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# taz.de -- Rechtsextreme Aufmärsche zum 1. Mai: Überschaubarer Haufen
> In Zwickau, Dortmund und Erfurt marschieren am 1. Mai Rechtsextreme auf.
> Doch es sind längst nicht so viele wie einst – und der Gegenprotest ist
> groß.
Bild: In Zwickau überwog die Zahl der Gegendemonstrant:innen gegen Rechts in d…
Zwickau taz | Eine „kraftvolle Demonstration“ hatte „III. Weg“-Chef
Matthias Fischer am Sonntagmittag für den 1. Mai in Zwickau angekündigt.
Aber es bleibt ein überschaubarer Haufen Rechtsextremer, der dann über die
Straßen zieht, die Polizei spricht von gut 200 Teilnehmenden. Und das,
obwohl der „III. Weg“ seinen Aufzug bundesweit beworben hatte. Der
Gegenprotest in der Stadt übertrifft das locker: Hier sollen sich rund 850
Personen versammelt haben.
Der Rechte Aufmarsch wird aber schon vor Beginn von Gewalt überschattet. In
Chemnitz und Glauchau greifen Neonazis teils mit Steinwürfen einen Zug mit
Gegendemonstrierenden an, der von Dresden auf dem Weg nach Zwickau ist. Die
Polizei rückt erst später an, nimmt nach eigener Auskunft 41 Rechtsextreme
in Gewahrsam. Ein 28-jähriger Gegendemonstrant sei leicht verletzt worden.
In Zwickau selbst steckt der „III. Weg“ damit vorerst auf dem umgitterten
Neumarkt fest, der im Vorfeld mit antifaschistischen Schriftzügen übersät
wurde. In der Innenstadt sammelt sich der Gegenprotest, vor allem am
Schwanenteichpark, wo mit Gedenkbäumen an den NSU-Rechtsterror erinnert
wird.
Die Neonazis langweilen sich derweil bei Rechtsrock und Bockwurst, „III.
Weg“-Chef Matthias Fischer klagt über die Auflagen. Die Versammlungsbehörde
hatte der Partei ein paramilitärisches Auftreten in gleicher Kleidung und
mit Fackeln verboten, nur zwei Trommeln erlaubt. Eine Lektion aus einem
Aufmarsch im NS-Stil des [1][„III. Wegs“ am 1. Mai 2019 in Plauen], der
bundesweit für Schlagzeilen sorgte.
## Solidarität mit ukrainischen Nationalisten
Erst mit zweieinhalbstündiger Verspätung ziehen die Neonazis los, eng
begleitet von der Polizei. An mehreren Straßenecken erwartet sie
Gegenprotest, direkte Konfrontationen aber bleiben aus. Aufrufe von Fischer
an Anwohner, sich einzureihen, verhallen. Die Route verläuft zumeist
abseits der Innenstadt. Nach einer Stunde gelangt der „III. Weg“ wieder am
Neumarkt an, wo Parteiordner Medienvertreter bedrängen. Parteichef Fischer
beschimpft einige von ihnen von der Bühne aus als „Dreckschweine“, die sich
nur für Journalisten hielten.
Dann erklärt sich Fischer noch solidarisch mit ukrainischen Nationalisten
erklärt, die momentan gegen Russland kämpften – in der rechtsextremen
Szene, die weitgehend zu Putin hält, durchaus eine umstrittene Position.
Der „III. Weg“ aber lässt gelb-blaue Luftballons steigen, stimmt noch ein
Lied von Hans Baumann an, einst Teil der NS-Reichsjugendführung. Dann ist
der Spuk vorbei. Eine „kraftvolle Demonstration“? Wohl kaum.
Die Zeit der rechtsextremen Großaufmärsche am 1. Mai scheint damit vorbei.
Es hat lange Tradition, dass Neonazis den Tag auch für sich einzunehmen
versuchen. In den vergangenen zwei Jahren fielen die Aufmärsche indes
pandemiebedingt fast gänzlich aus. Und auch in Dortmund und Erfurt bleiben
Aufzüge von Rechtsextremen am Sonntag überschaubar.
In Dortmund sind es ebenfalls rund 200 Neonazis, die sich zusammenfinden.
Dort hatte ein rechtsextremes Bündnis aus der Splitterpartei „Die Rechte“,
der NPD-Jugend und anderen aufgerufen – auch mit dem Slogan „1. Mai – seit
1933 arbeitsfrei“. Schon am Vorabend wollten sich in der Stadt
Rechtsextreme zu einem „Fortress Europe Kongress“ treffen. Auch der
Dortmunder Aufmarsch erhielt strenge Auflagen, die Rechtsextremen mussten
mehrere Fahnen einrollen, um paramilitärisches Auftreten zu verhindern –
erlaubt wurden nur 20 Flaggen. Und auch hier überwog der Gegenprotest. Laut
Polizei versuchten einige Autonome, Polizeisperren zu durchbrechen. Die
Autonomen kritisierten wiederum Polizeigewalt.
## Kritik an der Polizei
In Erfurt marschierte schließlich die Kleinstpartei „Neue Stärke“ auf –…
suchte den Eklat. Provokativ marschierten die Rechtsextremen über eine
Regenbogenfahne. Die Aktion war der Partei im Vorfeld genehmigt worden.
Auch hier gab es Gegenprotest.
In Zwickau zeigte sich das antifaschistische Bündnis von
Gegendemonstrierenden mit den Protesten zufrieden, sprach von einem
„starken Zeichen“. Schon im Vorfeld des „III. Weg“-Aufmarschs hatten si…
Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) und mehrere Bürgermeister in
einem Offenen Brief gegen die Rechtsextremisten gestellt. Man dürfe die
Heimat „nicht den Extremisten überlassen“ und sollte am 1. Mai ein Zeichen
setzen „für Vielfalt und Offenheit“, erklärten sie.
Kritik richtete sich aber an die Polizei nach den rechtsextremen Angriffen
auf die Gegendemonstrierenden im Zug. Die Linken-Innenexpertin Kerstin
Köditz erklärte, dass die Polizei auf die rechtsextremen Attacken hätte
vorbereitet sein müssen. Neu-Innenminister Armin Schuster (CDU) müsse hier
nun „Antworten liefern“, warum dies nicht so war. Auch der Grünen-Politiker
Jürgen Kasek verlangte Aufklärung und nannte die Angriffe „erwartbar und
vorhersagbar“. Ein Polizeisprecher selbst erklärte, man werde gegen die
Rechtsextremen nun wegen schweren Landfriedensbruchs ermitteln.
1 May 2022
## LINKS
[1] /Neonazi-Aufmarsch-in-Plauen/!5588679
## AUTOREN
Konrad Litschko
## TAGS
Der III. Weg
Rechtsextremismus
Zivilgesellschaft
Tag der Arbeit / 1. Mai
Sachsen
Kolumne Der rechte Rand
Demos
Der III. Weg
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Schwerpunkt Neonazis
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