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# taz.de -- Ampel will hohe Energiepreise abfedern: Kabinett beschließt Entlas…
> Die Bundesregierung hat sich auf ein zweites großes Maßnahmenpaket
> geeinigt, das die sozialen Folgen der hohen Energiepreise abdämpfen soll.
> Eine Übersicht.
Bild: Autofahrer werden entlastet
Berlin dpa/rtr | Die Bundesregierung hat ihr zweites Paket zur Entlastung
der Verbraucher bei den Energiekosten auf den Weg gebracht. Das Kabinett
beschloss am Mittwoch mehrere Entwürfe für Gesetzesänderungen, denen der
Bundestag noch zustimmen muss. Es profitieren Bahn- wie Autofahrer und fast
alle Erwerbstätigen. Doch umstritten ist, ob die Hilfen die explodierten
Preise auch nur annähernd abfedern können. Das wird letztlich auch vom
Verlauf des Krieges – und einem möglichen Lieferstopp für russisches Gas –
abhängen.
Die Spitzen der Koalition aus SPD, Grünen und FDP hatten sich Ende März auf
das Paket geeinigt, als klar wurde, welche Auswirkungen der russische Krieg
in der Ukraine auf die Preise an der Tankstelle, beim Heizen und auch im
Supermarkt in Deutschland haben würde. Bereits im Februar war unter anderem
die Abschaffung der EEG-Umlage über die Stromrechnung ab Juli beschlossen
worden – darüber soll der Bundestag an diesem Donnerstag endgültig
entscheiden.
Was im zweiten Entlastungspaket steckt:
## Sprit soll durch geringere Energiesteuern billiger werden
Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine schnellten hierzulande die
Spritpreise nach oben – teilweise um zweistellige Centbeträge pro Tag und
Liter. Super E10 erreichte seinen Höhepunkt laut ADAC am 14. März mit 2,203
Euro im bundesweiten Tagesdurchschnitt – das sind gut 45 Cent mehr als am
Tag vor Kriegsausbruch. Diesel war am 10. März mit 2,321 Euro pro Liter am
teuersten – ein Plus von fast 66 Cent im Vergleich zum Vorkriegsstand.
Die Ampel-Koalition beschloss daher, die Energiesteuern auf Kraftstoffe für
drei Monate – von Anfang Juni bis Ende August – so weit zu senken, wie es
EU-Richtlinien erlauben. Man setzt darauf, dass die Unternehmen das auch an
die Kunden weitergeben. Bei Benzin reduziert sich der Steuersatz laut
Finanzministerium um 35 Cent pro Liter, bei Diesel um 17 Cent.
Die Absenkung ist umstritten, denn inzwischen sind die Spritpreise auch so
schon wieder spürbar gesunken. Am Dienstag kostete E10 den ADAC-Zahlen
zufolge 1,954 Euro pro Liter, Diesel 2,019 Euro.
## 9-Euro-Monatsticket im Nah- und Regionalverkehr
Als Ausgleich für die Subventionierung fossiler Energien – etwa durch den
günstigeren Sprit – will die Bundesregierung auf den Öffentlichen
Personennahverkehr (ÖPNV) billiger machen. Nicht nur Auto-, sondern auch
Bahnfahrer sollen profitieren. Von Juni bis Ende August sollen Fahrgäste
[1][bundesweit für 9 Euro pro Monat im Nah- und Regionalverkehr fahren
können] – und damit viel günstiger als mit üblichen Monatstickets.
Das Kabinett beschloss Änderungen am Regionalisierungsgesetz – das ist
Grundlage für die Gelder, die der Bund den Ländern jährlich zur
Finanzierung des Schienenpersonennahverkehrs zur Verfügung stellt.
Der Bund will den Ländern für das 9-Euro-Monatsticket nun 2,5 Milliarden
Euro extra geben. Allerdings reicht das den Ländern nicht aus, sie wollen
deutlich mehr Geld, um stark gestiegene Energie-, Bau- und Personalkosten
im ÖPNV ausgleichen zu können. Sie könnten das Projekt daher im Bundesrat
vorerst scheitern lassen.
## 300 Euro Energiepreispauschale
Einkommensteuerpflichtige Erwerbstätige sollen zum Ausgleich der hohen
Energiekosten eine Pauschale von einmalig 300 Euro brutto bekommen. Das
Geld wird vom Arbeitgeber als Zuschuss zum Gehalt ausgezahlt, bei
Selbstständigen wird die Steuer-Vorauszahlung gesenkt. Anschließend
unterliegen die 300 Euro der Einkommensteuer. Dadurch bekommen Bürger mit
hohem Steuersatz am Ende weniger raus, wer unter dem Grundfreibetrag
bleibt, profitiert von der vollen Summe.
Umstritten ist, dass Rentner bei dem Auszahlungsweg leer ausgehen sollen.
Sozialverbände kritisieren, dass gerade Seniorinnen und Senioren mit
kleinen Renten aber auf das Geld angewiesen wären. Die Ampel-Parteien
führen dagegen die anstehende Rentenerhöhung an. Ebenfalls umstritten ist,
ob die 300 Euro ausreichen werden, um die Mehrkosten durch die gestiegenen
Preise etwa beim Heizen auszugleichen.
## Bonus für Familien mit Kindern und Sozialleistungsbezieher
Familien sollen besonders entlastet werden – deshalb wird das Kindergeld
einmalig um 100 Euro pro Kind angehoben. Der Bonus soll im Sommer aufs
Konto kommen und automatisch von der Familienkasse ausgezahlt werden, er
muss also in der Regel nicht beantragt werden.
Wer Sozialleistungen bezieht, soll zudem zusätzlich zum bereits zuvor
beschlossenen 100-Euro-Zuschuss eine weitere Einmalzahlung von 100 Euro
bekommen.
## Kosten für den Staat
Für das Entlastungspaket muss Finanzminister Christian Lindner (FDP) seinen
bereits beim Bundestag eingereichten Haushaltsplänen nachträglich ein
Update verpassen. In einem Ergänzungshaushalt [2][plant er mit fast 40
Milliarden Euro zusätzlichen Schulden] – darunter summieren sich aber auch
etwa Wirtschaftshilfen, die Verlängerung der kostenlosen Coronatests und
andere Maßnahmen.
Die Energiepreispauschale allein wird den Staat laut Entwurf etwa 10,4
Milliarden Euro kosten. Zwar summieren sich die Auszahlungen auf 13,8
Milliarden Euro, der Staat nimmt aber auch 3,4 Milliarden mehr Lohn- und
Einkommensteuer sowie Solidaritätszuschlag ein. Für den Kinderbonus sind in
diesem Jahr Kosten von fast 9 Milliarden Euro eingeplant. Auch diese werden
in den Folgejahren zu etwas mehr Steuereinnahmen führen. Durch die
vorübergehende Steuersenkung beim Sprit entgehen dem Bund nach Rechnung des
Finanzministeriums Steuereinnahmen von rund 3,15 Milliarden Euro.
27 Apr 2022
## LINKS
[1] /9-Euro-Ticket-der-Bundesregierung/!5849521
[2] /Ausgaben-im-Ergaenzungshaushalt/!5847030
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