# taz.de -- Bundespräsident nach Kiew eingeladen: Steinmeier nun doch erwünsc… | |
> Der ukrainische Präsident hat Steinmeier nach Kiew eingeladen. Zuvor will | |
> noch eine andere Politikerin kommen. | |
Bild: Erst von Selenski ausgeladen, nun eingeladen: Reist der Bundespräsident … | |
BERLIN taz | Die wochenlangen atmosphärischen Störungen zwischen Kiew und | |
Berlin sind weitgehend bereinigt. Am Donnerstag telefonierten | |
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und der ukrainische Präsident | |
Wolodimir Selenski erstmals wieder. 45 Minuten sollen die beiden | |
Präsidenten miteinander gesprochen haben. Es war der erste Kontakt, seitdem | |
die Ukraine Steinmeier Mitte April kurzfristig ausgeladen hatte. | |
Wie aus dem Bundespräsidialamt bekannt wurde, habe Selenski den | |
Bundespräsidenten persönlich sowie die gesamte Bundesregierung, also auch | |
Bundeskanzler Olaf Scholz, zum Besuch nach Kiew eingeladen. Wann Steinmeier | |
in die Ukraine reisen wird, ist bislang nicht bekannt, das | |
Bundespräsidialamt wollte sich zu Reiseplänen offiziell nicht äußern. | |
Der ukrainische Präsident hatte eine Reise [1][Steinmeiers], die dieser | |
zusammen mit seinen Amtskollegen aus Polen und dem Baltikum geplant hatte, | |
rüde verhindert und die Ausladung des Deutschen mit der Aufforderung | |
verbunden, Kanzler Scholz solle stattdessen vorbeischauen. Das kam in | |
Berlin nicht gut an. | |
Scholz stellte diese Woche klar, dass er unter solchen Umständen nicht nach | |
Kiew reisen werde, und wusste die Deutschen mehrheitlich hinter sich. Auf | |
der Kabinettsklausur im brandenburgischen Meseberg forderte der Kanzler | |
Kiew am Mittwoch erneut auf, einen „Beitrag“ zu leisten, um die Blockade zu | |
lösen. | |
## Deutschland habe Ukraine von Anfang an unterstützt | |
Während des Telefonats am Donnerstag habe der Bundespräsident dem | |
ukrainischen Präsidenten Selenski Solidarität, Respekt und Unterstützung | |
für den mutigen Kampf des ukrainischen Volkes gegen die russischen | |
Aggressoren ausgesprochen, teilte sein Büro mit. Deutschland habe die | |
Ukraine in ihrem Verteidigungskampf von Anfang an finanziell, | |
wirtschaftlich und auch militärisch unterstützt und stehe mit vereinten | |
Kräften und solidarisch an der Seite der Ukraine. „Beide Präsidenten | |
bezeichneten das Gespräch als sehr wichtig und sehr gut. Irritationen der | |
Vergangenheit wurden ausgeräumt“, so das Amt. Selenski und Steinmeier | |
hätten vereinbart, in engem Kontakt zu bleiben. | |
Bewegung in den festgefahrenen Konflikt hatte auch eine andere | |
Sozialdemokratin gebracht: [2][Bundestagspräsidentin Bärbel Bas]. Als | |
Parlamentspräsidentin ist Bas formal die zweithöchste Repräsentantin der | |
Bundesrepublik – nach dem Bundespräsidenten und vor dem Bundeskanzler. | |
Ihr Büro bestätigte am Donnerstagmorgen, dass Bas in den nächsten drei | |
Tagen in der Ukraine eintreffen werde. Und zwar, „um auf Einladung ihres | |
ukrainischen Amtskollegen gemeinsam mit ihm aller Opfer des Zweiten | |
Weltkriegs gedenken und politische Gespräche führen“, wie eine Sprecherin | |
erklärte. Das Weltkriegsgedenken findet in der Ukraine am 8. Mai statt – | |
anders als in Russland, wo der 9. Mai als Tag des Sieges begangen wird. | |
Ganz neu sind Bas’ Reisepläne zwar nicht – seit April arbeitet das | |
Bundestagspräsidium an einem möglichen Besuch –, er kommt aber zum | |
richtigen Zeitpunkt. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im | |
Bundestag, Michael Roth, begrüßte die Entwicklungen. „Ich freue mich sehr, | |
dass die Unstimmigkeiten ausgeräumt werden konnten. Das hilft ungemein. | |
Jetzt sollten wir uns wieder auf das Wichtigste konzentrieren: die | |
Unterstützung des ukrainischen Freiheitskampfes gegen den russischen | |
Aggressor“, sagte Roth der taz. | |
## Neue Waffenlieferungen in Aussicht | |
Fast noch dringender als Besucher:innen benötigt die Ukraine im Kampf | |
gegen die russischen Truppen nämlich Waffen. Auch hier kommt einiges in | |
Bewegung. Laut Medienberichten will Deutschland nun doch Panzerhaubitzen | |
aus eigenen Beständen an die Ukraine liefern. Diese befänden sich derzeit | |
in der Instandsetzung und sollen bis Ende Juni intakt sein. Gegenüber der | |
taz begrüßte Roth die Lieferung: „Der Beschluss des Bundestages zur | |
Lieferung von Waffen an die Ukraine war ein Befreiungsschlag, der für | |
Klarheit gesorgt hat. Wir liefern, was machbar und einsetzbar ist. Insofern | |
war der Gepard ganz sicher nicht der Schlusspunkt.“ | |
Die Bundesregierung hatte in der vergangenen Woche erstmals auch der | |
Lieferung sogenannter schwerer Waffen zugestimmt und genehmigte die Ausfuhr | |
von 50 Gepard-Flugabwehrpanzern direkt an die Ukraine. Diese gelten laut | |
Experten jedoch als kompliziert in der Bedienung, außerdem fehlt noch die | |
passende Munition. | |
Roth sagte, es gehe nun zunächst darum, der Ukraine schnell Waffen und | |
Munition aus sowjetischen Beständen zur Verfügung zu stellen, die den | |
ukrainischen Soldaten vertraut sind, und die sie ohne weitere Ausbildung | |
sofort verwenden können. Deutschland müsse zudem anderen Ländern, die | |
solche Waffen aus ihren Beständen lieferten, diese im Ringtausch schnell | |
ersetzen. | |
„Aber die Waffen aus sowjetischer Produktion sind irgendwann erschöpft. | |
Deshalb wird es in der zweiten Phase darum gehen, der Ukraine auch modernes | |
Gerät westlicher Bauart zur Verfügung zu stellen sowie Ausbildung und | |
Reparatur zu organisieren.“ Die Ausbildung der ukrainischen Soldaten könne | |
auch auf deutschem Boden oder in Nato-Partnerländern stattfinden. Klar sei | |
aber, dass Deutschland keine Soldaten zu Ausbildungszwecken oder für | |
Reparaturen in die Ukraine entsenden werde. „Denn das würde uns nach | |
völkerrechtlichen Standards zur Kriegspartei machen – das will niemand.“ | |
Auf die Frage, ob denn Putin nicht auch die Lieferung von Haubitzen und die | |
Ausbildung von ukrainischen Soldaten als solchen deuten könnte, sagte Roth: | |
„Wir orientieren uns hier klar am Prinzip des Völkerrechts und lassen uns | |
die Definition einer Kriegsbeteiligung nicht von Putin diktieren.“ | |
5 May 2022 | |
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## AUTOREN | |
Anna Lehmann | |
Sabine am Orde | |
Stefan Reinecke | |
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