# taz.de -- Reisen als Politikum: Merz nach Kiew, Scholz Meseberg | |
> Der CDU-Chef besucht kurz vor zwei Landtagswahlen die Ukraine. Der | |
> Kanzler versichert Schweden und Finnland seine Zustimmung bei einem | |
> Nato-Beitritt. | |
Bild: Friedrich Merz am Dienstag, 3. Mai, zu Besuch in dem ukrainischen Ort Irp… | |
Berlin taz | „Ich billige das“, sagte Kanzler Olaf Scholz am Montagabend im | |
ZDF-Interview zu der Reise des Oppositionsführers Friedrich Merz (CDU) in | |
die Ukraine großzügig. Merz habe ihn über seine Reisepläne informiert und | |
werde ihm auch danach berichten. Business as usual also. Viel lapidarer | |
kann man als Regierungschef Merz’ eigenwilligen Ausflug in die Außenpolitik | |
nicht kommentieren. Bloß nicht zu viel Aufhebens machen. | |
[1][Die Reise des CDU-Chefs] kurz vor den Landtagswahlen in | |
Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen gilt als ein Politikum. Vor | |
allem, weil der Kanzler am Montag darlegte, dass er nach der rüden | |
Ausladung Bundespräsident Steinmeiers durch den ukrainischen Präsidenten | |
nicht nach Kiew reisen werde. Das gehe angesichts dieses diplomatischen | |
Eklats „einfach nicht“. | |
Der ukrainische Botschafter Andrij Melnyk bezeichnete den Kanzler daraufhin | |
als „beleidigte Leberwurst“. Eine Antwort des Kanzleramts darauf gibt es | |
nicht. Offenbar hat man sich an Melnyks aggressiven Dauerton gewöhnt. | |
## Merz' Reise als direkte Kritik an Scholz | |
Es gehört zur Logik der Lage, dass Merz’ Aufwartung in Kiew als direkte | |
Kritik am Kanzler gelesen wird. Der CDU-Mann hat diesen Spin vor der Reise | |
selbst gesetzt: Er habe Scholz empfohlen, in die Ukraine zu fahren. Doch | |
der sei diesem Rat leider nicht gefolgt. Die Regel sind Kiew-Visiten | |
derzeit nicht. Boris Johnson war dort, Frankreichs Präsident Emmanuel | |
Macron und US-Präsident Joe Biden seit Kriegsbeginn nicht. | |
Der CDU-Mann fuhr [2][im Nachtzug] in die ukrainische Hauptstadt und | |
[3][twitterte aus dem Zug ein Video] mit blauem Sitzplatz: „Alles sicher, | |
alles gut. Es ist schön, in diesem Land zu sein.“ Merz traf den den | |
ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zu einem rund einstündigen | |
Gespräch. Auch Gespräche mit dem Bürgermeister von Kiew, Vitali Klitschko, | |
und Oppositionspolitikern waren geplant. „Friedrich Merz ist hier | |
willkommen – so wie andere Führungspersönlichkeiten aus Deutschland auch“, | |
sagte ein Wirtschaftsberater von Präsident Selenskyj. | |
CDU-Generalsekretär Mario Czaja versicherte, die Reise des CDU-Chefs habe | |
mit den Landtagswahlen „rein gar nichts zu tun“. Sie sei schon lange | |
geplant gewesen. Das sieht der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, | |
Michael Roth (SPD), etwas anders. „Es ist gut, wenn auch [4][deutsche | |
Politiker in die Ukraine reisen]“, so Roth. „Ein schlechter Grund ist es, | |
einen innenpolitischen Streit in die Ukraine zu tragen und sich dort | |
parteipolitisch profilieren zu wollen. Das ist der Dramatik des Krieges | |
nicht angemessen.“ | |
Roth selbst war kürzlich zusammen mit Toni Hofreiter (Grüne) und | |
Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) nach Lwiw gereist, um für mehr | |
Waffenlieferungen an Kiew zu werben – zum Ungemach des Kanzlers. | |
## Scholz konferiert mit Finnland und Schweden | |
Während der Unionsfraktionschef außenpolitische Imagepflege in eigener | |
Sache betrieb, traf der Kanzler in Meseberg während einer Kabinettsklausur | |
die Regierungschefinnen von [5][Finnland und Schweden], Sanna Marin und | |
Magdalena Andersson. Falls Finnland der Nato beitritt, hat das Bündnis | |
zusätzlich zum Baltikum eine mehr als 1.200 Kilometer lange Grenze mit | |
Russland. | |
Moskau hat für den Fall eines Nato-Beitritts von Schweden und Finnland die | |
Stationierung von Atomwaffen an der Ostsee angekündigt. Die Entscheidung in | |
Stockholm und Helsinki soll in den nächsten zwei Wochen fallen. | |
Scholz betonte, dass Putins Aggression über die Ukraine hinausreiche und | |
man sich darauf einstellen müsse. Berlin, so Scholz, werde einen möglichen | |
Nato-Beitritt der beiden Länder unterstützen. Die beiden | |
Regierungschefinnen bedankten sich dafür bei „dear Olaf“. | |
3 May 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Der-Kanzler-im-ZDF-Interview/!5851886 | |
[2] https://twitter.com/gereonas/status/1521461277134139392 | |
[3] https://twitter.com/_FriedrichMerz/status/1521420521954553862 | |
[4] /Reisen-in-die-Ukraine/!5844659 | |
[5] /Finnland-Schweden-und-die-Allianz/!5848585 | |
## AUTOREN | |
Stefan Reinecke | |
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