# taz.de -- Rote Liste wird ergänzt: Auch die Reptilien sterben | |
> Eine neue Studie zeigt, dass jede fünfte Reptilienart gefährdet ist. Oft | |
> helfen ihnen aber die gleichen Maßnahmen wie Vögeln und Säugetieren. | |
Bild: Züngelnde Kobra | |
BERLIN taz | Jede fünfte Reptilienart ist vom Aussterben bedroht. Zu diesem | |
Ergebnis kommt eine Studie, die am Mittwoch im Fachmagazin Nature erschien | |
und 10.196 Kriechtierarten untersucht hat. Erstmals wurden die Reptilien | |
damit umfassend auf die Rote Liste der Weltnaturschutzunion IUCN gesetzt. | |
Besonders gefährdet sind Reptilienarten in Südostasien, Westafrika, der | |
Andenregion und der Karibik, weniger in Nordeuropa. Proportional zur Zahl | |
der Arten sind Reptilien zwar seltener als Amphibien und Säugetiere vom | |
Aussterben bedroht, aber häufiger als Vögel. „Von überwältigend vielen | |
Spezies wussten wir gar nicht, dass sie gefährdet sind“, sagte Neil Cox, | |
einer der Studienautor*innen, bei der Präsentation der Studie. | |
Besonders betroffen sind in Wäldern heimische Reptilien: Jede vierte dort | |
lebende Art ist bedroht. Waldhabitate gehen vor allem [1][aufgrund von | |
Rodungen und landwirtschaftlicher Nutzung] verloren. Diese | |
Landnutzungsänderung ist die größte Bedrohung für Reptilienarten. Der | |
Klimawandel trägt laut Studie nur bei zehn Prozent der gefährdeten Arten zu | |
deren Verschwinden bei. Studienautor Bruce Young vermutet aber einen | |
größeren tatsächlichen Einfluss, weil die Rote Liste nur auf die nächsten | |
zehn Jahre oder drei Generationen der jeweiligen Arten blicke und deswegen | |
die mittelfristigen Auswirkungen wie der Anstieg des Meeresspiegels | |
[2][unberücksichtigt bleiben]. | |
Die Gründe für das Reptiliensterben – Landnutzungsänderung, Jagd und | |
Klimawandel – sind dieselben wie für das Artensterben unter den anderen | |
Landwirbeltieren. Deswegen profitierten sie über die vergangenen Jahre auch | |
von den Maßnahmen, die eigentlich zum Schutz von Säugetieren, Vögeln und | |
Amphibien gedacht waren. | |
Eine Ausnahme stellen Reptilienarten dar, die lokal begrenzt vorkommen, zum | |
Beispiel auf Inseln. Sie sind häufig [3][von invasiven Arten] wie Ratten | |
und Schleichkatzen bedroht, die ursprünglich vom Menschen zur | |
Schädlingsbekämpfung ausgewildert wurden. Zu den derart gefährdeten Arten | |
zählt zum Beispiel die Meerechse, die nur auf den Galapagos-Inseln | |
vorkommt. Sie hat sich isoliert von anderen Arten innerhalb der letzten | |
fünf Millionen Jahren zur weltweit einzigen Echse entwickelt, die ihre | |
Nahrung aus dem Meer sucht. | |
## Reptilienforschung fehlt es am Geld | |
Deswegen betonen die Studienautor*innen, dass zwar viele | |
Reptilienarten vom Schutz anderer Landwirbeltiere profitieren, aber | |
Kriechtiere besondere Aufmerksamkeit auf der im Herbst stattfindenden | |
Weltbiodiversitätskonferenz in Kunming verdienen. Young sagte, die Studie | |
anzufertigen, habe vor allem deswegen 15 Jahre gedauert, weil Interesse und | |
damit auch Forschungsgelder für Reptilien geringer als für Säugetiere und | |
Vögeln seien: „Reptilien sind nicht sehr charismatisch, der Fokus liegt oft | |
auf den Tieren mit Fell oder Federn.“ | |
Allein mit dem Aussterben der derzeit gefährdeten Reptilienarten würden, | |
neben ihrer Funktion in den Ökosystemen, 15,6 Milliarden Jahre evolutionäre | |
Entwicklung verlorengehen. | |
27 Apr 2022 | |
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## AUTOREN | |
Jonas Waack | |
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