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# taz.de -- Antisemitismus auf der Documenta: Waterloo der Postkolonialen
> Kulturfunktionäre aus aller Welt begleiteten den Entstehungsprozess der
> Documenta. Kaum zu fassen, wie der offene Antisemitismus durchgehen
> konnte.
Bild: Komplettverhülltes Kunstwerk in Kassel
Sehenden Auges haben documenta-Beirat und Geschäftsführung, Kommunal-,
Landes- und Bundespolitik die angeblich wichtigste Kunstschau der Welt
krachend gegen die Wand gefahren. Beim Auftakt der documenta 15 konnte man
letzte Woche noch die feste Entschlossenheit spüren, die Kasseler
Veranstaltung gegen alle Kritik stoisch durchzuziehen. Doch nun: Entsetzen.
Offen zur Schau gestellter Antisemitismus – Uniformierte mit Davidstern und
Schweinsköpfen, auf dem Helm die Aufschrift „Mossad“ – ein Werk von Tari…
Padi wurde erst abgedeckt und nun abgebaut.
Als Mahnmal gegen Naivität und Unwissenheit wäre das Verhüllte da weiter
ganz gut gestanden, mitten auf dem zentralen Friedrichsplatz in Kassel bei
der documenta-Halle. Noch bei der Pressekonferenz beklagte
Oberbürgermeister Christian Geselle (SPD) unter dem Applaus von Hessens
Ministerin für Wissenschaft und Kunst Angela Dorn (Grüne) [1][eine „medial
aufoktroyierte“ Antisemitismusdebatte.]
Jetzt müssen sie sich wohl eher fragen lassen, wie sie es mit ihrer
Aufsichtspflicht hielten: Wie konnte es zu diesem Versagen bei den
documenta-Gremien unter Leitung von Sabine Schormann kommen, wie die so
eindeutig antisemitische Symbolsprache des indonesischen Kollektivs Taring
Padi übersehen werden?
Macht die wirtschaftliche Bedeutung von (erwartet einer halben Million)
documenta-Besucher:innen immun gegen Kritik? Vor der Instrumentalisierung
[2][der documenta durch Juden- und Israelfeinde, der BDS-Bewegung], haben
verschiedene Stimmen seit Monaten gewarnt. Doch diese ist nun tatsächlich
an mehreren Stellen in Kassel zu besichtigen, etwa im Raum der
palästinensischen Kuratoren von The Question of Funding.
Propagandistisch schlicht werden hier israelische Sicherheitskräfte
[3][motivisch in die Nähe von Hitlers Wehrmacht gerückt.] Bundespräsident
Steinmeier hat derlei in seiner [4][documenta-Rede bereits kritisch
angesprochen.] Im documenta-Beirat sitzen hochdekorierte und vernetzte
Kulturfunktionäre wie Frances Morris, Amar Kanwar, Philippe Pirotte, Elvira
Dyangani Ose, Ute Meta Bauer, Jochen Volz, Charles Esche oder Gabi Ngcobo.
„Als documenta Kommission benennt der Beirat nicht lediglich die jeweilige
Künstlerische Leitung (wie im Februar 2019 mit ruangrupa geschehen),
sondern begleitet darüber hinaus auch den weiteren Projektprozess“, heißt
es auf der Homepage. Genau das haben sie wohl nicht getan. Internationale
Gruppen, die in Kassel weniger schablonenhaft und ideologisch auftreten,
werden hingegen nun übersehen.
Vor lauter Gerede über Postkolonialismus und einen angeblich einheitlichen
„Globalen Süden“ ist der Blick für Differenzen und Positionen
verlorengegangen. Ein Bärendienst für die Kunst. Und ein Waterloo für die
postkoloniale Bewegung.
21 Jun 2022
## LINKS
[1] /Politisierung-auf-der-documenta-15/!5856408
[2] /Debatte-um-BDS-und-documenta-15/!5825724
[3] /Eroeffnung-der-documenta15-in-Kassel/!5859290
[4] /documenta-in-Kassel-und-BDS-Bewegung/!5859357
## AUTOREN
Andreas Fanizadeh
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