| # taz.de -- Clubkultur in Berlin: Schmutzig feiern an der Spree | |
| > Viele der legendären Clubs aus den 90er Jahren in Berlin sind längst | |
| > verschwunden. Per App lässt sich den damaligen Feiertempeln nun | |
| > nachspüren. | |
| Bild: Früher war alles wilder – auch das Spreeufer | |
| BERLIN taz | Berliner Clubs und ihre unbeschreibliche Anziehung: | |
| [1][Berghain], Kater Blau oder Sisyphos sind für feierwütige | |
| Berliner:innen und Tourist:innen geradezu mystische Orte. Dennoch | |
| drängt sich manchmal das Gefühl auf, die Partys der Neunziger Jahre waren | |
| weitaus spannender als heutige Clubnächte. An diese magische Zeit in einem | |
| noch chaotischeren Berlin scheint wenig heranzukommen. War es wirklich so? | |
| Oder glorifiziert hier die ältere Feier-Generation ihre Jugend? | |
| [2][In der Zeit zurückreisen können die jüngeren Liebhaber:innen | |
| elektronischer Musik] nicht. Doch jetzt lässt sich Berliner Clubgeschichte | |
| mit dem [3][Club History-Tool in der Berlin History-App] nachvollziehen. | |
| Entwickelt vom Digitalen Museum gemeinsam mit der Clubcomission weist die | |
| App den Weg zum Planet oder dem WMF – beides mal Wirkungsstätten von DJs | |
| wie Dr. Motte oder Marusha. | |
| Per interaktiver Karte zeigt sie mehr als 80 Berliner Spielstätten, die in | |
| den vergangenen sechs Jahrzehnte schließen mussten. Etwa das ehemalige | |
| Ostgut, das von 1998 bis 2003 in der Mühlenstraße zu Hause war. Heute ist | |
| dort die Mercedes Benz Arena, ein Zalando Büro und Systemgastronomie. | |
| Bilder in der App zeigen das verlassene Fabrikgelände und den rostigen | |
| Clubeingang von damals. In den englischsprachigen Texten zu den Locations | |
| kommen Zeitzeugen kommen zu Wort: “Nowhere you can party dirtier than | |
| here“, sagt etwa ein Besucher des Ostgut. So lässt sich [4][Gentrifizierung | |
| und Stadtwandel] kurz ausblenden und den Freiräumen von damals nachspüren. | |
| ## Mehr Spielwiese denn Club | |
| Nur ein paar Meter weiter in der Holzmarktstraße [5][war von 2004 bis 2010 | |
| die BAR 25]. Laut den Verantwortlichen war dieses Projekt immer mehr | |
| Spielwiese denn Club: Eine sehr bunte, glitzernde Welt. Vor ein paar Jahren | |
| haben die Verantwortlichen am Ufer der Spree noch Clubbühnen aus Holz | |
| gebaut. Heute findet sich hier nur noch eine Baulücke. | |
| Die Clubcommission will mit Club History die Zeiten von damals nicht | |
| glorifizieren. Sie weist auf die verschwundenen Orte hin und auf | |
| [6][aktuelle Probleme wie das Clubsterben]. Außerdem arbeitet die Berliner | |
| Clubkomission gesellschaftliche Verdrängungsprozesse von Randgruppen wie | |
| beispielsweise der queeren Szene geschichtlich auf. So vermittelt die App, | |
| dass Clubkultur immer auch politisch ist. | |
| Neidisch auf die Partys vergangener Tage muss die jetzige Feier-Generation | |
| nicht sein – aber sie sollte um Ihre Orte kämpfen. Denn noch haben das | |
| Ostgut und die BAR 25 mit dem Berghain und der Kater Blau Orte gefunden, um | |
| ihre Projekte fortzuführen. Clubs wie das WMF oder die Rummels Bucht sind | |
| dagegen ganz von der Bildfläche verschwunden. | |
| 13 May 2022 | |
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| [3] https://berlinhistory.app/ | |
| [4] /Coral-World-an-der-Rummelsburger-Bucht/!5850725 | |
| [5] /Das-Ende-der-Berliner-Bar-25/!5159455 | |
| [6] /Clubsterben-in-Berlin/!5664751 | |
| ## AUTOREN | |
| Moritz Martin | |
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