# taz.de -- Probleme beim Schulbau in Berlin: Eine einzige Baustelle | |
> Berliner Bezirke müssen mit weniger Geld für den Schulbau auskommen. In | |
> Mitte verzögert das Hunderte neue Schulplätze um mindestens fünf Jahre. | |
Bild: Stefanie Remlinger (Grüne), Schulstadträtin in Mitte, auf der Baustelle… | |
Zwei Handwerker sind an diesem Montagmorgen auf der Baustelle der | |
Charlotte-Pfeffer-Schule in Mitte mit Estricharbeiten beschäftigt. Ab und | |
zu kreischt eine Bohrmaschine, ansonsten werkeln sie still vor sich hin. | |
Schulstadträtin Stefanie Remlinger (Grüne) steht in dem Altbauteil der | |
Förderschule, der saniert und um einen neuen Anbau ergänzt wird, um | |
[1][dringend benötigte Schulplätze zu schaffen]: „Das ist eine von den | |
guten Baustellen“, sagt Remlinger. „Insofern, als dass überhaupt Geld | |
vorhanden ist.“ | |
Zwar wird an der Charlotte-Pfeffer-Schule nach Remlingers Geschmack schon | |
viel zu lange gewerkelt: „Wir setzen hier gerade die Bauplanungsunterlagen | |
von 2009 um“, sagt sie. Was, wie ihr Kollege Jobst Jungclaus aus der | |
Abteilung Facility Management ergänzt, zum Beispiel dazu führe, dass man | |
diese Schule saniere und erweitere, aber ohne moderne Schließanlagen oder | |
WLAN gleich mit einzubauen – „das war damals noch nicht der technische | |
Standard“. Da werde man dann wohl „nachrüsten“, irgendwann, sagt Remling… | |
Aber immerhin: Es wird gebaut an der Schule gleich hinter dem Rathaus | |
Mitte, es geht voran. Für 33 Millionen Euro sollen bis Ende 2024 aus 120 | |
Förderschulplätzen mit dem Schwerpunkt geistige Entwicklung 200 geworden | |
sein. | |
Es gibt auch andere Baustellen in Mitte, Remlinger zählt genau 16, an denen | |
in den kommenden fünf Jahren gar nichts vorangehen wird. | |
Der Grund ist ein Streit zwischen Bezirken und der Senatsverwaltung für | |
Finanzen um die Investitionsplanung für die Jahre 2022 bis 2026. Die | |
Bezirke sind erzürnt, sie meinen, die Finanzverwaltung habe ihnen mal eben | |
und überraschend eine schlappe Milliarde Euro an Investitionsmitteln | |
gestrichen. Die Finanzverwaltung redet indes lieber von einer Anpassung des | |
Finanzrahmens an das, was die Bezirke überhaupt realistischerweise werden | |
ausgeben können. | |
## Eine Lücke aufgetan | |
Es habe sich, sagt ein Sprecher von Finanzsenator Daniel Wesener (Grüne), | |
in der Vergangenheit stets eine Lücke zwischen „Investitionsplanung und | |
finanziellen Möglichkeiten“ aufgetan – bei der Hauptverwaltung wie in den | |
Bezirken. Die rot-grün-rote Koalition habe deshalb vereinbart, die Praxis | |
der überzeichneten Investitionsplanung zu ändern: Der Investitionsrahmen in | |
den nächsten Jahren liege voraussichtlich bei rund 3,7 Milliarden Euro pro | |
Jahr, so der Sprecher. Die bisherige Planung habe aber Vorhaben für mehr | |
als 5 Milliarden Euro umfasst. | |
Also wird der Investitionsrahmen um 1 Milliarde Euro gekürzt. Was | |
haushälterisch eine nüchterne Entscheidung sein mag, hat auf einigen | |
Baustellen der Bezirke harte Konsequenzen. | |
„Bis 2027 darf ich da nichts mehr anpacken, auch die Planungen ruhen“, sagt | |
Remlinger. Insgesamt werden 504 Grundschulplätze und 775 Plätze an | |
weiterführenden Schulen im Bezirk „erst mal nicht beziehungsweise viel | |
später entstehen“. Angesichts [2][des berlinweiten Schulplatzmangels], der | |
sich durch die Ukrainekrise noch verstärkt hat, ist das ein Problem. | |
In den Schulen wiederum generiert auch die Enge längst Umbaubedarfe: Die | |
Heinrich-von-Stephan-Gemeinschaftsschule in ihrem Bezirk sei eigentlich für | |
300 Kinder ausgelegt, habe inzwischen aber 800 Schüler*innen, sagt | |
Remlinger. Weil die alte Mensa längst zu klein ist, steht ein zusätzlicher | |
Container auf dem Schulhof. Deshalb fehle den Kindern nun aber ein | |
Pausenhof. Es brauche dringend einen Mensaneubau auf einer bereits dafür | |
vorgesehenen Erweiterungsfläche – doch vor 2027 werde sich dort nichts tun, | |
sagt Remlinger. | |
Welche Bauvorhaben Priorität haben und welche nicht, entscheidet die | |
Senatsbildungsverwaltung. Die Bezirke melden ihre Vorhaben, die | |
Bildungsverwaltung macht daraus eine „überbezirkliche Dringlichkeitsliste“. | |
Diese Liste wiederum nimmt sich die Finanzverwaltung vor und schaut, salopp | |
gesagt, wie weit das Geld reicht. Könnten dann die Bezirke und die | |
Bildungsverwaltung nicht vielleicht einfacher klarer miteinander | |
kommunizieren, welche Projekte in jedem Fall weit nach oben müssen? | |
Aus Sicht der Bildungsverwaltung ist das die falsche Frage: „Es ist keine | |
Frage der Reihenfolge, es ist eine Frage des Geldes“, sagt ein Sprecher. Es | |
gebe einfach „zu wenig insgesamt“. | |
Stimmt nicht, es gebe sogar mehr als je zuvor, sagt die Finanzverwaltung: | |
„Die Bezirke haben zwar weniger, als sie in der Investitionsplanung haben | |
wollten – aber sie haben in den nächsten Jahren mehr Mittel zur Verfügung, | |
als sie bisher jährlich abgerufen haben.“ Konkret hätten die Bezirke 2021 | |
für den Schulbau 160 Millionen Euro abgerufen. 2025 stünden ihnen 375 | |
Millionen Euro zur Verfügung. | |
Im September will der Senat die Investitionsplanung final beschließen. Bis | |
dahin haben die Bezirke und die Bildungsverwaltung noch Gelegenheit, | |
Prioritäten zu ändern. Stadträtin Remlinger steht auf ihrer „guten“ | |
Baustelle und seufzt: „Ich verstehe, dass der Finanzsenator seinen | |
Finanzrahmen hat. Aber es ist dramatisch.“ | |
20 Jul 2022 | |
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## AUTOREN | |
Anna Klöpper | |
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