# taz.de -- Deutsche Schiffbauer enttäuscht: Energiewende nützt Werften wenig | |
> Die deutsche Schiffbauindustrie hatte auf Aufträge im Zusammenhang mit | |
> dem Ausbau der Offshore-Windräder gehofft. Bislang vergeblich. | |
Bild: Ein Hubschiff verlässt den Hafen Mukran auf Rügen | |
Hamburg taz | Die politischen Pläne sind gewaltig. In acht Jahren sollen | |
viermal so viele [1][Windkraftanlagen in Nord- und Ostsee] aufgestellt | |
werden wie in den zwanzig Jahren zuvor. Vom erhofften Offshore-Boom wollen | |
deutsche Schiffbauer profitieren. Doch noch gebe es keinen politischen | |
Rückenwind, beklagte der Verband für Schiffbau und Meerestechnik (VSM) auf | |
seiner Jahrespressekonferenz am Montag in Hamburg. Angesichts der „riesigen | |
Ambitionen“ der Europäischen Kommission und der Bundesregierung zeigte sich | |
der Verband für die Zukunft eigentlich optimistisch. | |
Aber noch mangelt es für die [2][Energiewende auf See] an allem. „Selbst | |
das einfachste Gerät fehlt“, etwa für den Transport von Mühlenflügeln, | |
sagte VSM-Hauptgeschäftsführer Reinhard Lüken. Zukünftig werde eine | |
komplette Infrastruktur benötigt: Einrichter- und Kranschiffe, | |
Plattformversorger und Kabelleger. Auch für den Rückbau alter Anlagen | |
benötige man Spezialschiffe und ausgebildete Seeleute. | |
Doch bislang tut sich wenig in den Auftragsbüchern. Zu ungewiss sind die | |
politischen Rahmenbedingungen. Das Windenergie-auf-See-Gesetz steckt im | |
parlamentarischen Prozess fest. Der VSM fordert eine Koppelung von | |
staatlicher Förderung und Wertschöpfung innerhalb der EU. „Es kann doch | |
nicht sein, dass wir den ganzen Mist aus Asien herschippern“, platzte Lüken | |
der Kragen. | |
In der Vergangenheit gingen im Weltschiffbau immer mehr Aufträge nach | |
Südkorea und China, die ihre Werften mit Abermilliarden subventionieren. | |
Eine Folge: Aktuell hätten deutsche Reeder Neubauten im Wert von 4 | |
Milliarden Euro bestellt, davon 55 Prozent in China und 44 Prozent in | |
Korea. Obwohl die Reedereien durch erhebliche Steuermittel unterstützt | |
werden, so der VSM, verbleibt gerade einmal ein Prozent der | |
Neubauinvestitionen in der EU. | |
## IG Metall aufgescheucht | |
Den jahrelangen „Substanzverzehr an Schiffbaukapazitäten“ – etwa in Emden | |
und Hamburg – findet der VSM angesichts der erwarteten stark wachsenden | |
Nachfrage besorgniserregend und fordert „eine dringende Korrektur politisch | |
gesetzter Rahmenbedingungen“, um einen unwiederbringlichen | |
Fähigkeitsverlust zu vermeiden. Um den sorgt sich auch die Gewerkschaft. | |
„Bund, Land und Investoren dürfen die Beschäftigten der MV Werften in | |
Rostock, Stralsund und Wismar jetzt nicht hängen lassen“, fordert Daniel | |
Friedrich, Bezirksleiter der IG Metall. Die Beschäftigten der drei | |
insolventen Werften bräuchten konkrete Zusagen für ihre Zukunft. Für | |
Dienstag hat sich der Ostbeauftragte der Bundesregierung, Staatsminister | |
Carsten Schneider, zu einem Besuch in Wismar angekündigt. | |
23 May 2022 | |
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## AUTOREN | |
Hermannus Pfeiffer | |
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