| # taz.de -- Rassismus gegen Ukraine-Geflüchtete: Kein Zugang für Rom*nja | |
| > In Mannheim verwehrt Bahn-Personal drei ukrainischen Romafamilien Hilfe. | |
| > Geflüchtete berichten auch andernorts über Antiziganismus. | |
| Bild: Nicht alle Bahnmitarbeiter:innen folgen der offiziellen Willkommenskultur | |
| Berlin taz | Dass eine aus der Ukraine geflüchtete Familie am Mannheimer | |
| Bahnhof ankommt, ist mittlerweile Alltag. In einem Raum der Deutschen Bahn | |
| können sie sich ausruhen, eine Kleinigkeit essen, Tee trinken oder sogar | |
| eine Nacht verbringen – normalerweise. Drei ukrainischen Roma Familien | |
| wurde dies am Mittwoch, 23.03.2022 vom Sicherheitspersonal der Deutschen | |
| Bahn verwehrt. | |
| Natice Orhan-Daibel ist freiwillige Helferin am Mannheimer Bahnhof und | |
| immer noch fassungslos über den Vorfall, den sie in der letzten Woche | |
| miterlebt hat. Wie alle anderen Geflüchteten habe sie auch die 22-köpfige | |
| Gruppe gegen 22 Uhr in den Rückzugsraum geleitet, weil ihre Kontaktperson | |
| in Mannheim nicht erreichbar war. Schnell seien das Sicherheitspersonal der | |
| Deutschen Bahn, Beamte der Bundespolizei und eine Frau mit Dobermann | |
| erschien und hätten darauf bestanden, dass die Familien den Raum verlassen. | |
| „Solche Menschen kommen hier nicht rein“, habe Orhan-Daibel an dem Abend | |
| mehrmals gehört. Dabei seien unter den Schutzsuchenden überwiegend müde | |
| Kinder und eine schwangere Frau gewesen. Als Begründung hieß es, dass sich | |
| keine Männer in den Räumen aufhalten dürfen – während zeitgleich andere | |
| geflüchtete Männer anwesend waren. Außerdem hätte in der Woche zuvor eine | |
| Gruppe Roma den Raum chaotisch zurückgelassen und geklaut. | |
| „Das ist, wie wenn man allen Schwaben Hausverbot geben würde, weil einer | |
| geklaut hat“, sagt Chana Dischereit über die verallgemeinernde Erklärung. | |
| Sie arbeitet für den Verband Deutscher Sinti und Roma in Baden-Württemberg | |
| und [1][ist oft mit solchen Vorurteilen konfrontiert.] „Es wird nicht davon | |
| ausgegangen, dass Roma auch Flüchtlinge sein können. Stattdessen existiert | |
| das Stereotyp von Roma, die jetzt nur kommen, weil es etwas umsonst gibt.“ | |
| ## Ähnliche Fälle in Erstaufnahmezentren | |
| Orhan-Daibel und einige ihrer Kolleg:innen hätten sogar angeboten die | |
| Nacht mit den Familien in dem Raum zu verbringen, um im Notfall vor Ort zu | |
| sein. Aber auch das sei keine Option für das Sicherheitspersonal gewesen. | |
| „Dabei schlafen hier sonst jede Nacht Geflüchtete auf den Feldbetten“, wei… | |
| die freiwillige Helferin. | |
| Noch während der Diskussion hätte eine weiße Familie aus der Ukraine | |
| ebenfalls den Rückzugsraum betreten, ohne vom Sicherheitspersonal | |
| kontrolliert zu werden. Diese ungleiche Behandlung ist für sie | |
| unbegreiflich: „Es kann nicht sein, dass eine Gruppe Geflüchteter | |
| diskriminiert wird und nicht die gleiche Hilfe bekommt, wie blonde | |
| Ukrainerinnen.“ | |
| Da es in Mannheim bisher keine [2][Erstaufnahmeeinrichtung] gibt, mussten | |
| die 22 Kinder und Eltern nachts weiter nach Heidelberg fahren. Dischereit | |
| erzählt, dass es nicht der erste Fall sei, bei dem Roma Diskriminierung auf | |
| der Flucht erfahren. Auch in Erstaufnahmezentren hätte es ähnliche Vorfälle | |
| gegeben. Mittlerweile vertrete ihr Verband daher die drei Familien. | |
| Die Deutsche Bahn entschuldigt sich für dafür, dass es am Mannheimer | |
| Bahnhof zu „Missverständnissen“ gekommen sei. Zwischen den Helfer:innen, | |
| dem Verband Deutscher Sinti und Roma Baden-Württemberg und dem | |
| Bahnhofspersonal habe es ein klärendes Gespräch gegeben. Um die | |
| Angestellten der Bahn für die Minderheit zu sensibilisieren, sei eine | |
| Fortbildung geplant. | |
| 30 Mar 2022 | |
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| ## AUTOREN | |
| Sophie Fichtner | |
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