet er sich mit einer maximal auf Aufmerksamkeit
getrimmten These in die medial immer gut laufende Debatte um spektakuläre
Gewalt von Kindern und Jugendlichen ein.
Mit einem perfiden Argument und einer genau dosierten Grenzüberschreitung:
Wo über mehr Rechte für Kinder und eine Absenkung des Wahlalters diskutiert
werde, da sei es doch eine „logische Konsequenz“, dass Kinder und
Jugendliche auch mehr Verantwortung für unsere Gesellschaft übernehmen.
„Dazu gehört für mich auch die Frage nach der Strafmündigkeit, die in
vielen Staaten bereits unter 14 Jahren liegt“, pressemitteilt Althusmann
nach [3][dem gewaltsamen Erstickungstod einer 15-Jährigen in Salzgitter]
und meint Länder wie Großbritannien oder die Schweiz, wo schon 10-Jährige
strafmündig sind.
## Herabsetzung der Strafmündigkeit
Am Dienstag vergangener Woche war die Leiche der Jugendlichen entdeckt
worden. [4][Die mutmaßlichen Täter sind zwei Jungen]. Ein 14-Jähriger sitzt
in Untersuchungshaft, ihm drohen bis zu zehn Jahre Jugendhaft, im besonders
schweren Fall auch mehr. Der 13-Jährige ist noch strafunmündig, er ist in
einer Kinder- und Jugendpsychiatrie untergebracht und wird psychiatrisch
begutachtet.
Forderungen nach Herabsetzung der Strafmündigkeit gibt es regelmäßig,
zuletzt nach der Vergewaltigung einer 18-Jährigen durch drei Jugendliche
und zwei Kinder im Juli 2019 in Mülheim an der Ruhr. Dass sie alle
versanden, hat gute Gründe. Wer strafrechtliche Konsequenzen für Kinder
propagiert, so schrecklich ihre Taten auch sein mögen, verabschiedet sich
vom Erziehungsgedanken – und vom damit verbundenen Menschenbild: Eine
demokratische Gesellschaft übt keine Vergeltung, sie erzieht zum Besseren.
Dass Strafen dafür das schlechteste Mittel sind, auch für Erwachsene, ist
empirisch-kriminologisch vielfach nachgewiesen. Daran ändern auch
spektakuläre, aber eben sehr seltene Gewalttaten und aktuelle
kriminalpolitische Trends nichts.
Die logische Konsequenz: Es wird trotz aller noch so lauten Rufe von
notorischen Polizeigewerkschaftern und CDU-Spitzenkandidaten so bleiben.
Althusmanns Forderung ist nur billiger Populismus, gesetzgeberische
Konsequenzen wird sie nicht haben: ein Mittel, um mit der Straflust
Aufmerksamkeit zu erlangen, auf Kosten der Opfer von Gewalt. Dass so was
schändlich ist, weiß auch Althusmann. Die dafür nötige Einsichtsfähigkeit
besitzt er.
28 Jun 2022
## LINKS
[1] /CDU-Niedersachsen-will-alles-beackern/!5846362
[2] /Niedersachsens-Verkehrsminister-hat-Idee/!5859740
[3] https://www.spiegel.de/panorama/justiz/salzgitter-jugendliche-wurde-erstick…
[4] https://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/braunschweig_harz_goettingen/G…
## AUTOREN
Robert Matthies
## TAGS
Strafrecht
Landtagswahl in Niedersachsen
CDU Niedersachsen
Populismus
Kinder
Jugend
Gewalt
Jugendgewalt
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Polizei
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