Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Präsidentschaftswahl in Frankreich: Der Präsident bleibt, die Wut…
> Emmanuel Macron gewinnt in der Stichwahl als Favorit der Großstädte. Doch
> durch das Land verläuft ein tiefer politischer Graben.
Bild: Macron bei seiner Ansprache am Wahlabend vor dem Eiffelturm
Paris taz | Nach François Mitterrand und Jacques Chirac ist Emmanuel Macron
erst der dritte Staatschef, der nach seinem ersten Mandat wiedergewählt
wurde. Eine Mehrheit der Franzosen und Französinnen [1][hat am Sonntag für
die Kontinuität gestimmt]. Die bedrohliche Lage in Europa, aber auch die
Ungewissheit oder Angst, die das Programm [2][seiner Gegnerin Marine Le
Pen] wecken musste, hat für viele den Ausschlag gegeben.
Noch am Abend erhielt Macron [3][die Gratulationen mehrerer europäischer
Staats- und Regierungschefs], die erleichtert sind, die Zusammenarbeit mit
ihm fortsetzen zu können. Für sie ist das Wahlresultat ein positives
Signal. [4][Auf Twitter hat Kanzler Olaf Scholz Macron sogleich
beglückwünscht]: „Deine Wählerinnen und Wähler haben heute auch ein stark…
Bekenntnis zu Europa gesendet.“
Am Wahlsieg von Emmanuel Macron ist nicht zu rütteln. Er ist mit 58,5
Prozent der Stimmen in der Stichwahl am Sonntag von den Stimmberechtigten
für weitere fünf Jahre als Präsident bestätigt worden. Seine Konkurrentin
vom Rassemblement national (RN), Marine Le Pen, kam auf 41,5 Prozent. Sie
kann sich damit halbwegs trösten, dass sie bei ihrer dritten Kandidatur für
die Präsidentschaft mit mehr als 13 Millionen Stimmen ein historisches
Spitzenresultat für Frankreichs nationalistische Rechte erzielt hat. Marine
Le Pen hat nicht die Absicht, der Politik den Rücken zu kehren. Wie die im
ersten Wahlgang ausgeschiedenen Konkurrenten hat sie bereits die
Parlamentswahlen im Juni im Auge.
Die französische Zeitung [5][Libération spricht von einem glanzlosen „Sieg
ohne Ruhm“], der für Macron mehr eine „Verpflichtung für die kommenden
Jahre“ sei.
## Macron gibt sich bescheiden
Bei seiner Siegesfeier auf dem Marsfeld zu Füßen des Eiffelturms gab sich
Macron betont bescheiden. Der Unterschied zu 2017 war augenfällig. Vor fünf
Jahren nämlich triumphierte er wie ein Monarch, der den Thron besteigen
durfte. Er schritt damals ganz allein, wie von einer Filmregie inszeniert,
auf seine Bühne vor der Pyramide des Louvre (des ehemaligen Königspalasts)
zu. Bei seiner Wiederwahl nun kam er an der Seite seiner Gattin Brigitte
begleitet von einer Gruppe von Kindern und Jugendlichen zu den Klängen der
[6][Europahymne, Beethovens „Ode an die Freude“] auf diesen Festplatz, auf
dem die Partystimmung seiner Anhänger*innen zu den Rhythmen eines DJ
nicht so recht aufkommen wollte.
Ab sofort sei er nicht mehr ein (parteiischer) Kandidat, sondern „der
Präsident von allen“, sagte er in seiner kurzen Ansprache. Er ist sich im
Klaren darüber, dass mehr als 16 Millionen Wahlberechtigte oft aus
Überzeugung oder Unzufriedenheit über das Angebot in der Stichwahl entweder
den Urnengang boykottiert oder einen leeren oder ungültigen Wahlzettel
eingelegt haben. Er wolle diesem „Schweigen“ Rechnung tragen. Ebenso der
ihm bewussten Tatsache, dass viele nicht eigentlich für ihn gestimmt
hätten, sondern lediglich seine Konkurrentin verhindern wollten.
„Antworten“ wolle er auch den 13 Millionen Landsleuten geben, die aus Wut
für Le Pen votierten, versicherte Macron.
Er sieht in seiner Wiederwahl eine Bekräftigung seines „Projekts für ein
mehr unabhängiges Frankreich und ein stärkeres Europa“, und er wolle
„Fortschritte für jeden und jede sichern und die Kreativität und Innovation
fördern, damit Frankreich eine große ökologische Nation werde“. Seine
zweite Präsidentschaft werde darum nicht einfach eine Fortsetzung des
ersten Mandats sein. Denn es gehe darum, „gemeinsam eine Methode zu
erfinden, damit die kommenden fünf Jahre ‚besser‘ für das Land und vor
allem für die Jugend werden“.
## Der Graben zwischen Stadt und Land
[7][Der Blick auf Frankreichs Landkarte mit den Wahlergebnissen] zeigt,
dass ein Graben existiert. In den Großstädten und urbanen Agglomerationen
kam Macron auf mehr als zwei Drittel der Stimmen, gerade umgekehrt sieht es
in ländlichen Regionen und vor allem im Norden und Osten des Landes aus, wo
die RN-Kandidatin fast ebenso deutlich vorne liegt.
Etwas überraschender ist auch, dass die Wählenden in den mehreren
Überseegebieten, namentlichen in den Antillen und im Indischen Ozean, der
rechtsextremen Kandidatin zum Teil mit mehr als 70 Prozent den Vorzug
gegeben haben. In diesem Votum kommt eine Feindseligkeit gegenüber der
Zentralmacht in Paris zum Ausdruck, aber vielleicht auch die Angst, in
diesen weit entfernten Teilen eines ehemaligen Kolonialreichs im Stich
gelassen zu werden. Offenbar spielte bei der Stimme für Marine Le Pen der
vom Parteigründer Jean-Marie Le Pen geerbte Rassismus keine Rolle mehr.
25 Apr 2022
## LINKS
[1] /Praesidentschaftswahl-in-Frankreich/!5850146
[2] /Praesidentschaftswahl-in-Frankreich/!5850147
[3] /EU-Reaktionen-auf-Frankreichwahl/!5850166
[4] https://twitter.com/Bundeskanzler/status/1518303883625480192
[5] https://www.liberation.fr/politique/elections/presidentielle-emmanuel-macro…
[6] https://youtu.be/Bylj_hZPv-8
[7] https://www.liberation.fr/politique/elections/presidentielle-2022-la-carte-…
## AUTOREN
Rudolf Balmer
## TAGS
Schwerpunkt Emmanuel Macron
Marine Le Pen
GNS
Präsidentschaftswahl in Frankreich 2022
Emmanuel Macron
Schwerpunkt Emmanuel Macron
Städte
Jean-Luc Mélenchon
Jean-Luc Mélenchon
Schwerpunkt Emmanuel Macron
Rechtspopulismus
Schlagloch
Schwerpunkt Emmanuel Macron
Schwerpunkt Emmanuel Macron
Charles Michel
Präsidentschaftswahl in Frankreich 2022
Präsidentschaftswahl in Frankreich 2022
Präsidentschaftswahl in Frankreich 2022
## ARTIKEL ZUM THEMA
Neue Regierungschefin in Frankreich: Erfahren und loyal
Elisabeth Borne wird neue Premierministerin Frankreichs. Zuvor bekleidete
sie verschiedene Ministerposten. Macron dürfte sie nicht in den Schatten
stellen.
Andere Form von Tourismus in Marseille: Unsere Hood
Flanieren kann man woanders. In Marseille zeigen Mitglieder einer
Kooperative bei Touren die Kultur und Natur in den rauen Vierteln der
Stadt.
Linksbündnis in Frankreich: Aufbruch mit ungewissem Ausgang
Der Linkspopulist Mélenchon möchte in Frankreich Premier werden. Doch sein
Bündnis ist wackelig – und er selbst unter linken Wählern umstritten.
Vor den Parlamentswahlen in Frankreich: Linkes Bündnis gegen Macron
Frankreichs Linksparteien haben eine Allianz geschmiedet, um im Juni die
Nationalversammlung zu erobern. Doch bei den Sozialisten regt sich
Widerstand.
Frankreichs Murdoch ist eine Gefahr: Bolloré fördert Rechtsextreme
Der Milliardär Vincent Bolloré wühlt die französische Medienlandschaft auf.
Eine innere Pressefreiheit ist in seinen Medien nicht zu finden.
Nach Frankreichs Präsidentschaftswahl: Eine zerstrittene Familie
Die Zeiten, in denen Rechte in Europa von Sieg zu Sieg eilten, scheinen
vorerst vorbei. Die demokratischen Defizite aber bleiben.
Le Pens Klientel: Die Wut von Franzosen
Europa hat für die sich öffnende Schere von Arm und Reich keine Lösungen.
Statt Wohnungspreise zu regulieren, hält die EU Spekulanten die Tür auf.
Nationalversammlung in Frankreich: Unberechenbare Parlamentswahlen
Aus welchem politischen Lager der französische Premierminister kommt,
entscheidet sich im Juni. Die Wahl bleibt unberechenbar für die
Staatsführung.
Präsidentschaftswahl in Frankreich: Brüssel macht sich Sorgen
Präsident Macron hatte ehrgeizige Ziele für Frankreichs EU-Ratsvorsitz.
Sein knapper Sieg bei der Präsidentschaftswahl könnte das jetzt bremsen.
EU-Reaktionen auf Frankreichwahl: „Bravo, lieber Emmanuel“
Die EU-Spitze reagiert mit Erleichterung auf den Ausgang der
Präsidentschaftswahl in Frankreich. Denn Macron leitet derzeit turnusgemäß
den Ministerrat.
Präsidentschaftswahl in Frankreich: Die Luft ist raus
Auf ihrer Wahlparty zeigt sich Le Pen schmallippig, kündigt aber an, „den
Kampf weiterführen“ zu wollen. Der Champagner „Marine Présidente 2022“
bleibt zu.
Präsidentschaftswahl in Frankreich: Am Desaster vorbeigeschrappt
Macron ist nicht wiedergewählt worden, weil er überzeugt hat. Den Sieg
verdankt er Le Pen. Vor allem linke Wähler hoffen auf eine „dritte Runde“
bei der Wahl im Juni.
Präsidentschaftswahl in Frankreich: Macron will „Präsident von allen“ sein
Der wiedergewählte Emmanuel Macron verspricht den Wählern Le Pens, auf sie
Rücksicht zu nehmen. Auf ihre „Wut“ müsse es „Antworten geben“.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.