# taz.de -- Kürzungen bei Schulbau befürchtet: Eine Verlustrechnung | |
> Um die Haushaltsmittel für den Schulbau wird hart gerungen. Als Bedingung | |
> für mehr Geld verlangt die Finanzverwaltung jetzt genauere Bedarfszahlen. | |
Bild: Keine leichte Aufgabe: Reicht das Geld für den Schulbau? | |
BERLIN taz | Der Streit um befürchtete Kürzungen bei den Schulbau-Mitteln | |
im Haushalt 2022/23 verschärft sich. Hinter den Kulissen wächst der Frust | |
bei den Verhandler*innen, denn den Abgeordneten, die derzeit in den | |
Fachausschüssen den [1][Haushaltsentwurf der Finanzverwaltung] prüfen, | |
fehlt es an Nachvollziehbarkeit der Zahlen, mit denen die seit 2017 | |
laufende Schulbauoffensive des Landes abgesichert werden soll. Als Problem | |
stellen sich vor allem die Schülerzahl-Prognosen der Bildungsverwaltung | |
heraus – denn aus Sicht des Hauses von [2][Finanzsenator Daniel Wesener | |
(Grüne)] rechtfertigen die offenbar vorerst keine weiteren Mittel. | |
Es geht dabei um die Gelder für Grundschulneubauten, Sporthallen und die | |
„Modularen Ergänzungsbauten“, mit denen schnell zusätzliche Schulplätze … | |
bestehenden Standorten geschaffen werden sollen. Beim Neubau von Gymnasien | |
und Sekundarschulen sieht es anders aus, hier baut die landeseigene Howoge | |
kreditfinanziert. | |
„Jede Senatsverwaltung präsentiert uns andere Zahlen“, sagt Louis Krüger, | |
schulpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion. „Es wurden nicht ausreichend | |
Investitionsmittel für den Schulbau aufgestellt, das ist ein Fakt“, sagt | |
Krügers Kollegin von der Linken, Franziska Brychy. Auf einer Runde am | |
Freitag mit Vertreter*innen der beteiligten Senatsverwaltungen, den | |
Bezirken und den Fachpolitiker*innen im Parlament habe man deshalb | |
den Verwaltungen „den Auftrag mitgegeben, sich nochmal zusammenzusetzen und | |
eine geeinte Bedarfsprognose zu erstellen“, so Krüger. | |
Diese Gespräche gebe es nun auch, heißt es. Zusätzlich Druck machen dürfte | |
außerdem eine Vorlage der Bildungsverwaltung, die am Dienstag auf der | |
Tagesordnung der Senatssitzung steht. Der jährliche Bericht der „Taskforce | |
Schulbau“ hat nach taz-Informationen einen klaren „Mehrbedarf“ an | |
Schulplätzen in den Bezirken ermittelt – nicht zuletzt wegen des | |
Ukrainekriegs. Laut der Prognose der Kultusministerkonferenz müssen rund | |
4.000 Kinder aus der Ukraine langfristig ins Berliner Schulsystem | |
integriert werden. | |
Der bisherigen Prognose der Bildungsverwaltung zufolge steigt die | |
Schüler*innenzahl bis 2030/31 um 26.100 auf dann rund 363.000 – ein | |
Zuwachs von 7,8 Prozentpunkten. Der Höhepunkt wird im Grundschulbereich für | |
die Jahre 2025/26 erwartet – was heißt, dass man sich gerade jetzt keine | |
Verzögerungen beim Schulbau leisten kann. | |
## Nicht differenziert genug | |
Der Finanzverwaltung ist die Darstellung der Schülerprognose auf | |
Bezirksebene aber nicht differenziert genug. „Die Verwaltung hat klar | |
gemacht, dass sie Bedarfszahlen für jeden Einschulungsbereich will“, sagt | |
Louis Krüger – wohl auch unter dem Eindruck, dass für Bezirke wie Pankow | |
und Mitte ein stagnierender oder sogar leicht sinkender Bedarf festgehalten | |
wird. Nur unter dieser Bedingung habe es die Zusicherung gegeben, „dass für | |
alle notwendigen neuen Schulstandorte Geld im Haushalt gefunden wird“. Als | |
„notwendig“ definiert sind 19 neue Grundschulen, die in der | |
Investitionsplanung 2021-25 des Landes stehen, sowie 38 Ergänzungsbauten. | |
Im Haushaltsentwurf für das „Neue Schulen“-Programm, das für den Neubau v… | |
Grundschulen vorgesehen ist, stehen für 2022/23 jeweils 200 Millionen Euro. | |
In der Investitionsplanung des Landes waren es hingegen für denselben | |
Zeitraum noch 83 Millionen Euro mehr. | |
Ähnliches gilt für die Modularen Ergänzungsbauten. Hier sieht die | |
Investitionsplanung 170 Millionen Euro für 22/23 vor – im Haushaltsentwurf | |
finden sich nur noch 130 Millionen Euro wieder. Tatsächlich ist aber nicht | |
nur die Summe entscheidend, die im Haushaltstitel veranschlagt ist. Die | |
Finanzverwaltung hat auch 819 Millionen Euro an sogenannten | |
„Verpflichtungsermächtigungen“ für 2022/23 eingestellt – quasi Garantie… | |
um begonnene Planungsvorhaben auch zu Ende führen zu können. | |
Torsten Kühne (CDU), Bildungsstadtrat in Marzahn-Hellersdorf, beruhigt das | |
nicht. Er befürchtet, dass mit dem geringeren Haushaltsansatz Baumaßnahmen | |
auf kommende Haushalte „gestreckt“ werden sollen. Sprich: Was begonnen | |
wurde, wird fertig gebaut, aber die Planung neuer Vorhaben könnte sich | |
verzögern – solange die Finanzverwaltung eben keine Notwendigkeit erkennt. | |
Der Grünen-Abgeordnete Krüger sieht hier eine Konkurrenz zum | |
[3][Wohnungsneubau, den Rot-Grün-Rot in den kommenden Jahren forcieren] | |
will: „Die Bauvorhaben in der Stadt werden mehr statt weniger, und da haben | |
wir beim Schulbau natürlich eine Prioritätensetzung zu verteidigen.“ | |
Das betont auch die Bildungsgewerkschaft GEW: „Die Schulbauoffensive darf | |
nicht ins Stocken geraten“, fordert der Berliner Landesvorsitzende Tom | |
Erdmann. Schul- und Wohnungsneubau dürften nicht gegeneinander ausgespielt | |
werden: „Auch eine Verschiebung von Geldern in die Zukunft ist eine | |
Kürzung.“ | |
Genau das, sagt Stadtrat Kühne, „können wir uns angesichts der | |
Schülerzahlentwicklung nicht leisten.“ Nach Jahren der Planung komme man | |
„jetzt erst so richtig ins Bauen, und da wäre es fatal, schon wieder auf | |
die Bremse zu steigen“. | |
Diese Befürchtung teilt Kühnes Neuköllner Amtskollegin. Im Süden ihres | |
Bezirks sind in den vergangenen Jahren viele Neubauten entstanden. Vor | |
allem junge Familien zogen her, deren Kinder Schulplätze brauchen. „Nun | |
wurde uns signalisiert, dass sich einige Standorte verzögern könnten“, sagt | |
Schulstadträtin Karin Korte (SPD). Welche das sein könnten, sei aber | |
unklar. | |
Korte, für deren Bezirk bis 2030/31 ein Aufwuchs der | |
Schüler*innenzahlen um vergleichsweise moderate 3 Prozentpunkte | |
prognostiziert wird, sagt: „Genügend Grundschulplätze in Nordneukölln | |
bringen mir nichts für den Süden des Bezirks.“ | |
Aus der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, die Bauherrin für die | |
Grundschulen und Ergänzungsbauten ist, heißt es auf Anfrage: „Mit den | |
eingestellten Summen haben wir Planungssicherheit.“ Und steigende | |
Baukosten, weil etwa [4][Holz seit dem Ukrainekrieg teurer] geworden ist, | |
ließen sich ohnehin nicht vorab veranschlagen. | |
Grundsätzlich kommentieren die Verwaltungen den Haushalt nicht oder nur | |
sehr ungern, bevor er vom Parlament final mit allen Änderungen | |
verabschiedet wird. Aber zumindest zu den eingestellten Geldern für die | |
Modularen Ergänzungsbauten sagt eine Sprecherin von | |
Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD): „Hier besteht noch | |
Gesprächsbedarf.“ | |
Am 8. Juni berät der Hauptausschuss abschließend über den Haushaltsentwurf. | |
Ende Juni soll ihn das Parlament verabschieden. Bis dahin müssen alle ihre | |
Mathe-Hausaufgaben gemacht haben. | |
17 May 2022 | |
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## AUTOREN | |
Anna Klöpper | |
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