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# taz.de -- Tankrabatt setzt falsche Anreize: Für billigen Sprit zahlen alle
> Als Teil des Entlastungspakets hat der Bundestag den Tankrabatt
> verabschiedet. Er setzt falsche Anreize und untergräbt die Klimapolitik.
Bild: Immer rein mit der Suppe: Der Tankrabatt gibt das falsche Signal
Im Zuge des Energieentlastungspakets hat der Bundestag in der Nacht zum
Freitag neben dem 9-Euro-Ticket auch den Tankrabatt beschlossen, eine
Steuersenkung für Diesel und Benzin. Unter Federführung des FDP-geführten
Finanzministeriums wird ein massiver Eingriff in den freien Markt getätigt.
Der kleinste Koalitionspartner [1][führt damit nicht nur einen seiner
zentralen Glaubenssätze ad absurdum], er liefert auch ein hervorragendes
Beispiel für die Verzerrungen, die ein solcher Eingriff bewirken kann. Ein
Tankrabatt setzt falsche Anreize. Das ist offensichtlich – politisch
alternativlos ist es allerdings keineswegs.
Wenn Menschen den steigenden Preis eines Gutes selbst im Porte-monnaie
spüren, reagieren sie darauf. Ihr (Benzin-)Verbrauch schränkt ihre
persönlichen Konsummöglichkeiten an anderer Stelle plötzlich stärker ein,
deshalb reduzieren sie ihn entsprechend. Gewährt der Staat eine Subvention
(den Tankrabatt), nimmt er einen Teil des Preises aus der Kalkulation der
Menschen heraus. Es wird wieder munter getankt und weitergefahren. Je mehr,
desto höher der Rabatt!
Die Kosten fallen trotzdem an, sie werden allerdings von der Allge-meinheit
getragen, und der oder die Einzelne bezieht sie deshalb nicht in die
persönliche Entscheidung ein. Die Steuersenkung verfälscht also das Signal,
das der Preisanstieg gibt, nämlich dass Öl knapp ist und wir weniger davon
konsumieren müssen. Noch schlimmer: Wer von der Subvention profitieren
will, muss tanken. Der Tankrabatt befördert also etwas, das eigentlich
reduziert werden sollte.
## Konflikt zwischen Wohlstand und Realität
Klar ist, dass nicht alle Menschen sich einfach anpassen können: In der
Stadt fällt der Umstieg auf den öffentlichen Nahverkehr leicht, auf dem
Land gibt es oft gar keinen. Reiche Menschen, die lediglich Luxuskonsum
einschränken müssen, können den höheren Benzinpreis besser verkraften als
solche, die schon vorher jeden Cent umdrehen mussten. Natürlich ist hier
Unterstützung nötig.
Andererseits sieht die neue Realität nun einmal so aus, dass fossile
Mobilität teurer ist: Öl ist knapper geworden und es besteht zunehmend
Konsens, weniger klimaschädliche Technologien zu nutzen als bisher. Eine
Umstellung auf neue Formen der Mobilität ist notwendig – und entsprechende
ökonomische Anreize wünschenswert, siehe CO2-Bepreisung.
Das Entlastungspaket gibt mit seiner Energiekostenpauschale sogar einen
Hinweis, wie ein Mittelweg in diesem Konflikt aussehen könnte: Zuschüsse,
die nicht an irgendeinen Ausgabezweck gebunden sind. So können die Menschen
sich wieder mehr leisten, aber haben trotzdem das ganze Ausmaß der
Verteuerung vor Augen. Sie entscheiden nun auf Grundlage von Preisen, die
die reale Verfügbarkeit widerspiegeln.
Wichtig wäre, [2][dass die Hilfen präziser verteilt werden als im
Gesetzentwurf vorgesehen], und bei denen ankommen, die sie auch wirklich
brauchen. Apropos: [3][Vom Tankrabatt profitieren vor allem Ölkonzerne, die
dadurch mehr absetzen können]. Langfristig können aber ohnehin nicht
finanzielle Hilfen das Problem lösen: Es braucht Investitionen und Debatten
für eine grundlegende Umstellung unseres Mobilitätskonzepts.
20 May 2022
## LINKS
[1] /Die-FDP-und-der-Benzin-Rabatt/!5843674
[2] /Entlastungspaket-der-Bundesregierung/!5850440
[3] /Hohe-Spritpreise-in-Deutschland/!5838442
## AUTOREN
Josa Zeitlinger
## TAGS
Schwerpunkt Klimawandel
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Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
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