# taz.de -- Landtagswahlen in Schleswig-Holstein: Die moderne Konservative | |
> Liberal, weiblich und der Gegenentwurf zu Friedrich Merz. Bei den | |
> Landtagswahlen in Schleswig-Holstein wird Karin Prien wieder für die CDU | |
> antreten. | |
Um sich von Karin Prien ein Bild zu machen, kann sich ein Rückblick ins | |
Jahr 2019 lohnen. Mitte April lässt sich die schleswig-holsteinische | |
Bildungsministerin neben einem Gemälde fotografieren, das gerade in ihrem | |
Kieler Büro aufgehängt worden ist. Es ist ein dramatisches Meerespanorama, | |
auf dem Licht, Wolken und Wasser ineinander zu verschmelzen scheinen. | |
„Durchbrechendes Licht“ heißt es. Gemalt hat es der Expressionist Emil | |
Nolde. Nolde wurde von den Nazis als „entarteter Künstler“ diffamiert. Aber | |
er war auch Antisemit, Hitler-Verehrer und überzeugter Nationalsozialist. | |
Angela Merkel, Priens Parteifreundin, hatte deshalb kurz zuvor zwei | |
Nolde-Gemälde aus dem Kanzleramt entfernen lassen. | |
Merkel lässt zwei Nolde-Bilder abhängen, Prien eines aufhängen – das muss | |
man wohl als Statement verstehen. Aber was besagt es genau? Keilt Prien | |
gegen die Kanzlerin, die in ihrer eigenen Partei hoch umstritten ist? Und | |
gegen das, was die Rechten in und jenseits der CDU gern „Cancel-Culture“ | |
nennen? So sieht es auf den ersten Blick aus. Doch die Sache ist komplex. | |
Karin Prien, die in der CDU zum liberalen Flügel gehört, war und ist eine | |
Anhängerin der damaligen Kanzlerin. Und sie stammt aus einer jüdischen | |
Familie, die Unterstützung eines Antisemiten und Nationalsozialisten liegt | |
ihr fern. | |
Warum also dieses Nolde-Bild, Frau Prien? | |
„Ich bin Kulturministerin in Schleswig-Holstein, und Emil Nolde ist einer | |
der bedeutendsten Künstler Schleswig-Holsteins“, sagt Prien. „Aber das ist | |
natürlich nur ein Aspekt.“ Karin Prien sitzt im Restaurant des Hotels Cap | |
Polonio in Pinneberg, nicht weit von Hamburg entfernt. Gerade ist Friedrich | |
Merz abgefahren, der CDU-Chef hat im Festsaal des Hotels für | |
Ministerpräsident Daniel Günther und für Prien geworben – und natürlich | |
auch für sich selbst. Vor nicht allzu langer Zeit wäre das undenkbar | |
gewesen. Die Spaltung in der CDU ist tief, Merz stand in der Partei auf der | |
einen Seite, Prien und Günther auf der anderen. | |
Prien bestellt ein Glas Grauburgunder, sie hat jetzt Zeit für ein Gespräch. | |
Die 56-Jährige trägt ein schwarzes Jackett über dem geblümten Kleid; sie | |
sieht müde aus. Es ist der Dienstag vor Ostern, noch gut drei Wochen bis | |
zur Landtagswahl. Prien, die mit ihrer Familie in Hamburg lebt und auch in | |
Neumünster einen Wohnsitz hat, will hier in Pinneberg für die CDU das | |
Direktmandat holen – und nach der Wahl Ministerin für Bildung, Wissenschaft | |
und Kultur in Schleswig-Holstein bleiben. Die Chancen dafür stehen gut. | |
## Merz ist konservativ, Prien ist liberal | |
Doch Prien ist seit Januar auch stellvertretende Bundesvorsitzende der CDU | |
und damit eine der wichtigsten Frauen der Partei. Und sie ist eine Art | |
Gegenentwurf zu Merz. Er ist konservativ, sie liberal. Der Sauerländer | |
steht für Provinz, die Hamburgerin verkörpert die Großstadt. Er | |
personifiziert die alte CDU, sie will die Partei in die Zukunft führen. | |
Oder zumindest soll diese in der gesellschaftspolitischen Gegenwart | |
ankommen. | |
Doch Merz und Prien sind aufeinander angewiesen. Gemeinsam müssen sie ihre | |
Partei aufrichten. Und mit sich selbst versöhnen. Scheitert Merz, wie | |
Annegret Kramp-Karrenbauer und Armin Laschet vor ihm, dann sieht es für die | |
CDU düster aus. | |
Selbstverständlich, sagt Prien jetzt im Restaurant des Cap Polonio, habe | |
sie Angela Merkel damals wegen Nolde nicht anpinkeln wollen. „Aber ich habe | |
das für eine falsche Entscheidung gehalten. Erst jahrelang zwei | |
Nolde-Bilder hängen zu haben, dabei war seine Verstrickung schon länger | |
bekannt. Und sie dann abzuhängen und eine Leerstelle zu lassen.“ Drei | |
Wochen habe sie sich damit gequält, wie sie reagieren soll. Ihr Sprecher | |
habe ihr geraten, nichts zu tun, aber das sei keine Option gewesen. Nolde | |
sei bis heute einer ihrer Lieblingsmaler. Aber dass er ein Opportunist und | |
ein Nazi war, dürfe man ihm auch nicht verzeihen. „Für mich geht es um die | |
Frage: Wie gehen wir überhaupt mit der Vergangenheit um? Ich glaube, dass | |
wir kontextualisieren müssen, aber das fällt vielen Leuten schwer“, sagt | |
Prien. „Sie denken in Gut und Böse, in starken Dichotomien, und sie halten | |
Grautöne nicht aus.“ | |
Prien kann das, sie muss es seit Langem können. Ohne diese Fähigkeiten wäre | |
aus dem Mädchen, das 1965 im Amsterdam geboren wurde, keine deutsche | |
Politikerin geworden. | |
## Anne und Anna – Heldinnen ihrer Kindheit | |
Prien hat zwei jüdische Großväter, deren Mütter im Holocaust umkamen. Der | |
eine floh in der Nazizeit aus Deutschland in die Niederlande, der andere | |
überlebte in Prag und verließ die Stadt 1949 wegen der Kommunisten. Beide | |
kamen nach Amsterdam, hier lernten sich Priens Eltern kennen, hier kommt | |
sie zur Welt. Ihre Muttersprache ist Niederländisch, ihr erster Pass ist es | |
auch. Erst als sie mit Mitte 20 erwägt, in den Staatsdienst zu gehen, | |
beantragt sie die deutsche Staatsbürgerschaft. | |
Weil Priens Großmütter keine Jüdinnen waren, gilt Prien nach jüdischen | |
Religionsgesetzen auch nicht als solche – und bezeichnet sich auch nicht | |
so. Religiös erzogen wird sie nicht. „Aber jüdische Kultur spielte bei uns | |
eine große Rolle“, so hat es Prien Anfang des Jahres dem Zeit-Magazin | |
erzählt. Die Heldinnen ihrer Kindheit seien Anne und Anna gewesen, also | |
Anne Frank und die Hauptfigur aus Judith Kerrs „Als Hitler das rosa | |
Kaninchen stahl“. Später sei die Philosophin Hannah Arendt wichtig geworden | |
und Golda Meir. Von der ehemaligen israelischen Ministerpräsidentin steht | |
eine kleine Figur auf ihrem Schreibtisch in Kiel. | |
1969, Prien ist damals vier Jahre alt und spricht nur Niederländisch, zieht | |
die Familie aus beruflichen Gründen nach Neuwied in Rheinland-Pfalz. Im | |
Kindergarten ist sie die Einzige, die kein Deutsch spricht. Sie will malen | |
und weiß nicht, wie sie nach Buntstiften fragen soll. Vielleicht sind es | |
solche Erfahrungen, die sie anders als andere in der CDU auf das Thema | |
Migration blicken lassen. „Dass wir aus demografischen Gründen Zuwanderung | |
brauchen, hat sich in der Partei schon herumgesprochen“, sagt Prien im | |
Restaurant. „Aber wir werden Menschen nur gewinnen, wenn wir sie willkommen | |
heißen und schnell integrieren. Hier wird mancher Innenpolitiker umdenken | |
müssen. Manchmal dominiert noch zu sehr der Abwehrreflex.“ | |
In Neuwied gibt es – anders als in Amsterdam – auch keine Juden, schon gar | |
keine lebendige jüdische Community. „Das Bekennen zum Jüdischsein war | |
nichts Selbstverständliches, und man tat es nicht ohne Beklommenheit“, so | |
Prien im Zeit-Magazin. Ihre Mutter habe Angst gehabt, weil die Familie nun | |
im Land der Täter lebte. „Und deshalb war klar, dass man darüber nicht | |
redete.“ | |
## Prien kann hart austeilen | |
50 Jahre lang hielt Prien sich daran. Sie verschwieg ihre jüdische | |
Familiengeschichte. Erst 2016 macht sie diese in einem Interview | |
öffentlich. Der Grund dafür seien der zunehmende Antisemitismus und die | |
Tabubrüche der AfD gewesen. „Ich dachte, ich müsste das bisschen | |
politisches Gewicht, dass ich damals schon hatte, in die Waagschale | |
werfen“, sagt Prien und nimmt einem Schluck von ihrem Wein. „Wenn | |
Antisemitismus an Akzeptanz gewinnt, gibt es keine Normalität für Juden in | |
Deutschland. Das darf man nicht hinnehmen.“ | |
Welche Konsequenzen hat ihre Familiengeschichte für die Politik? Führt sie | |
dazu, dass Prien anders auf den Krieg in der Ukraine blickt? Dass sie | |
kompromissloser Solidarität einfordert? „Man kann nicht sagen, jeder Jude | |
in Deutschland kann nur für ein sofortiges Energie-Embargo sein. Das ist | |
mir zu simpel“, sagt sie. „Ich bin mit Friedrich Merz, aber auch mit Robert | |
Habeck der Meinung, dass wir so schnell wie möglich raus müssen aus der | |
russischen Abhängigkeit. Aber nicht sofort und nicht um jeden Preis.“ | |
Durch ihre Familiengeschichte aber sei das Leben in einer freien | |
Gesellschaft für sie von sehr hohem Wert. „Ich bin dazu erzogen worden, den | |
Mund aufzumachen und wachsam zu sein.“ Das gilt für „Bilderstürme“ wie … | |
Fall Noldes, die sie falsch findet. Das gilt für die Werte-Union, die die | |
CDU in Richtung AfD schieben wollte, ihr setzte Prien die „Union der Mitte“ | |
entgegen. Und als der ehemalige Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen | |
krude Verschwörungstheorien zum Impfen verbreitet, fordert sie seinen | |
Parteiausschluss. Prien kann hart austeilen, was nicht allen in ihrer | |
Partei gefällt. Aber sie taucht nun häufiger in den großen Talkshows im | |
Fernsehen auf. | |
Dass Gegner in der Partei sie als Linke sehen, die besser zur SPD oder zu | |
den Grünen passe, kann sie nicht verstehen. „Mein Großvater hat die Nazis | |
überlebt und musste dann vor den Kommunisten fliehen. Ich bin von meinem | |
Grundverständnis antitotalitär“, sagt sie im Cap Polonio. „Die CDU mit | |
ihrem Menschenbild war für mich immer die Antwort auf die | |
nationalsozialistische, rassistische Diktatur.“ | |
## 2015 bekommt sie Hassmails und Drohanrufe | |
Prien ist mit 14 Jahren in die Schüler-Union eingetreten, wenige Jahre | |
später in die CDU. Als Jurastudentin in Bonn hat sie als Hilfskraft bei | |
Friedberg Pflüger gearbeitet, dem Sprecher von Bundespräsident Richard von | |
Weizsäcker. In Bonn lernt Prien auch Merz kennen, bei Gesprächskreisen und | |
Gruppenreisen nach Washington. Merz sei gar nicht so ein „konservativer | |
Knochen“, für den er oft gehalten werde, sagt sie. Da sei auch viel | |
Projektion dabei. | |
Prien lernt ihren Mann kennen, zieht nach Hamburg-Blankenese und eröffnet | |
eine Kanzlei, bekommt drei Söhne. Erst später steigt sie wieder in die | |
Politik ein. Als Schwarz-Grün ab 2008 in Hamburg regiert, kritisiert Prien | |
die Reform, die die sechsjährige Primarschule einführen soll – und von der | |
sich viele einen grundsätzlichen Schritt in Richtung längeren gemeinsamen | |
Lernens erhoffen. Als die Reform an einem Volksentscheid scheitert und | |
Schwarz-Grün abgewählt wird, sucht die Partei solche wie Prien, um die | |
konservativen Wähler:innen zurückzugewinnen. Sie zieht in die | |
Bürgerschaft ein und tritt prompt – erfolglos – gegen ihren Kreischef bei | |
der Wahl zum Fraktionsvize an. Das bringt der streitbaren Politikerin den | |
Ruf ein, „übermotiviert“ zu sein. | |
Als flüchtlingspolitische Sprecherin ihrer Fraktion unterstützt sie 2015 | |
Merkels Kurs. Erst fordert sie den Schutz christlicher Minderheiten in | |
Flüchtlingsunterkünften, dann die private Unterbringung von Geflüchteten. | |
Danach bekommt sie Hassmails und Drohanrufe. 2017 wird Daniel Günther | |
Ministerpräsident und macht sie in seiner Jamaika-Koalition zur Ministerin. | |
„Daniel Günther war ein Glücksfall für mich“, sagt Prien. | |
S[1][ie setzt sich für Bildungsgerechtigkeit ein] – und für Leistung. „Das | |
ist konservativ“, sagt sie, „und für uns kein Widerspruch.“ Man müsse | |
Kindern, egal woher sie kommen, die Chance geben zu zeigen, was in ihnen | |
steckt. „Das schafft man nicht durch Gleichmacherei, sondern durch | |
Förderung.“ Prien will „Aufstieg durch Bildung“ zu dem CDU-Thema der 20er | |
und 30er Jahre machen. | |
## Einheitliche Rechtschreibregeln in der Schule | |
Überregional aber sorgt die Bildungsministerin vor allem mit einem Erlass | |
gegen das Gendern für Furore. Fragt man sie danach, guckt Prien genervt. Da | |
habe es viele Unterstellungen gegeben. „Natürlich muss gendersensible | |
Sprache heute eine Selbstverständlichkeit sein.“ Aber es müsse in der | |
Schule eben auch einheitliche Rechtschreibregeln geben. Deshalb habe sie | |
klargestellt, dass Prüfungsleistungen so bewertet werden müssen, wie es der | |
Rat für deutsche Rechtschreibung mit seinem amtlichen Regelwerk vorsehe, | |
nämlich ohne Sonderzeichen. Wenn der Rat etwas anderes empfehle, dann werde | |
man auch das umsetzen. „Ich führe da keinen Kulturkampf. Ich halte den auch | |
für falsch.“ Kritiker:innen aber vermuten, dass Prien auch mal ein | |
Signal in Richtung Parteirechte senden will. | |
Bei Merz’ drei Versuchen, Parteichef zu werden, hat Prien sich zweimal auf | |
die andere Seite gestellt. Damals hätte sie ihn wohl nicht zum Wahlkampf | |
geladen. An diesem Dienstag, bevor Prien schließlich im Hotelrestaurant | |
sitzt, ziehen die beiden gemeinsam durch ihren Wahlkreis. Erst lassen sie | |
sich in Schenefeld den größten Röntgenlaser der Welt erklären. Prien, die | |
als Wissenschaftsministerin dafür zuständig ist, kennt das unterirdische | |
Wunderwerk gut. Merz aber stellt zur Freude des Geschäftsführers viele | |
Fragen. Dann weiter nach Pinneberg, wo im Festsaal vom Cap Polonio schon | |
gut 300 Zuschauer:innen auf den Gastredner warten. | |
Merz spricht viel vom Krieg, der keine Zeit für parteipolitische Spielchen | |
lasse, ohne die es im Wahlkampf aber auch nicht geht. Dann lobt er den | |
„hoch anerkannten, beliebten Ministerpräsidenten“ und sagt, er freue sich | |
über die Reihenfolge der Wahltermine. Nachdem die CDU im Saarland verloren | |
hat, steht nun am 8. Mai Schleswig-Holstein an, wo die Umfragen Günther | |
einen Wahlsieg prognostizieren. Das könnte Aufwind für das große und | |
wichtige Nordrhein-Westfalen geben, wo sich CDU-Ministerpräsident Hendrik | |
Wüst eine Woche später der Wahl stellen muss. Für ihn wird es knapp. | |
Verliert die CDU dort die Wahl, wird das die Partei erneut tief erschüttern | |
– und auch Merz angelastet werden, der selbst aus Nordrhein-Westfalen kommt | |
und auf Bundesebene vieles bei sich konzentriert hat. „Er hat bewusst | |
entschieden, Partei- und Fraktionsvorsitz in eine Hand zu geben“, sagt | |
Prien. „Das hätte man auch anders entscheiden können. Das ist eine | |
gewaltige Aufgabe.“ | |
Auf der Bühne im Festsaal dankt Merz ihr auch für ihr Engagement in der | |
Bundespartei. „Wir kommen ja von unterschiedlichen politischen | |
Perspektiven“, sagt er. „Aber wir diskutieren miteinander und sind uns im | |
Ergebnis und in den Zielen immer einig. Und das ist Volkspartei. Auch mal | |
auszuhalten, dass jemand eine andere Auffassung hat.“ Ganz ähnlich wird das | |
Prien später im Restaurant sagen. | |
## Ist sie zum Merz-Fan mutiert? | |
Bei Merz’ drittem Anlauf zum Parteichef hat sie sich öffentlich nicht | |
positioniert, auch einem Team beigetreten ist sie nicht. „Es hat mich total | |
genervt, dass die Kandidaten versucht haben, Frauen auf ihr Ticket zu | |
bekommen, um dem Anspruch von Parität zumindest äußerlich näher zu kommen�… | |
sagt sie. „Es hat mich immer abgestoßen, dass Frauen von Gnaden | |
irgendwelcher Männer Karriere machen.“ Sie kündigte an, als | |
Stellvertreterin zu kandidieren – unabhängig davon, wer Parteichef wird. | |
Das barg ein Risiko. Doch Prien setzte sich durch – wenn auch mit nur mit | |
70,8 Prozent, dem schlechtesten Ergebnis der fünf Stellvertreter:innen. | |
Seitdem spricht sie vor allem gut über Merz. „Ihm ist gelungen, was den | |
anderen Nachfolgern von Angela Merkel nicht gelungen ist, nämlich die | |
Partei einigermaßen zu befrieden“, sagt Prien. Prien winkt ab. Die großen | |
inhaltlichen Auseinandersetzungen habe die CDU noch vor sich. „Friedrich | |
Merz und mich eint, dass wir eine Erzählung für unsere Gesellschaft | |
brauchen, die zusammenhält. Da sind wir auf einer Linie.“ Jetzt, wo es | |
wieder eine äußere Bedrohung gebe, werde der unglaubliche Wert einer | |
freiheitlichen, liberalen Gesellschaftsordnung und der europäischen | |
Friedensordnung wieder deutlicher. „Das kann eine gute Zeit für die Union | |
sein.“ | |
[2][Prien geht davon aus, dass die CDU sich auf dem Parteitag im September | |
eine Frauenquote geben – und dass Merz sich dafür einsetzen wird.] Der | |
Parteichef ist bislang nicht als Befürworter der Quote bekannt, im | |
Gegenteil. „Er ist ein brillanter Analytiker. Er analysiert zum Beispiel | |
das Thema Frauen in der Union als existenzielles Problem der Partei“, sagt | |
Prien. Es gebe einfach kein anders wirksames Mittel als die Quote, das habe | |
die CDU jetzt 40 Jahre vorgeführt. „Friedrich Merz wird sein politisches | |
Gewicht in die Waagschale werfen müssen, um das in der Partei | |
durchzusetzen.“ | |
Prien versteht sich als Ergänzung, vielleicht auch als Korrektiv zum | |
CDU-Chef. „Wir müssen einfach zur Kenntnis nehmen, dass die | |
CDU-Mitgliedschaft eben deutlich konservativer, deutlich älter und deutlich | |
männlicher ist als die Wählerschaft der Union.“ Sie habe Merz klar gemacht, | |
dass vieles, was unter CDU-Mitgliedern vertreten wird, nicht mehr das ist, | |
was heute in der Gesellschaft gedacht werde. Auch von Menschen, die man | |
landläufig als bürgerlich bezeichne. „Bestimmte gesellschaftliche | |
Entwicklungen werden wir nicht mehr zurückdrehen.“ | |
## Für die CDU ein Gewinn | |
Das gelte für Frauen und Familie, aber zum Beispiel auch für das Thema | |
Geschlechtervielfalt. „Das sind Themen, die sind in der Mitte der | |
Gesellschaft angekommen. Und sie sind ja auch ein Zeichen für einen | |
unglaublichen gesellschaftlichen Freiheitsgewinn.“ Man müsse da sicher | |
nicht jede Windung mitmachen, aber man müsse eben auch nicht alles zum | |
Kulturkampf machen. | |
Doch mehr Kulturkampf, genau das erhoffen sich manche in der Partei von | |
ihrem neuen Vorsitzenden. Vielleicht werden sie enttäuscht. Dann hätte die | |
Zusammenarbeit von Merz und Prien funktioniert. Für die CDU wäre das ein | |
Gewinn. | |
29 Apr 2022 | |
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